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Bedenken stets schriftlich und detailliert formulieren

Die Bedenkenanzeige dient dazu, auf mögliche Mängel oder Unklarheiten bei der Ausführung von handwerklichen Arbeiten hinzuweisen. Sie ermöglicht es Handwerkern, rechtzeitig vor den Konsequenzen einer fehlerhaften Ausführung zu warnen. Durch die Anzeige können Auftraggeber in Kenntnis gesetzt werden, sodass sie notwendige Entscheidungen treffen können. Im rechtlichen Kontext schützt sie Handwerker vor Haftung, wenn nachträglich Probleme auftreten.

Im Bauwesen spielt die ordnungsgemäße Ausführung von Bauvorhaben eine zentrale Rolle. Damit Bauverzögerungen, fehlerhafte Ausführungen und Streitigkeiten vermieden werden, sieht das Baurecht bestimmte Informations- und Mitteilungspflichten vor. Eine davon ist die sogenannte "Bedenkenanzeige".

1. Was ist eine Bedenkenanzeige?
Die Bedenkenanzeige bzw. Bedenkenanmeldung ist eine schriftliche Mitteilung des Auftragnehmers an den Auftraggeber, in der dieser Bedenken gegen die Art der Ausführung von Bauleistungen, die Güte der gelieferten Stoffe oder Bauteile oder die Leistungen anderer Baubeteiligter äußert. Die Vorschrift für diese Anzeige ist in der VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen), genauer in § 4 Abs. 3 VOB/B, verankert. Doch auch im Rahmen eines BGB-Bauvertrags (Bürgerliches Gesetzbuch) kann eine ähnliche Pflicht zur Bedenkenanzeige bestehen. Die Bedenkenanzeige hat die Funktion, den Auftraggeber auf potenzielle Probleme oder Unsicherheiten in der Ausführung eines Bauvorhabens hinzuweisen. Diese Mitteilung soll verhindern, dass fehlerhafte oder unzureichende Arbeiten fortgesetzt werden, die später zu erheblichen Nachteilen oder Nachbesserungen führen könnten.

2. Die rechtliche Grundlage
Gemäß § 4 Abs. 3 der VOB/B hat der Auftragnehmer die Pflicht, "unverzüglich und schriftlich" Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Materialien oder die Leistungen anderer Baubeteiligter anzumelden. Dabei wird der Auftragnehmer ausdrücklich dazu aufgefordert, auf etwaige Mängel oder Gefährdungen hinzuweisen, bevor die Arbeit weiter fortgesetzt wird.

Auch im BGB-Bauvertrag, der nicht auf der VOB/B basiert, kann eine ähnliche Pflicht zur Bedenkenanzeige bestehen. Zwar gibt es keine ausdrückliche Regelung wie in der VOB/B, jedoch ist die Pflicht zur Mitteilung von Mängeln und Bedenken auch hier von Bedeutung. Ein BGB-Bauvertrag sieht vor, dass der Bauunternehmer auf offensichtliche Mängel oder Schwierigkeiten hinweisen muss, um seine Rechte zu wahren.
Die rechtlichen Anforderungen sind eindeutig:

- Unverzüglichkeit: Der Auftragnehmer muss seine Bedenken sofort nach Feststellung äußern. Dies bedeutet eine zeitnahe Reaktion, ohne unnötige Verzögerung.

- Schriftlichkeit: Die Bedenkenanzeige muss schriftlich erfolgen, um eine klare, nachweisbare Kommunikation sicherzustellen.

- Detaillierung: Die Bedenken müssen nachvollziehbar und ausreichend begründet werden.

Die Bedenken müssen also schriftlich und detailliert formuliert werden. Ein einfaches "Ich habe Bedenken" reicht nicht aus.

