Bürowelten: Das (Home-)Office neu gestalten

Die Veränderungen in der modernen Büroarbeitswelt bekommen durch Corona zusätzliche Dynamik, teilweise eine neue Richtung. Das Homeoffice ist im Kommen, Büroetagen werden zukünftig kleiner sein und anders aussehen als bisher. Das eröffnet unserer Branche Möglichkeiten.


Ende Oktober 2020 hätte in Köln die Orgatec stattfinden sollen. Doch auch die "internationale Leitmesse für moderne Arbeitswelten" ist Corona zum Opfer gefallen und wird erst wieder 2022 ihre Tore öffnen. Dabei wäre die Veranstaltung heute so wichtig und spannend wie selten, denn gerade durch das Virus verändern sich die Anforderungen an sowie die Arbeitsbedingungen in den Büros rapide - und das weltweit. Stichworte dazu: Homeoffice, größere Abstände, eindeutige Zonierung, sinkender Flächenbedarf. Und das sind nur die Themen, die durch die Pandemie angestoßen wurden. Die Orgatec wollte eigentlich Schwerpunkte wie Digitalisierung, Akustik, Licht oder Nachhaltigkeit setzen. Diese treten aktuell vielleicht etwas in den Hintergrund, spielen aber in modernen Büros nach wie vor eine zunehmend wichtige Rolle.

Homeoffice - es geht

Gegenwärtig bestimmt aber das Thema Homeoffice die Diskussion. Corona hat gezeigt, dass sich Büroarbeit auch von daheim aus erledigen lässt. Telefone kann man weiterleiten. E-Mails schreiben und empfangen funktioniert auch Zuhause. Videokonferenzen haben ihren Schrecken verloren. Dass die Umstellung vergleichsweise schnell gelungen ist, dürfte Arbeitgeber wie Arbeitnehmer positiv überrascht haben.

Zwar scheint der heimische Arbeitsplatz vorerst noch eher einen provisorischen Charakter zu haben (siehe Grafik). Aber insgesamt eröffnen sich neue Möglichkeiten. "Das Homeoffice in Vollzeit wird auch zukünftig die Ausnahme bleiben. Dennoch werden viele dort einen größeren Teil ihrer Arbeitszeit verbringen als vor Corona - mit mehr Flexibilität und im Wechsel mit Tagen im Büro", ist der Vorsitzende des Industrieverbands Büro und Arbeitswelt (IBA), Hendrik Hund, überzeugt.
Zukünftig weniger Büroflächen

Wie viel Homeoffice wir in Zukunft auch erleben werden, eine Konsequenz lässt sich jetzt schon absehen: Der Bedarf an Büroflächen wird sinken. Denn es macht keinen Sinn, für jeden Mitarbeitenden einen eigenen Platz vorzuhalten, wenn immer nur ein Teil anwesend ist (siehe Kasten). Für die Arbeitgeber bedeutet das Kostenersparnis. Für die Bodenbelagsindustrie und Objekteure bedeutet das weniger Quadratmeter, weniger Aufträge. Darauf werden sie sich einstellen müssen.

Vielleicht hilft es, dass für die verbleibenden Flächen neue Konzepte erforderlich werden. Arbeitsschutz bekommt durch Corona zusätzliche Bedeutung. Seit August gibt es die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (bit.ly/3krHkqA) des Bundes. Sie schreibt unter anderem die Einhaltung von Sicherheitsabständen vor. Was am Schreibtisch noch vergleichsweise einfach ist, gestaltet sich etwa auf Fluren und Gängen schon schwieriger. Hier können Bodenbeläge helfen, indem sie unterschiedliche Zonen optisch klar voneinander trennen oder Elemente zur Wegeführung enthalten. Das war schon vor Covid-19 möglich, wird jetzt aber zu einem wichtigen Element in der Ausstattung von Büroetagen.

