Amazons neue Geschäftsbedingungen stellen Händler besser

Auf Druck des Bundeskartellamtes hat Amazon seine Geschäftsbedingungen geändert. Für Händler, die über amazon.de verkaufen, bringt das Vorteile. Die EU Kommission lässt jetzt prüfen, ob das Unternehmen Daten von Drittanbietern auf seiner Plattform wettbewerbswidrig nutzt.

Gute Nachrichten für alle, die Produkte über den Amazon Marktplatz verkaufen: Das Unternehmen hat den Forderungen des Bundeskartellamts nachgegeben und seine Geschäftsbedingungen im August 2019 zugunsten der Händler geändert. Die Änderungen im Überblick:

Haftungsregeln

Bisher: Amazon war praktisch von jeglicher Haftung gegenüber den Händlern freigestellt.

Jetzt: Amazon haftet ebenso wie die Händler für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie bei Verletzung wesentlicher Vertragspflichten.
Kündigung und Sperrung

Bisher: Amazon hatte ein unbeschränktes Recht zur sofortigen Kündigung/Sperrung von Konten der Händler - ohne Angabe von Gründen.

Jetzt: Bei ordentlichen Kündigungen gilt eine 30 Tage-Frist. Bei außerordentlichen Kündigungen (gestützt auf den Vorwurf von Gefährdungen und Rechtsverletzungen durch einen Händler) ebenso wie bei Sperrungen besteht nun eine Pflicht zur Information und Begründung.

Gerichtsstand

Bisher: Luxemburg war ausschließlicher Gerichtsstand.

Jetzt: Die Ausschließlichkeit ist beseitigt. Inländische Gerichte können künftig unter bestimmten Voraussetzungen zuständig sein.

Retouren und Erstattungen

Bisher: Händler mussten einseitig die Kosten und sonstigen Folgen einer von Amazon getroffenen Erstattungsentscheidung tragen.

Jetzt: Halten Händler eine Retoure für unberechtigt, können sie Widerspruch einlegen und ggf. einen Ausgleichsanspruch gegenüber Amazon geltend machen. Für die Käufer ändert sich dadurch nichts.

Produktinformation und Nutzungsrechte

Bisher: Händler mussten Amazon weitreichende Rechte zur Nutzung der eigenen Produktmaterialien einräumen sowie Produktmaterial zur Verfügung stellen, das qualitativ ebenso hochwertig war wie das von ihnen in anderen Vertriebskanälen verwendete (Paritätsvorgabe).

Jetzt: Die Paritätsvorgabe entfällt. Die zulässige Nutzung von Produktmaterialien durch Amazon ist auf bestimmte Verwendungszwecke beschränkt.

Geheimhaltung

Bisher: Öffentliche Äußerungen der Händler zur Geschäftsbeziehung waren nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung von Amazon erlaubt.

Jetzt: Die Klausel wurde weitgehend reduziert.

Transparenz

Bisher: Die geltenden Regelungen waren für die Händler schwer zu identifizieren.

Jetzt: Die Regelungen sind besser auffindbar. Änderungen werden mit einer Frist von 15 Tagen vorher angekündigt.

Das Verfahren gegen Amazon war beim Bundeskartellamt seit November 2018 anhängig. Damals waren zahlreiche Beschwerden eingegangen und es bestand der Verdacht auf missbräuchliche Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen gegenüber den Händlern auf amazon.de. Nach der Zusage, die Geschäftsbedingungen in den genannten Punkten zu ändern, haben die Kartellwächter das Verfahren eingestellt.

Jetzt ermittelt Brüssel

Auf europäischer Ebene läuft hingegen eine andere Untersuchung gerade erst an. Die EU Kommission hat dabei zwei Sachverhalte im Blick: Erstens die Standardvereinbarungen zwischen Amazon und den Marktplatzhändlern, die es dem Unternehmen erlauben, Daten aus den Aktivitäten der Drittanbieter zu erfassen, zu analysieren und - unter Umständen wettbewerbswidrig - zu nutzen.

Zweitens die Rolle erhobener Daten bei der Auswahl der in der sogenannten Buy Box (Einkaufswagen-Feld) angezeigten Händler. Über die gut sichtbar auf der Amazon Webseite angezeigte Buy Box können Kunden Produkte eines bestimmten Händlers direkt in ihren Einkaufswagen legen. Die Anzeige in der Buy Box scheint für Marktplatzhändler entscheidend zu sein, da die meisten Transaktionen über sie abgewickelt werden, heißt es in einer Begründung für die Untersuchung.

Gleichzeitig Händler
und Betreiber einer Handelsplattform

Die angesprochenen Probleme ergeben sich aus der Doppelfunktion, die Amazon im Handel einnimmt. Einerseits verkauft das Unternehmen Waren auf eigene Rechnung (Amazon Retail), andererseits stellt es mit dem Marktplatz eine Plattform zur Verfügung, über die Drittanbieter ihre Produkte verkaufen können. Hinzu kommen Dienstleistungen für die finanzielle Abwicklung der Käufe oder die Logistik.

Bei der Bereitstellung eines Marktplatzes für unabhängige Händler sammelt Amazon fortlaufend Daten über die Tätigkeit auf seiner Plattform, stellt die EU Kommission fest. Nach ersten Erkenntnissen nutze Amazon wettbewerbssensible Informationen über Marktplatzhändler, ihre Produkte und die von den Händlern auf der Plattform vorgenommenen Transaktionen. Nun gelte es herauszufinden, ob dadurch Wettbewerbsregeln der EUR verletzt würden.

Laut Bundeskartellamt wurden 2018 auf amazon.de über 300 Mio. verschiedene Artikel angeboten und etwa 1,3 Mrd. Produkte verkauft. Das Handelsvolumen betrug mehr als 20 Mrd. EUR (netto). Auf Amazon Retail entfällt weniger als die Hälfte dieser Umsätze. Das Gros - zwischen 55 und 60 % - wird von Drittanbietern gemacht. Insgesamt sind mehr als 300.000 solcher Anbieter auf amazon.de aktiv. | thomas.pfnorr@snfachpresse.de
Amazons neue Geschäftsbedingungen stellen Händler besser
Foto/Grafik: Grafik: Bundeskartellamt
Amazon verkauft eigene Waren und bietet gleichzeitig eine Onlineplattform für Händler.
aus BTH Heimtex 09/19 (Handel)