Branchenstimmung: Besondere Zeiten

Hamburg. Das zurückliegende Jahr ist mit nichts zu vergleichen, was unsere Branche bislang durchlebt hat. Dem ersten Lockdown folgte bei vielen Bettenhändlern ein Nachfrageboom, gleichzeitig ist klar, dass sich die Aufgaben beim Thema Digitalisierung nicht länger auf die lange Bank schieben lassen. Corona hat das zwingend deutlich gemacht. Haustex hat die Vertreter der vier Einkaufsverbände im Bettenfachhandel noch vor dem harten Lockdown im Dezember um ihre Einschätzung des Corona-Jahres 2020 gebeten.

Bettenring: Verrücktes Jahr und herausfordernde Zukunft
Man schließe die stationären Geschäfte für einen gewissen Zeitraum und erreiche dann in den übrigen Monaten des Jahres einen Umsatz, der kumuliert über das Gesamtjahr im Vorjahresvergleich weithin zweistellig im Plus liegt. Das klingt gut und ist "super", beschreibt aber eines nicht, was zu den Erlebnissen des Corona-Jahres 2020 gehört. Das Jahr war für alle Beteiligten brutal intensiv: Unsicherheiten, Fahren auf Sicht, Probleme auf der Beschaffungsseite und vieles mehr. Um all dem auch etwas Positives abzugewinnen: Das gemeinsame Arbeiten in der Gruppe Bettenring eG und auch mit den Lieferanten war schnörkellos(er), professionell(er) und pragmatisch(er); wenn wir uns das für den weiteren Verlauf des Marathons bis zum "und Tschüss"-Corona oder auch grundsätzlich bewahren, können wir aus der Krise sogar etwas mitnehmen.

Sicher gilt das unmittelbar für die beiden Zukunftsfelder Digitalisierung und Nachhaltigkeit. In puncto Digitalisierung hat 2020 gezeigt, dass das Thema der digitalen Performance - Präsenz, Kommunikation, Prozesse - für für jedes stationäre Geschäft auf der Agenda ganz weit oben stehen muss: persönlich, authentisch, regional, vor Ort und mit der Maßgabe "einfach mal anfangen".

Ein wertebasiertes Handeln erwarten Kunden gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den Unsicherheiten des Corona-Jahres 2020 mehr denn je. Sie können das bei qualitativ guten Produkten bereits vom Grundsatz her begreifen - das sind keine Wegwerfartikel - und es bei "ihrem" Anbieter vor Ort erleben. In diesem Zusammenhang wird das Thema Nachhaltigkeit stark im Fokus stehen, denn: Das stationäre Bettenfachgeschäft verkörpert mit dem Blick auf Qualität und Nähe vieles in Sachen Nachhaltigkeit. Hier liegt eine Chance, die Story muss (nur) geschrieben werden. Und damit wären wir abschließend wieder am Anfang: Es bleibt auch 2021 sehr arbeitsreich, sehr herausfordernd und sehr intensiv.


MZE: Der Weg zum Erfolg
Getragen von einer außerordentlichen und positiven Umsatzentwicklung 2020 stehen die Unternehmer der Bettenbranche vor der Frage: Welche Auswirkungen hat Covid-19 für meinen Wirtschaftszweig beziehungsweise den Handel? Tatsache ist, dass Corona einige Megatrends befeuert hat, einige Entwicklungen wurden ausgebremst und der Zweck wieder anderer wurde verändert. Fakt ist ebenfalls, dass es vermessen wäre, einfach davon auszugehen, die Entwicklung würde 2021 einfach so weitergehen. Der Weg zum Erfolg wird nur über Veränderung und Anpassung erfolgen können.

