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BGB-Bauvertrag Mängelrüge schon vor der Abnahme?


Bei einem BGB-Bauvertrag besteht die Möglichkeit, Mängelrechte erst mit der Abnahme der Bauleistung geltend zu machen. Eine Ausnahme stellt die Regelung des §4 Abs.7 VOB/B dar. Der Auftraggeber kann allerdings in Ausnahmefällen vor der Abnahme Mängelrechte geltend machen, wenn der Auftragnehmer seine Werke als fertiggestellt ansieht.

Der Fall

Ein Bauunternehmen führte bei einem privaten Auftraggeber Bodenarbeiten aus. Der Auftraggeber hatte bereits vor der Abnahme gesehen, dass die Leistung mangelhaft ist. Er sprach den Bauunternehmer darauf an und forderte ihn auf, die Mängel zu beseitigen. Der Bauunternehmer sah seine Leistung als fertiggestellt an und beseitigte die Mängel nicht. Der Bauherr beauftragte daraufhin ein anderes Bauunternehmen, die Mängel zu beheben, und forderte die Kosten dafür im Wege einer Klage von dem ursprünglichen Bauunternehmer.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht stellte erst einmal fest, dass bei einem BGB-Bauvertrag grundsätzlich kein Anspruch auf Mängelbeseitigung vor der Abnahme geltend gemacht werden kann. Es begründete diese grundsätzliche Auffassung damit, dass Gewährleistungsrechte, also die Möglichkeit, eine Mängelrüge abzugeben, grundsätzlich erst mit der Abnahme der Leistungen entstehen. Bis dahin befindet sich das Vertragsverhältnis noch im Erfüllungsstadium, so das Gericht. Solange jedoch eine Leistung nicht fertiggestellt ist, kann es aus diesem Grund nach den Grundsätzen des Werkvertrages im BGB auch keine Mängelrüge geben.

Allerdings entwickelt das Gericht einen Ausnahmefall: Der Auftraggeber kann Mängelrechte schon vor der Abnahme geltend machen, wenn der Unternehmer sein Werk als fertiggestellt ansieht und abliefert. Hat der Auftraggeber die Abnahme wegen der Mängel verweigert und der Unternehmer auch die Mängelbeseitigung abgelehnt, entsteht die Situation, dass schon vor der Abnahme Mängel gerügt werden können. Die Situation wird verständlich, da der Auftraggeber ansonsten zur Abnahme einer mangelhaft erbrachten Leistung gezwungen wird, um den Unternehmer zur Mängelbeseitigung auffordern zu können. Dieser könnte diese eventuell mit dem Argument verweigern, dass die Mängel bei der Abnahme bekannt waren. Der Bauunternehmer wurde hier zum Ersatz des Schadens in Höhe von 32.000 EUR verurteilt.

Praxistipp

Bei Verträgen, bei denen die VOB/B als Grundlage vereinbart ist, gibt es einen §4 Abs.7 VOB/B. In diesem ist geregelt, dass der Auftragnehmer schon vor der Abnahme Mängel rügen und unter Fristsetzung zur Beseitigung auffordern kann. Dies wird von vielen Auftraggebern dazu genutzt, um während eines laufenden Fertigstellungsprozesses unfertige Leistungen als Mängel zu rügen. Nicht selten mit der Konsequenz, dass unliebsame Auftragnehmer aufgrund nicht durchgeführter Mängelbeseitigungen gekündigt werden.

Beim BGB-Bauvertrag gibt es eine solche Regelung nicht. Mängelrügen während der Bauausführung sind also nicht möglich. Erst wenn die Leistung erbracht worden ist ist und von dem Unternehmer als fertiggestellt angesehen wird, ist also eine Mangelrüge durch den Auftraggeber möglich. Bei einem Vertrag nach VOB/B darf der Auftraggeber schon während der Bauausführung erkannte Mängel rügen und unter Fristsetzung mit einer Kündigung/Teilkündigung des Auftrags drohen. Bei einem BGB-Bauvertrag darf der Auftraggeber keine Mängel während der Ausführung rügen, sondern erst, wenn das Werk fertiggestellt ist.
aus FussbodenTechnik 03/16 (Recht)