Rückblick 2022 | Ausblick 2023: Zuversicht

Die von der BTH Heimtex befragten Hersteller und Großhändler gehen zwar von einer weiterhin angespannten wirtschaftlichen Lage aus. Dennoch überwiegt die Hoffnung, dass es in diesem Jahr wieder bergauf geht. Einige Faktoren weisen darauf hin.

Hohe Rohstoff- und Energiepreise, sinkende Kaufkraft infolge hoher Inflation, Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe - auch die Farben-, Tapeten- und Bodenbelagsbranche spürt die Auswirkungen der Krisensituationen. Die Grundstimmung ist entsprechend pessimistisch bis verhalten. Doch nach teils sehr starken Nachfrageeinbrüchen im vergangenen Jahr und weiterhin bestehenden wirtschaftlichen Unsicherheiten keimt dennoch für dieses Jahr beim einen oder anderen Unternehmen Hoffnung auf. Das ist das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage bei ausgewählten Herstellern und Händlern, die die BTH Heimtex Mitte November 2022 durchgeführt hat.

Das vergangene Jahr ging mit teils katastrophalen Ergebnissen zu Ende. Deutlich wird dies beim Blick auf die Zahlen des börsennotierten Tapetenherstellers A.S. Création in Gummersbach. Demnach ist der Konzernumsatz in den ersten neun Monaten 2022 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 8 Mio. EUR und damit 7,3 % auf 102,5 Mio. EUR gefallen. Allein im dritten Quartal lag der Rückgang bei 8,2 %.

Auch Dr. Frederik Rasch, Geschäftsführer und Inhaber der Tapetenfabrik Gebr. Rasch in Bramsche beklagt Einbrüche. "Das Jahr 2022 lag, was die Nachfrage betrifft, stark unter unseren Erwartungen." Steigende Rohstoff- und Energiekosten hätten sich zudem negativ auf den Rohertrag ausgewirkt. "Besonders schwer hat uns der Ausbruch des Krieges in der Ukraine mit seinen unmittelbaren Folgen für unser Schwesterunternehmen Sintra im ukrainischen Kalush getroffen", betont Rasch. Infolge baute das Unternehmen Personal sowie Fixkosten ab und erhöhte die Preise für seine Produkte.

Kosten hat auch die Hohenberger Tapetenmanufaktur gesenkt. Schließlich ging der Umsatz im vergangenen Jahr nach Auskunft von Inhaber Ralf Taubert um 17,5% zurück. "Aber wir haben rechtzeitig in hochwertige Kollektionen, Innovationen und Konzepte investiert, die Vermarktung im hochwertigen Segment hat uns signifikante Umsatzzuwächse in diesem Bereich beschert", erläutert er.

Ralf Peters, Country Manager D/A/CH/L beim belgischen Tapetenhersteller Grandeco, fasst zusammen: "Mit dem Jahr 2022 kann man nicht zufrieden sein." Dietmar Everding, Geschäftsführer des Tapetenherstellers Erismann, macht deutlich: "Nahezu alle Märkte sind infolge der hohen Inflationsrate von deutlicher Kaufzurückhaltung geprägt." Die größten Umsatzrückgänge habe das Unternehmen in Russland und in der Ukraine verzeichnet, dagegen seien die Umsätze in Deutschland sowie im übrigen Europa gestiegen, so dass sich der Umsatzrückgang insgesamt auf 6 bis 8 % belaufen werde.

Die Marburger Tapetenfabrik beklagt vor allem die Kostensteigerungen. Wie Geschäftsführer Wolf Kappen klar betont, hätte diese das Familienunternehmen dazu gezwungen, die eigenen Preise zum 1. Januar anzuheben. Insgesamt aber seien die Einbrüche sowohl im Inland als auch in Europa weniger massiv ausgefallen, "da wir traditionell stärker im Großhandel als in den Baumärkten engagiert sind."

Gegen den Trend entwickelte sich der Digitaltapeten-Hersteller Komar. "Wirtschaftlich liegen wir 2022 klar über dem Vor-Corona-Niveau", meint Geschäftsführer Matthias Häusler. Martin und Cornelius Schäfer vom Tapeten-Großhandel Schäfer sind angesichts der schwierigen Lage immerhin mit dem Verlauf ihres Geschäfts zufrieden. Nach ihren Angaben ist das Handwerk nach wie vor gut ausgelastet. "Durch unsere auch stark handwerksorientierte Ausrichtung konnten wir bis jetzt einen insgesamt wieder recht ordentlichen Umsatz generieren."