Der typische Kunde, dem sich Einzelhändler heutzutage gegenübersehen, ist digital vernetzt, kennt seine Bedürfnisse und Wünsche genau und ist gut informiert. Zudem muss bewusst sein, dass die zukünftige Herausforderung nicht mehr durch traditionelle Konkurrenten besteht. Einige junge Start-Ups drängen in den Markt, diese Unternehmen verfolgen einen sehr kundenorientierten Ansatz. Sie wenden neue Vertriebsmodelle an, wie "Teilen statt Besitzen", "Mieten statt Kaufen" oder maßgeschneiderte Angebote. Jeder Händler ist gefordert, seine Position weiter zu halten. Er muss sich Fragen stellen, welchen Nutzen er dem Kunden bieten kann und wie er sich in diesem wettbewerbsintensiven Markt positionieren will. Dabei muss klar sein, dass ein Einzelhändler sich immer mehr als Medienunternehmer verstehen und daher auch als solcher agieren muss.

Eine weitere Herausforderung 2021 wird die Warenverfügbarkeit sein. Kunden werden auch vom Fachhandel eine sofortige oder zumindest schnellere Warenverfügbarkeit fordern. Hier muss rechtzeitig reagiert werden und Logistik und Disposition neu definiert werden. Die Grenzen zwischen physischer und digitaler Welt verschwimmen immer mehr. Die Rolle des stationären Fachhandels, somit auch des Bettenfachhändlers, wird sich daher nachhaltig verändern. MZE wird seine Händler diesbezüglich begleiten. So haben wir nicht nur unsere eigene Online-Marketing-Abteilung auf sechs festangestellte Mitarbeiter aufgestockt, sondern auch unser Denken und Handeln darauf ausgerichtet. Unsere digitale Messe DLSdigital 2020 war nur der Startschuss für eine Reihe von Maßnahmen, mit denen wir unseren Mitgliedern aufzeigen, dass physische und digitale Ansätze sich wunderbar ergänzen lassen.


ABK: Die Herausforderungen bleiben
Für nichts, vorauf wir 2020 reagieren mussten, gab es eine Blaupause. Fast über Nacht wurden wir im März gezwungen unsere Läden zu schließen, es gab keinen Plan B, es war nicht klar, wie lange es dauert und wie unsere Kunden nach der Wiedereröffnung reagieren würden. Jetzt, acht Monate später, können wir durchatmen: Wir haben es bis jetzt sehr gut gemeistert. Ehrlicherweise müssen wir aber auch zugeben: Wir haben bislang auch Glück gehabt. Nach dem Lockdown konnten wir schnell unsere Umsatzverluste aufholen, bis heute haben die meisten von uns ein sattes Umsatz- und Ergebnisplus gegenüber dem Vorjahr. Der Bettenfachhandel gehört sicherlich zu den Branchen, die von der Pandemie profitieren. Machen wir uns aber nichts vor. Die Herausforderungen, vor denen wir vor Corona standen, gelten nach wie vor. Wir Händler sind gut beraten, wenn wir beharrlich den eingeschlagenen Weg weitergehen. Die Zukunftsoptionen liegen weiterhin auf dem Tisch:

• Emotionalisierung der Verkaufsfläche: Nur wenn wir unseren Kunden ein Einkaufserlebnis bieten, das sich sichtbar vom Wettbewerb abhebt, werden diese in unsere Läden kommen.

• Klare Digitalstrategie: Der Einsatz digitaler Assistenzsysteme am PoS ist schlichtweg ein absolutes Muss. Über eine moderne und auf das Geschäft zugeschnittene Homepage, als sichtbares Zeichen der Kompetenz nach außen, sollte man eigentlich nicht mehr reden. Zunehmend wichtiger wird ein gut funktionierender Online-Shop als flankierende Verkaufsplattform. Regelmäßige Online- und Social-Media-Kampagnen sollten ebenfalls Teil einer Digitalstrategie sein.

• Konsequente Profilierung: Die Frage, was unterscheidet uns Bettenfachhändler wirklich vom Wettbewerb, gilt es wieder und wieder zu stellen.

