TAG-Aus bereitet Herstellern wenig Schwierigkeiten

Brexit und Corona-Pandemie hatten die wirtschaftliche Lage des seit Jahren angeschlagenen Veredlers von textilen Bodenbelägen derart verschärft, dass die Muttergesellschaft die Reissleine gezogen hat. Die Teppichbodenindustrie reagiert gelassen auf die angekündigte Schließung.

Nachdem im Februar die traditionsreiche Textilausrüstungsgesellschaft TAG mit Sitz in Krefeld angekündigt hatte, den Betrieb im Laufe des Jahres aufgrund erheblicher Umsatz- und Ertragsprobleme einzustellen (BTH Heimtex berichtete), hat BTH Heimtex sich in der deutschen und europäischen Teppichbodenindustrie, der Hauptkundengruppe der TAG, umgehört, welche Konsequenzen die Schließung habe könnte.

Industrie hilft sich untereinander

Die meisten Teppichbodenhersteller, die bei der TAG ihre Produkte veredeln lassen - hauptsächlich das Beschichten sowie das Färben von Teppichboden, Nadelvliesbelägen und abgepassten Teppichen - gehen davon aus, dass sie den Wegfall der TAG als Lohnveredler über Industriegeschäft mit Marktbegleitern kompensieren können. "Hersteller, die selbst beschichten oder färben, haben schon lange Überkapazitäten und nehmen Aufträge zur besseren Auslastung der eigenen Anlagen sicher gerne an", sagt beispielsweise der Geschäftsführer eines Herstellers gelassen auf die Nachricht aus Krefeld. Auch den Verantwortlichen anderer Teppichbodenproduzenten, mit denen BTH Heimtex sprach, macht die Schließung der TAG in Bezug auf die reinen Auftragsvolumina wenig Kopfzerbrechen. Es gebe außerdem noch andere Lohnveredler in Europa. Ob diese Dienstleister spezielle Kompetenzen der TAG ähnlich abdecken können, müsse sich allerdings erst noch zeigen.

Die TAG ist in Bedrängnis gekommen, weil der Absatz von textilen Böden seit vielen Jahren sinkt. Von diesem Markt ist die TAG stark abhängig. Nach Jahren der Umsatzrückgänge hatte die TAG 2019 noch einen Umsatz von 11,6 Mio. EUR erreicht, was einem erneuten Minus von 8,5 % im Vergleich zum Vorjahr entsprach. Unter dem Strich stand ein Verlust von 371.000 EUR. Rund 42 % des Umsatzes entfielen auf den Export innerhalb Europas und 58 % auf Kunden aus Deutschland.

Brexit und Corona sind zu viel

Der Brexit, die Folgen der Corona-Pandemie sowie umfangreiche Auftragsreduzierungen wichtiger Kunden hatten in den vergangenen 12 Monaten die wirtschaftliche Lage des Unternehmens dramatisch verschärft. Die Muttergesellschaft Jagenberg hat nach eigenen Angaben in der Vergangenheit immer wieder Liquiditätsengpässe überbrücken, Umstrukturierungsmaßnahmen umsetzen und Zusatzinvestitionen tätigen müssen.

Hinzu kommt, dass immer mehr Hersteller von textilen Belägen solution-dyed Garne nutzen, die bereits gefärbt sind, und damit die Färbe-Dienstleistungen der TAG weniger nachfragen als in der Vergangenheit.

Branchenbeobachter berichten zudem, dass Jagenberg sich in den vergangenen Jahren Stück für Stück von ihren Aktivitäten im Bereich Textilien trennt. Das Hauptgeschäft der Gruppe liegt in den Bereichen Maschinenbau und Immobilien. Für die TAG habe man zuletzt nach Kooperationspartnern gesucht - vergeblich.| Jochen Lange
aus BTH Heimtex 04/21 (Bodenbeläge)