Textilien Made in Münsterland | Bodenständige Region mit Zukunft

Münster. Das Münsterland ist eine der bedeutendsten Textilregionen Deutschlands. Trotz Konjunkturkrisen ist der Industriezweig noch immer ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Region. Haustex stellt münsterländische Textilunternehmen vor, die auf eine lange Tradition zurück und mit Optimismus in die Zukunft blicken.

Im 19. Jahrhundert wandelte sich Westfalen vom Agrar- zum Industriestandort. Eine besondere Rolle nahm dabei die Textilindustrie ein. Bereits im 16. Jahrhundert hatten sich an der niederländischen Grenze erste Textilgewerbe gebildet. Mit der Bevölkerung wuchs seither auch die Nachfrage nach Textilien und damit die Bedeutung der Branche.

Ging es anfangs noch darum, dass sogenannte Verleger Rohmaterial in Form von Flachs oder Baumwolle gegen Lohn verspinnen und verweben ließen, um sie im Anschluss als fertige Produkte zu verkaufen, sorgte die Industrialisierung für einen weitreichenden Strukturwandel. Die Mechanisierung der Arbeitsschritte zog den Aufbau größerer Betriebe mit mehreren Spinnmaschinen und Webstühlen nach sich. Verleger und Kaufleute gründeten Aktiengesellschaften und investierten ihr Kapital in die neuen Fabriken, die zu großen und wichtigen Arbeitgebern in der Region wurden.

Bislang vor allem landwirtschaftlich geprägte Dörfer wurden so zu Fabrikdörfern, kleine Ackerbürgerstädte zu Industriestädten mit riesigen Fabriken und Arbeitersiedlungen. Die neue Industrie entwickelte sich rasant: Im niederländisch-westfälischen Grenzraum zwischen Gronau und Bocholt entstand bis in die 1920er-Jahre eines der bedeutendsten Textilzentren Europas.

Für die Menschen in der Region wurde die Textilindustrie nach und nach zu einem Teil ihrer Identität. Die Bindung teilweise ganzer Arbeitnehmerfamilien an "ihren" Betrieb überdauerte nicht selten mehrere Generationen. Und das gilt bis heute. "Unsere Mitarbeiter arbeiten teilweise in vierter Generation bei uns, eine Fluktuation ist so gut wie gar nicht vorhanden", erklärte etwa Jan-Frederic Bierbaum im vergangenen Sommer im Haustex-Interview des Monats.

Erst der Strukturwandel der vergangenen Jahrzehnte hat das Bild des Textilstandorts Münsterland unter anderem durch den Einfluss der weltweiten Konkurrenz und des rasanten technologischen Fortschritts erheblich und nachhaltig verändert. Traditionelle Produktionen mussten teilweise aufgegeben werden oder wurden aus Kostengründen ins Ausland verlagert. "Als ich 1979 kurz vor dem Abitur stand, sagte mein Vater zu mir: Junge, es hat keinen Sinn, dass Du in die Textilindustrie kommst - die Zukunftsaussichten sind düster", so Jan-Frederic Bierbaum. "In den 70er- und 80er Jahren war uns eigentlich nie zum Feiern zumute. Wir haben trotzdem immer weitergemacht."

Und das mit Erfolg, wie viele andere auch. "Das Münsterland immer noch eine der textilstärksten Regionen in Deutschland, mit viel Potenzial für die Zukunft", erklärt Oliver Teuteberg, Sprecher des Verbands der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie, der rund 100 Unternehmen mit gut 10.000 Beschäftigten allein im Münsterland vertritt. Vor allem der Haus- und Heimtextilienbereich sei stark und erfolgreich vertreten, unter anderem mit Namen wie Wülfing, Ibena, Setex, Irisette und der EuroComfort Group.

"Die Branche ist ja stark geprägt durch mittelständische Unternehmen", so Teuteberg weiter. Deren Stärke seien einerseits traditionelle und derzeit besonders gefragte Werte wie Qualität und Zuverlässigkeit, andererseits aber auch ihre große Flexibilität. "Sie sind permanent auf der Suche nach neuen Marktchancen, entwickeln sich weiter oder erfinden sich, wenn es nötig ist, einfach immer wieder neu."
aus Haustex 05/21 (Haustextilien)