Auch der Geschäftsführer des Großhändlers Mega, Volker König, gibt sich gelassen. "Allen Widerständen zum Trotz haben wir als handwerkseigenes Zuliefererunternehmen wieder ein ordentliches Ergebnis erzielt." Sehr gut hätten sich hochwertigere Innendispersionen der Nassabriebklassen 1 und 2 entwickelt. Aber auch getönte Fassadenfarben hätten zugelegt. "Beim Thema Fassadengestaltung wird es in Deutschland offenbar wieder bunter", stellt König fest. Bei der Wärmedämmung habe die Mega eine Wachstumsrate im zweistelligen Bereich hingelegt. Weiter boome das Geschäft mit Designbelägen sowie Werkzeugen und Maschinen, Lacke und Lasuren bewegten sich auf Normalniveau, wobei wässrige Systeme zulegten. Ein Plus verzeichnete die Mega auch bei Tapeten, die jedoch zunehmend nur als Akzent genutzt würden.

Der Farben- und Bodenbelagsgroßhandel insgesamt geht unter der Berücksichtigung von starken Preiserhöhungen in diesem Jahr von einem Volumenrückgang von -5 bis -7 % aus, wie der Geschäftsführer des Großhandelsverbands Heim und Farbe (GHF), Bert Bergfeld, sagt.
In der Bodenbelagsindustrie wurden unterschiedliche Erfahrungen gemacht. So hat Interface laut Geschäftsführer Nils Rödenbeck seinen Wachstumskurs in Deutschland, Österreich und der Schweiz fortgesetzt: "Unternehmen investieren nach wie vor in moderne Arbeitsplatzkonzepte, dies schlägt sich in entsprechenden Renovierungsbudgets nieder. Aber auch die Abwicklung von Neubaukonzepten bleibt auf einem konstant guten Niveau. Zudem konnten wir mit dem Launch unserer neuen Hospitality Kollektion unsere Präsenz in diesem Marktsegment deutlich stärken."

Bei Vorwerk wollten sie "nach zwei herausfordernden, von der Pandemie geprägten Jahren endlich wieder durchstarten". Stattdessen sah sich der Hersteller mit "Energiemangel, fehlenden Lieferanten von Halbfabrikaten und enormen Kostensteigerungen in fast allen Lieferketten" konfrontiert, berichtet der Geschäftsführende Gesellschafter Martin Multhaupt. Dennoch wurden Kollektionen im Markt positioniert, die Online-Aktivitäten ausgeweitet, die Webseite komplett erneuert und verbraucherrelevante Applikationen wie der Online-Raumgestalter entwickelt, außerdem der Maschinenpark modernisiert. "Wir sind hinsichtlich der notwendigen Veränderungen in unserem Unternehmen auf dem richtigen Weg und für die Folgejahre gut gewappnet", lautet Multhaupts Fazit.

Für die Hersteller von Bautenanstrichmitteln spricht Peter Jansen, Präsident des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL). Er beziffert den Rückgang der Inlandsnachfrage nach Lacken und Farben im vergangenen Jahr auf -9 %. "Während im Bautenfarbenbereich 2022 das Profigeschäft in etwa gleich schlecht lief wie der DIY Bereich, wird sich die Lage bei den DIY Produkten auch 2023 kaum verbessern, während der Profimarkt etwas weniger stark schrumpfen wird. Bis zuletzt lief der Absatz von Dispersionsfarben besonders schlecht, Lacke und Lasuren verloren nicht ganz so stark. Das Segment Putze und Spachtel wuchs im Gegensatz zu den beiden anderen Segmenten, wobei Spachtel der Wachstumstreiber war", betont Jansen.

"Beginnend mit dem August 2022 ist die Nachfrage deutlich zurückgegangen", bilanziert Jörg von Rhade, Geschäftsführer des Lack- und Farbenherstellers Südwest. Darauf habe das Unternehmen mit Kostenoptimierung reagiert. "Angesichts der volatilen Lage, wirtschaftlicher Unsicherheit und einer zunehmenden zurückhaltenden Investitionsbereitschaft haben wir auch 2022 gut abgeschnitten", beurteilt Caparol-Geschäftsführer Stefan Weyer das abgelaufene Geschäftsjahr.

