Fünf Fragen an Michael Stein (Geschäftsführer D/A/CH Gerflor) und Frank Selbeck (Marketing Manager D/A/CH Gerflor)

"Der Retail-Bereich war mit Abstand am erfolgreichsten"



FussbodenTechnik: Wie hat Gerflor die jüngste Zeit wirtschaftlich erlebt?

Michael Stein: 2021 war ein sehr erfolgreiches Jahr für uns. Wir konnten es abschließen wie geplant, obwohl wir einige logistische Herausforderungen meistern mussten. Seit 2020 mussten wir unsere Preise etwa um 15 % erhöhen, haben dabei aber nie mit Aufschlägen wie beispielsweise einer Transportumlage gearbeitet. Beim Thema Rohstoffbeschaffung sehen wir derzeit kein Problem. Allerdings werden die Energie- und Rohstoffkosten wohl weiter ansteigen. In Asien wiederum werden die Kosten nicht so stark steigen wie hier.

FT: Spürt Gerflor ein Nachlassen der Baukonjunktur?

Stein: Aktuell noch nicht. Dieses setzt aber voraussichtlich 2024 ein; da wird es Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt geben. Dabei sind noch einige Fragen offen: Wie entwickeln sich Gaspreise und -verfügbarkeit weiter? Werden die Firmen weiter investieren? Am erfolgreichsten lief bei uns 2021 übrigens der Retail-Bereich, und das mit Abstand.

FT: Spielen Währungsschwankungen eine Rolle für Gerflor, etwa der gegenüber dem EUR stärkere Dollar?

Stein: Unsere Produkte stammen hauptsächlich aus europäischer Produktion, insofern schlägt das nicht stark zu Buche.

FT: Sie bezeichnen die neue Creation-Kollektion als "zu 100 % recycelbar". Was bedeutet das genau?

Stein: Wir bieten Bodenlegern die Möglichkeit, objektbezogene Verschnittreste abholen zu lassen. Anschließend werden diese in unserem Recyclingcenter aufbereitet und der Produktion wieder zugeführt. Bei der Rücknahme von Altbelägen ist die Bodenbelagsbranche noch nicht ganz so weit: Da spielt es eine Rolle, welche Materialien enthalten sind; das gilt es zu analysieren und zu trennen. Man kann auch nicht einfach verschiedene Produkte verschiedener Hersteller mischen. Der Recyclingprozess ist hier noch so aufwendig, dass es sich kaum lohnt.

Mittelfristig wollen wir in puncto Recycling Partner ins Boot holen, mit denen wir aus den zurückgenommenen PVC-Belägen etwas Neues entwickeln - nicht notwendigerweise wieder Bodenbeläge. In Sachen Post-Consumer-Recycling macht die AgPR in Troisdorf bereits gute Arbeit; hier sind wir Mitbegründer. Allerdings wird das Angebot von den Bauherrn noch viel zu wenig genutzt.

FT: Bei den Designbelägen ist in den vergangenen Jahren sehr viel passiert. Wo sehen Sie heute noch Innovationspotenzial?

Frank Selbeck: Auf jeden Fall beim Design. Hier setzen wir insbesondere auf den Digitaldruck. Wenn die Technik so weit ausgereift ist, dass das Druckbild eine gute Tiefenschärfe zeigt, können wir damit sehr flexibel auch individuelle Beläge gestalten. Auf die Warenverfügbarkeit und die Logistik würde sich das ebenfalls positiv auswirken.
aus FussbodenTechnik 06/22 (Wirtschaft)