Akustik bleibt ein Dauerthema

Mehr Abstand, das löst vielleicht auch ein anderes Problem in den häufig offen gestalteten modernen Bürowelten: die Belastung durch Geräusche. 59 % der Beschäftigten fühlen sich laut IBA regelmäßig oder gelegentlich durch Lärm bei der Arbeit gestört. Umgekehrt hat eine Forsa-Umfrage wenige Wochen nach Beginn des Lockdowns gezeigt, dass die Heimarbeiter besonders die Ruhe geschätzt haben, die im Homeoffice im Vergleich zum Büro geherrscht hat.

Allein durch größere Abstände zwischen den Schreibtischen wird sich das Lärmproblem aber nicht lösen lassen. Arbeitgeber sollten lieber auf Akustikkonzepte setzen. Der IBA empfiehlt Schallabsorber an Decken, Wänden, Möbelflächen und Stellwänden. Textilien in jeder Form schlucken ebenfalls den Schall. Selbst Gardinen sind heute für die Ausstattung von Büros eine Option: Die Zeiten schwerer, dicker Stoffe sind vorüber. Moderne Qualitäten sind filigraner und werten die Büroumgebung auch optisch auf. Darüber hinaus sorgen akustisch wirksame Bodenbeläge dafür, dass sich die Nachhallzeit im Raum verringert. Wichtig sei ein guter Mix, durch den der Schall in allen Frequenzbereichen absorbiert wird, sagt der IBA. Zonierung - siehe oben - helfe ebenfalls. Die Trennung von Ruhe-, Arbeits- und Kommunikationsbereichen senkt nicht nur den Geräuschpegel, sondern verbessert auch das Arbeitsklima.

Neue Anforderungen, neue Chancen

Fazit: Die Arbeitswelt verändert sich. In den Büroetagen wird es neue Anforderungen an die Raumgestaltung geben. Aber auch daheim werden die Menschen Räume anders ausstatten, wenn am Computer nicht mehr nur private E-Mails geschrieben, sondern ganze Arbeitstage lang "gehomeofficed" wird. Dazu muss das technische Equipment stimmen, müssen Tisch und Stühle ergonomischen Anforderungen genügen, muss aber zum Beispiel auch der Blendschutz für den Bildschirm angepasst werden. Die Neugestaltung von Büros und heimischen Arbeitsplätzen bietet für die raumausstattende Branche viele Ansatzpunkte.
| thomas.pfnorr@snfachpresse.de


Ist das Büro ein Auslaufmodell?

Jahrelang stiegen und stiegen die Quadratmeterzahlen der Büroimmobilien in Deutschland. Laut Industrieverband Büro und Arbeitswelt (IBA) arbeiteten 2015 bereits 52 % aller Beschäftigten zumindest zeitweise an einem Büroarbeitsplatz, 2020 waren es schon 71 %. Gleichzeitig ist auch die Anzahl von Erwerbstätigen gewachsen, die Steigerung in absoluten Zahlen also noch größer.

Die Folgen der Corona-Pandemie könnten dieser Entwicklung nun ein Ende setzen. Wenn sich Homeoffice etabliert, sinkt der Bedarf an Büroarbeitsplätzen. Ohnehin sind diese die meiste Zeit des Tages ungenutzt, ebenso an Wochenenden, bei Krankheit, während des Urlaubs oder Dienstreisen. Die DZ Bank hat errechnet, dass ein Schreibtisch statistisch betrachtet gerade einmal 190 Tage benutzt wird - bei rund 250 Arbeitstagen im Jahr.

Die Frage, ob Büros ein Auslaufmodell sind, beantworten die Marktbeobachter des Kreditinstituts aber mit einem klaren Nein: "Nur ein Teil der Arbeitszeit dürfte im Homeoffice oder im Café stattfinden. Der Mensch ist ein soziales Wesen, direkte Kommunikation und Teamarbeit führen auf Dauer zu besseren Ergebnissen als 100 % Homeoffice."
Bürowelten: Das (Home-)Office neu gestalten
Foto/Grafik: BTH Heimtex; Quelle: Forsa/IBA 2020
Homeoffice-Arbeitsplätze während Corona
aus BTH Heimtex 11/20 (Handel)