Almen Ajradini, Geschäftsführer von Zero-Lack ist alles in allem zufrieden. "Durch volle Auftragsbücher bei unseren Verarbeitern hatten wir keine Umsatz- beziehungsweise Absatzeinbrüche." Auf mögliche Rückgänge hat der Hersteller mit der Implementierung der Objekt-Schiene regiert.

Der VdL sieht noch keine maßgebliche Besserung für das laufende Jahr. Präsident Jansen geht von einem weiteren Rückgang bei Bautenanstrichmitteln von -4% aus. "Da die sehr stark gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten nicht angemessen an die Abnehmer weitergegeben werden konnten, stehen die Margen stark unter Druck." Ein Rückgang des noch extrem hohen Preisniveaus für Rohstoffe und Energie sei auch im neuen Jahr zunächst nicht zu erwarten.

Die einzelnen Unternehmen geben sich dagegen mehrheitlich zuversichtlicher. Für dieses Jahr ist Caparol-Geschäftsführer Stefan Weyer nach eigenen Angaben vorsichtig optimistisch: "Wir werden unseren Fokus weiterhin auf die Kundennutzen Gesundheit, Nachhaltigkeit, Design und Effizienz legen. Neben der Wohngesundheit sehen wir Nachhaltigkeit als Megatrend und nehmen unsere Verantwortung hierfür ernst."

Zudem verweist Weyer auf die Notwendigkeit zur Rationalisierung und Effizienzsteigerung sowohl in der Industrie als auch im Handwerk. "Wenn man in einem solchen ökonomischen Umfeld als Hersteller und Handwerk bestehen will, bleibt einem keine andere Wahl, als seine Produktivität zu erhöhen."

Von Rhade rechnet damit, dass das erste, aber möglicherweise auch das zweite Quartal 2023 schwierig sein könnten. "Die Auftraggeber müssen mit erhöhten Kosten beim Bau, aber auch bei Heizung und Energie rechnen", mahnt der Südwest-Geschäftsführer. Ein bisschen Hoffnung hat er dennoch. "Sollte sich die Ukraine-Krise lösen lassen und China zurück einen Wachstumspfad findet, könnte das Jahr 2023 dennoch zufriedenstellend zu Ende gehen. Südwest werde seine Wärmedämm-Verbundsysteme in den Fokus rücken und setze zudem auf wässrige Produkte, die auf dem Vormarsch seien.

Das sieht Ajradini ähnlich. "Aufgrund der aktuell hohen Energiekosten rechnen wir mit mehr Nachfrage bei WDVS und Fassadenfarben." Insgesamt aber geht der Zero-Lack-Marketingchef aufgrund steigender Bauzinsen und -kosten von einem Einbruch aus sowie einen verstärkten Verdrängungswettbewerb.

"Mit gut gefüllten Auftragsbüchern" geht Interface ins neue Jahr. Nils Rödenbeck und sein Team wollen 2023 den Fokus nicht nur auf das Office-Portfolio richten, sondern mit den Teppichfliesen und LVT auch die Entwicklungen im Bereich Hospitality voranbringen. "Wir freuen uns außerdem auf viele spannende Gespräche und schöne Begegnungen auf der BAU. Hier werden wir erstmals gemeinsam mit Nora Systems präsent sein", kündigt der Geschäftsführer an.

Auch Vorwerk wird im April als Aussteller auf der BAU in München dabei sein, um die Kontakte im Bereich Architekten auszubauen und sich als Anbieter für alle textilen Bodenlösungen zu profilieren. Aber nicht nur das: "Am 21. April jährt sich die Gründung von Vorwerk und der Beginn der Produktion von Teppichen zum 140. Mal; das werden wir natürlich feiern", freut sich Martin Multhaupt.