Die ABK hat das Jahr 2020 dazu genutzt, an genau diesen, für den Bettenfachhandel so wichtigen Themen konsequent weiter zu arbeiten. Kurz nach Beginn des Lockdown stand beispielsweise ein funktionierender Online-Shop zur Verfügung. Die technische Plattform ist so konzipiert, dass jeder ABK-Gesellschafter die Möglichkeit hat, darauf seinen eigenen Online-Shop zu betreiben. In Krisenzeiten bewähren sich stabile und vertrauensvolle Partnerschaften. Als wir zu Beginn des Lockdowns bei unseren Lieferanten und Geschäftspartnern unter anderem um längere Valuten oder um Stornierungen von Bestellungen baten, haben die allermeisten schnell, pragmatisch und sehr kulant reagiert, und das, obwohl sie genau vor der gleichen ungewissen Zukunft standen wie wir. Das Jahr 2020 zeigt uns sehr deutlich, dass es der Einzelne allein sehr schwer hat. Genauso, wie es für die Bekämpfung der Corona-Pandemie gemeinsames und entschlossenes Handeln der Weltgemeinschaft braucht, braucht es auch in unserem "Mikrokosmos" starke Verbände, die die Interessenslagen Einzelner bündeln und zu schlagkräftigen Einheiten formen, die in der Lage sind, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die ABK ist sich ihrer Verantwortung bewusst und arbeitet zielgerichtet an einem starken und zukunftsfähig aufgestellten Verband. Um es mit Oscar Wilde zu sagen: "Am Ende wird alles gut! Und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende."


Garant: Äußerst positive Umsatzentwicklung
Nach dem kompletten Lockdown im April erwarteten wir das Schlimmste, schließlich sind Haptik und Erleben das A und O für den Bettenfachhandel. Umso erfreulicher war die Umsatzentwicklung in der gesamten Garant Gruppe: Gut 14 Prozent Wachstum per Ende November - dieses Ergebnis war zur Jahresmitte sicherlich nicht zu erwarten. Der Spezialverband für Betten- und Schlafspezialisten, Garant Gutes Schlafen, kann sogar die äußerst positive Umsatzentwicklung von gut 21 Prozent vorweisen - trotz des wochenlangen Lockdowns.

Als sehr positiv haben wir in dieser Zeit den Zusammenhalt und persönlichen Austausch mit unseren Verbandsmitgliedern wahrgenommen. Über die gesamte Krisenzeit hinweg wurde unser breites digitales Angebot, darunter Rechtsberatung und Online-Seminare, von unseren Partnern aus Fachhandel und Fachhandwerk sehr positiv bewertet. Auch wenn es schmerzte, das Garant Partnerforum im Herbst abzusagen, konnten wir im November mit spannenden digitalen Messe-Events rund um unsere Kollektions- und Eigenmarken eine attraktive Alternative schaffen. Als deutlichen Trend identifizieren wir die Entwicklung in die Wertigkeit: Der Endkunde schätzt hochwertige Produkte und die persönliche, intensive Beratung auf überschaubaren Flächen durch geschultes Fachpersonal. Verbunden mit den umfangreichen Services unserer Partner liegt hier der entscheidende Vorteil von Fachhandel in der Krise.

Beim Ausblick auf das kommende Jahr bleiben wir verhalten optimistisch. Die Bedeutung und Relevanz des qualifizierten und inhabergeführten Fachhandels für den Endkunden hat sich in diesem Jahr in außergewöhnlicher Weise gezeigt. Auch wenn die Wachstumskurve sicherlich im zweiten Halbjahr abflachen werden. Die sich verschärfende Liefersituation wird dabei ein Umsatzhemmnis darstellen können, auch wenn sich diese nach unserer Einschätzung bereits im Frühjahr entspannen wird. Darüber hinaus lässt sich in der derzeitigen Situation aber keine valide Aussage treffen.
aus Haustex 01/21 (Handel)