Fachanwalt Andreas Becker informiert

Ab 2018 gilt das neue Bauvertragsrecht – Alle Änderungen und Neuerungen


Ab dem 1.1.2018 tritt ein neues Bau- und Werkvertragsrecht in Kraft. Darunter fallen Regelungen für Handwerksbetriebe im kaufmännischen Bereich. Fachanwalt Andreas Becker stellt die wichtigsten Neuregelungen und Änderungen im Werk- und Bauvertragsrecht vor.

Mit Beginn eines neuen Jahres müssen sich auch Handwerker mit neuen gesetzlichen Regelungen beschäftigen. Fachanwalt
Andreas Becker gibt einen wertvollen Überblick:

Ein- und Ausbaukosten
bei mangelhafter Materiallieferung

Bisher war es so, dass der Lieferant nur für die Ware haftete, die er auch geliefert hat. So musste der Lieferant bei mangelhaftem Material lediglich dieses ersetzen. Bei Verträgen, die ab dem 1.1.2018 geschlossen werden, haftet der Lieferant auch für die Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau, bzw. das Einbringen der mangelfreien Sache. Achtung: § 377a HGB, die Rügepflicht des Kaufmanns, bleibt davon unberührt. Das heißt, die Ware muss nach der Anlieferung geprüft werden und es muss sofort eine Rüge erfolgen, falls die Ware nicht ordnungsgemäß ist.

Änderungen der Werkvertragsregelungen

A) Abschlagszahlungen: In der bisherigen Regelung des § 632a BGB hatte ein Handwerksbetrieb nur das Recht auf Abschlagszahlungen, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht war. Bei Mängeln konnte der Auftraggeber die Abschlagszahlungen verweigern. Nach der Neuregelung darf lediglich ein angemessener Teil des Abschlags verweigert werden, wenn Mängel vorhanden sind. Hier wird von dem Doppelten der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten ausgegangen. Der Unternehmer erhält Abschlagszahlungen in Höhe der erbrachten Leistungen. Die Beweislast für die vertragsgemäße Leistung bleibt jedoch bis zur Abnahme beim Auftragnehmer.

B) Abnahme, § 640 BGB: Neu ist eine Abnahmefiktion im § 640 Abs. 2 BGB. Die Leistung soll als abgenommen gelten, wenn der Unternehmer dem Auftraggeber nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Bauherr nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe konkreter Mängel die Abnahme verweigert. Das bedeutet, dass es nicht ausreicht, wenn der Bauherr die Abnahme ohne Angabe von Mängeln verweigert.

Neu im Gesetz sind besondere Regelungen für Verbraucher. Handelt es sich bei dem Kunden um einen Verbraucher, so soll die Abnahmefiktion nur gelten, wenn der Unternehmer den Verbraucher in Textform (z. B. E-Mail) auf die Folgen der Aufforderung mit Fristsetzung hingewiesen hat.

Wichtig: Viele ausführende Unternehmen haben bisher ihre Leistung fertiggestellt, eine Rechnung geschrieben und darauf gewartet, dass eine Zahlung eingeht. Aber aus rechtlicher Sicht gibt es keinen Anspruch auf Vergütung, wenn keine Abnahme erfolgt ist. Jeder Betrieb sollte sich daher um eine schriftliche Abnahme bemühen.

Zudem hat der Kunde das Recht, die Abnahme aus einem einzigen wichtigen Grund zu verweigern. Auch zukünftig kann es noch Abnahmefiktion geben, zum Beispiel durch die "rügelose" Zahlung der Schlussrechnung. Ohne Abnahme besteht kein Anspruch auf Geld, die Gewährleistungsfrist beginnt nicht zu laufen und das Risiko von Beschädigungen trägt der Unternehmer.

C) Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund, § 648a BGB: Beide Vertragsparteien können das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, kündigen. Ein wichtiger Kündigungsgrund wird angenommen, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Vertragspartner insolvent ist. Dabei ist auch vorgesehen, dass lediglich Teilkündigungen eines abgrenzbaren Teils der vertraglichen Leistungen erfolgen können. Eine Kündigung ist jedoch erst möglich, nachdem eine Aufforderung zur Abhilfe mit Fristsetzung erfolgt ist. Sollte nach dem Fristablauf keine Zahlung oder keine Leistung erfolgt sein, besteht ein Kündigungsrecht.