Mega-Chef König sieht eine "anspruchsvolle Zeit" auf alle Wirtschaftszweige zukommen. Die hohe Inflation, weiterhin steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie der Fachkräftemangel erforderten von der Branche Flexibilität und angepasste Lösungen. Als positiv bewertet GHF-Geschäftsführer Bergfeld die von der Bundesregierung beschlossene Gas- und Strompreisbremse, die mehr Planungssicherheit bringe. Darüber hinaus sei der private Konsum deutlich weniger zurückgegangen als befürchtet. "Ich bleibe in den Erwartungen positiv", so Bergfelds Kommentar.

Diesen Eindruck vermittelt auch Martin Schäfer. Er gibt sich zuversichtlich, dass aufgrund der staatlichen Förderungen die allgemeine Konsumstimmung verbessert wird und rät zu guter Beratung sowie Zusatz-Sortimente. "Wir sind davon überzeugt, dass wir den Trend der vergangenen Jahre fortsetzen und auch 2023 Marktanteile hinzugewinnen", schließt sich der Marburg-Geschäftsführer Kappen an.

Bei Rasch wird ebenfalls Zuversicht versprüht. "Wir gehen von einer Normalisierung der Nachfrage und einer Stabilisierung der Rahmenbedingungen im zweiten Halbjahr aus", betont Dr. Frederik Rasch. Sein Kollege Ralf Taubert von der Hohenberger Tapetenmanufaktur ist überzeugt, mit der Neuausrichtung auf das sehr hochwertige Sortiment den richtigen Weg zu gehen. Erismann-Geschäftsführer Dietmar Everding erwartet einen Umsatz, der mindestens auf dem Niveau von 2022 liegt und hofft auf neue Impulse durch die Akquise des holländischen Digitaldruckunternehmens Weco.

Und A.S. Création ist sicher, mittelfristig wieder ein ertragstarkes Unternehmen zu werden. "Trotz aller Unsicherheiten und Risiken sieht der Vorstand A.S. Création mit seinen Produkten und seiner Marktposition solide aufgestellt", heißt es von Unternehmensseite. Einzig Ralf Peters von Grandeco blickt eher pessimistisch in die Zukunft. "Wir glauben, das sich die Situation in Deutschland bis in das dritte Quartal nicht verbessern wird."

Dabei stehen die Zeichen gut. Immerhin ist der Höhepunkt der Teuerung offenbar überstanden, der Materialmangel nimmt ab und der DAX liegt weiter im Plus. Gute Voraussetzungen also, dass die Wirtschaft und damit auch die Tapeten- und Farbenbranche sich erholt und möglicherweise in diesem Jahr wieder ein wenig zulegt. | Cornelia Küsel
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Foto/Grafik: Rasch
"Umfang und Qualität von Neuentwicklungen haben wir auf einem hohen Niveau belassen, da wir in 2023 mit einer deutlich besseren Nachfragesituation rechnen."
Dr. Frederik Rasch,
Geschäftsführer Tapetenfabrik
Gebr. Rasch
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Foto/Grafik: Hohenberger
"Wir sind zuversichtlich, dass sich unsere Neuausrichtung positiv für uns auswirkt."
Ralf Taubert,
Geschäftsführer Hohenberger Tapetenmanufaktur
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Foto/Grafik: Komar
"Wirtschaftlich liegen wir 2022 klar über dem Vor-Corona-Niveau. Für 2023 planen wir, diesen Umsatz zu halten."
Matthias Häusler,
Komar-Geschäftsführer
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Foto/Grafik: Grandeco
"Die Energiekrise und die damit verbundene, aus unserer Sicht zum Teil sehr unsachliche Kommunikation durch Politik und Medien, hat dazu geführt, dass die Endkunden sehr verunsichert und damit zurückhaltend sind."
Ralf Peters, Country Manager D/A/CH/L Grandeco
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Foto/Grafik: Marburger
"Wir gehen davon aus, dass wir Dank einer verlässlichen Vertriebspolitik, höchster Qualität und sehr attraktiver Ware unsere Kunden davon überzeugen können, stärker auf unsere Tapeten zu setzen."
Wolf Kappen,
Geschäftsführer
Marburger
Tapetenfabrik
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Foto/Grafik: Erismann
"Die Umsätze haben sich im Oktober stabilisiert und auch der November bewegt sich auf Vorjahresniveau."
Dietmar
Everding,
Erismann-
Geschäftsführer
aus BTH Heimtex 01/23 (Handel)