Möbelbranche

Tiefpunkt steht erst noch bevor

Köln - Die deutschen Verbraucher besitzen ein überaus hohes Interesse an Einrichtungsgegenständen, sprich: dem Einrichtungsbedarf wird hierzulande eine hohe Wertschätzung entgegengebracht. Dabei kommt der Möbelbranche eine besondere Bedeutung als Takt- bzw. Trendgeber für Einrichtungen zu.

Demographische Veränderungen und die ausgesprochene Nähe zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sind die Rahmenbedingungen, die die Möbelnachfrage allgemein und speziell die Küchennachfrage nachhaltig beeinflussen. Weitere Einflussgrößen ergeben sich durch eine zunehmende Internationalisierung und die Polarisierungstendenz der Gesellschaft, die sich in einem Verlust der Mitte niederschlägt. "Durchschnittliches ist immer weniger gefragt, ebenso werden durchschnittliche Handelskonzepte mit Zuschnitt auf die Mitte unter Druck geraten", erklärt Uwe Krüger, Senior Consultant der BBE Retail Experts.

Die starke konjunkturelle Abhängigkeit des Möbelmarktes ergibt sich durch die Nähe zum Wohnungsbau. Für das umsatzdominante Marktsegment Küchenmöbel ergibt sich sogar eine noch stärkere konjunkturelle Abhängigkeit: Neu bezogene Wohnungen und hier besonders Eigenheime/Eigentumswohnungen induzieren Einbauküchenkäufe. Somit erweist sich der private Wohnungsbau als bedeutendster Impulsträger; erteilte Baugenehmigungen und Wohnungsfertigstellungen sind herausragende Indikatoren für die Branchenentwicklung.

Die Lage der Möbelbranche muss derzeit als angespannt charakterisiert werden, was insbesondere anhand der Tendenzen für die einzelnen Marktsegmente deutlich wird. Denn der "solitäre" Auftrieb bei Küchen relativiert sich durch alle restlichen acht schwachen Teilmarktergebnisse. Hierbei sind vor allem die umsatzstarken Kernsegmente Schlafzimmer, Wohnzimmer und Polstermöbel zu nennen, die alle jeweils Rückgänge von vier bis fünf Prozent zu verkraften hatten. Im Vorgriff auf die Marktprognose und vor dem Hintergrund der allgemeinen Wirtschaftskrise bedeutet das für die weitere Marktentwicklung wenig Gutes. Nur die beiden fiskaladministrativ beeinflussten Geschäftsjahre 1998 und 2006 weisen schwarze Zahlen auf, ansonsten herrscht Tristesse. Im Rückblick bis Mitte der 90er Jahre bestätigt sich die stabil negative Tendenz des Möbelmarktes. Für das laufende Geschäftsjahr 2009 hat die Gesamtmarktperspektive für Möbel ursprünglich noch in einem relativ eng gefassten Erwartungskorridor zwischen 0 und -2 Prozent gelegen. Aktuell ist davon auszugehen, dass sich der Möbelmarkt aus diesem Korridor verabschieden wird: Die Jahresprojektion dürfte nunmehr bei gut -3 Prozent angesiedelt sein - auch wenn der Möbelhandel (noch) nicht voll vom Abwärtstrend erfasst ist. Das ist auf die bessere Situation bei Einrichtungsaccessoires zurückzuführen, die das Thema Wohnmöbel abrunden. Abweichend vom Gesamttrend sind - wie so häufig - Firmenkonjunkturen zu beobachten, hier besonders bei branchenwichtigen Einrichtern.

Für die Möbelbranche hängt viel von der Situation auf dem Arbeitsmarkt ab - im pessimistischen Szenario ist ab 2010 mit weiteren Einschnitten zu rechnen. Noch ist die Trägheit der privaten Nachfrage Umsatz stabilisierend. Greift der von Möbelindustrie und -handel erhoffte Richtungswechsel der Mittelverwendung von unsicheren Kapitalmärkten hin zum sicheren Investment in die Einrichtung, dann zeigt sich die Umsatzentwicklung des Möbelmarktes mit einer leichten, auf ein bis zwei Jahre beschränkten Delle.

Bisher sind aber die realwirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise nur im Ansatz abschätzbar. Insofern besteht für die Möbelmarktprognose eher "Luft" nach unten als umgekehrt. Per Saldo ergibt sich für den Möbelmarkt eine im laufenden Jahr beginnende Abschwächung in Höhe von knapp 1,5 Prozent, die sich danach verstärkt. Insofern steht der Branche erst 2010 der (vorläufige) Tiefpunkt bevor. Einen kompakten Gesamtüberblick über den Markt inkl. fundierter 5-Jahres-Prognosen liefert die vollständig überarbeitete Neuauflage des Branchenfokus "Möbel" der BBE Retail Experts.
aus Haustex 10/09 (Möbel)