Neu ist die Feststellung des Leistungsstands: Jede Vertragspartei kann nach einer Kündigung verlangen, dass an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstands mitgearbeitet wird. Damit sollen die Leistungen, die zum Kündigungszeitpunkt erbracht sind, festgestellt werden, um eine Schlussrechnung schreiben zu können. Eine Vergütung erhält der Unternehmer jedoch nur für den bis zur Kündigung erbrachten Teil seiner Leistung.

Neuregelungen zum Bauvertragsrecht

A) Definition des Bauvertrags, § 650a BGB: Der Gesetzgeber hat erstmals eine Definition für einen Bauvertrag in die gesetzliche Regelung aufgenommen. Danach ist ein Bauvertrag ein Vertrag für die Herstellung, Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Der Vertrag über eine Instandsetzung eines Bauwerks ist ein Bauvertrag, wenn der Vertrag für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsmäßigen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist.

B) Anordnungsrecht des Auftraggebers, § 650c BGB: Der Auftraggeber hat ein einseitiges Anordnungsrecht. Während der Ausführung eines Bauvorhabens kommt es praktisch immer zu Änderungen. Die Situation war im alten Werkvertragsrecht nicht geregelt. Es gibt jetzt zwei Varianten:

-Der vereinbarte Werkerfolg wird durch den Auftraggeber einseitig geändert, etwa statt den vereinbarten Teppichbodenbelag ein Parkettboden.
-Änderungen, die zur Erreichung eines vereinbarten Werkerfolgs technisch notwendig sind, z. B. müssen Risse im Estrich beseitigt werden.

Nach der gesetzlichen Regelung ist der Unternehmer nun verpflichtet (kostenlos) ein Angebot über die Mehr- und Mindervergütung zu erstellen, über das sich die Parteien einigen sollen. Wenn es zu keiner Einigung kommt, kann der Auftraggeber einseitig anordnen, dass die gewünschte Leistung ausgeführt wird. Sofern der Bauherr einseitig Änderungswünsche anordnet, ist der Unternehmer verpflichtet, diesen Anordnungen nachzukommen und die Leistung auszuführen.

Der Gesetzgeber sieht einen Zeitraum von 30 Tagen nach Zugang der Änderungswünsche des Bauherrn als Verhandlungszeitraum an.

Ausnahme: Wenn dem Betrieb die Ausführung der Änderung unzumutbar ist, muss er diese nicht durchführen. Unzumutbarkeit tritt z. B. ein, wenn der Betrieb ein Parkett verlegen soll, aber dies wegen der Spezialisierung auf PVC-Böden nicht leisten kann.

Vergütungsanpassung bei einer einseitigen Anordnung des Auftraggebers, § 650c BGB
Die Vergütungsanpassung nach § 650c BGB findet nur Anwendung, wenn die Vertragsparteien sich nicht einvernehmlich über einen neuen Preis einigen. Die Mehr- und Mindervergütung richtet sich nach den juristisch gesprochenen "Tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für die allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn." So fließen die tatsächlichen Kosten für die Mehr- und Minderleistungen in die Berechnung ein. Dies ist vorteilhaft, wenn ein Betrieb ein Angebot unterbreitet hat, das nicht auskömmlich ist. Der schlechte Preis muss dann nicht fortgeschrieben werden. Es kann also auf Basis tatsächlicher Preise gearbeitet werden.

80 % der Abschlagsforderung bei Streitigkeiten
Bei Streitigkeiten über Abschlagszahlungen nach einer Änderung des Vertrags darf der Unternehmer 80 % seiner im Angebot geforderten Vergütung in einer Abschlagszahlung verlangen. Der Auftraggeber hat die Zahlung vorbehaltlich einer späteren anderen gerichtlichen Entscheidung zu leisten. Der Unternehmer hat das Wahlrecht, dass er bei Abschlagsrechnungen 100 % des Rechnungsbetrags zu erhalten. Dabei muss die Vergütungshöhe prüfbar dargelegt werden und der Auftraggeber hat das Recht, Kürzungen vorzunehmen.

Alternativ dazu kann der Unternehmer stattdessen 80 % der Vergütung aus seinem Nachtragsangebot abrechnen. Die restlichen 20 % werden erst nach der Abnahme fällig. In diesem Fall besteht die Vermutung, dass dem Unternehmer tatsächlich 80 % der im Nachtragsangebot genannten Mehrvergütung zustehen. Hält der Auftraggeber den Betrag für zu hoch, bleibt ihm die Möglichkeit, im Wege einer einstweiligen Verfügung eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

Hierzu sollen bei den Landgerichten flächendeckend Baukammern eingerichtet werden. Dort kann während der Bauphase vorläufig über den Vergütungsanspruch entschieden werden. Damit entsteht für den Unternehmer eine Möglichkeit, Zahlungen kurzfristig zu erhalten.

C) Sicherungshypothek, § 650e BGB: Mit der Sicherungshypothek hat der Unternehmer die Möglichkeit, für offene Werklohnforderungen als Absicherung eine Hypothek in das Grundbuch eintragen zu lassen. Im Verhältnis zu der vorherigen Regelung wird nur der Anwendungsbereich erweitert.

D) Bauhandwerkersicherung, § 650f BGB: Diese Regelung ist für die Praxis bedeutender, da jeder Unternehmer von seinem Auftraggeber eine Sicherheit (z. B. Bankbürgschaft) in Höhe des Auftragswerts zzgl. 10 % für Nebenkosten beanspruchen kann (abzüglich erhaltener Zahlungen). Früher konnte eine Bauhandwerkersicherung nicht bei öffentlichen Auftraggebern und bei privaten Bauherren für Tätigkeiten an einem Einfamilienhaus gefordert werden.

Jetzt kann eine Bauhandwerkersicherung nicht von einem öffentlichen Auftraggeber und bei Verbraucherbauverträgen nach § 650i BGB oder Bauträgerverträgen nach § 650u BGB gefordert werden. Dies bedeutet, dass auch bei Verträgen, die nicht einen Neubau oder eine Komplettsanierung zum Inhalt haben, von Verbrauchern eine Bauhandwerkersicherheit verlangt werden darf.

E) Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme, § 650g BGB: Neu ist, dass ein Anspruch auf eine Zustandsfeststellung des Werks besteht, wenn der Auftraggeber die Abnahme verweigert. In diesem Fall hat der Unternehmer das Recht, eine gemeinsame Zustandsfeststellung zu verlangen, an der der Auftraggeber mitwirken muss. Damit wird erreicht, dass der Zustand des Werks zum Zeitpunkt des Abnahmeverlangens dokumentiert wird.

Dies ist besonders dann vorteilhaft, wenn die Abnahme einer Leistung verweigert wird, eine Wohnung jedoch dennoch in Benutzung genommen wird. Beschädigungen und Veränderungen würden nach der Zustandsfeststellung zu Lasten des Auftraggebers vermutet werden. Bleibt der Auftraggeber diesem Termin fern, kann der Unternehmer den Zustand der Leistung einseitig feststellen, muss über die Feststellung jedoch den Auftraggeber informieren (Zusendung des Protokolls). Eine Abnahme wird jedoch durch eine solche Zustandsfeststellung nicht ersetzt.

Fälligkeit der Schlussrechnung nach Abnahme
Im § 650g BGB ist ebenso geregelt, dass die Vergütung zu entrichten ist, wenn eine Abnahme erfolgt ist und der Unternehmer eine prüffähige Schlussrechnung erstellt hat. Das heißt, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für die Besteller nachvollziehbar ist. Sie gilt als prüffähig, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben hat. Begründete Einwendungen müssen sich jedoch konkret auf die Schlussrechnungspositionen beziehen.
aus FussbodenTechnik 01/18 (Recht)