3. Der praktische Fall
Ein Bodenleger stellte bei den Vorbereitungsarbeiten für die Verlegung eines elastischen PVC-Belags fest, dass der Unterboden in mehreren Bereichen uneben war und an einigen Stellen große Unebenheiten aufwies. Der Handwerker prüfte den Unterboden und stellte fest, dass er nicht den erforderlichen Standards für die PVC-Belagsverlegung entsprach. Jedoch entschied er, zunächst mit den Verlegearbeiten fortzufahren, ohne den Mangel sofort anzuzeigen. Er glaubte, dass er das Problem während der Verlegung durch spezielle Ausgleichsmaßnahmen beheben kann. Nachdem er mit der Verlegung des PVC-Belags begonnen hatte, kamen jedoch an mehreren Stellen Wellen und Blasen im Belag zum Vorschein, die auf den unebenen Unterboden zurückzuführen waren.

Die verspätete Bedenkenanzeige des Bodenlegers führte zu einer möglichen Haftung für die Mängel am PVC-Belag, da der mangelhafte Unterboden nicht rechtzeitig dem Auftraggeber gemeldet wurde. Eine rechtzeitige und schriftliche Mitteilung hätte dazu beigetragen, den Schaden zu verhindern, indem der Unterboden fachgerecht vorbereitet worden wäre.

4. Konsequenzen bei
fehlender Bedenkenanzeige
Wenn es der Auftragnehmer versäumt, Bedenken rechtzeitig und schriftlich anzumelden, können ernsthafte rechtliche Konsequenzen drohen. Die Folgen einer nicht erfolgten oder verspäteten Bedenkenanzeige sind vielschichtig:

-Haftung für Mängel: Der Auftragnehmer befreit sich im besten Fall von der Haftung für etwaige Schäden, die durch die genannten Mängel oder Bedenken entstehen, sofern er rechtzeitig und korrekt Anzeige erstattet hat. Ohne eine ordnungsgemäße Bedenkenanzeige kann der Auftragnehmer später für Mängel oder Schäden haftbar gemacht werden, die eigentlich auf die ursprünglichen Bedenken des Auftragnehmers zurückzuführen sind.

-Verlust von Ansprüchen: Der Auftragnehmer könnte in bestimmten Fällen seine Ansprüche auf Nachbesserung oder Schadensersatz verlieren, wenn er es versäumt, die Mängel frühzeitig anzuzeigen. Für den Auftragnehmer stellt die Bedenkenanzeige eine Absicherung dar. Wenn ein Auftragnehmer Bedenken bezüglich der Ausführung oder der Materialien äußert und der Auftraggeber diese nicht berücksichtigt oder keine Lösung anbietet, schützt die Anzeige den Auftragnehmer vor Ansprüchen, die aufgrund dieser Bedenken entstehen könnten. Dies kann im Falle eines späteren Rechtsstreits entscheidend sein.

5. Reaktion des Auftraggebers
Der Auftraggeber ist nun gehalten, auf die Bedenkenanzeige zu reagieren. Wenn der Auftraggeber die Bedenken anerkennt, müssen gegebenenfalls Änderungen vorgenommen werden. Lehnt der Auftraggeber die Bedenken ab, so muss er dies ebenfalls schriftlich tun und gegebenenfalls die Haftung für die weiteren Ausführungen übernehmen. In diesem Fall ist der Auftragnehmer darauf angewiesen, dass der Auftraggeber die Verantwortung für das Risiko übernimmt.

6. Fazit
Die Bedenkenanzeige ist ein essenzielles rechtliches Instrument im Baurecht, das sowohl den Auftragnehmer als auch den Auftraggeber schützt. Sie stellt sicher, dass Mängel oder Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden, was letztlich zu einer besseren Qualität und Effizienz des Bauvorhabens beiträgt. Sowohl aus Sicht des Auftragnehmers als auch des Auftraggebers ist es von größter Bedeutung, die Anforderungen der Bedenkenanzeige ernst zu nehmen, um rechtliche Risiken und finanzielle Schäden zu vermeiden.
Bedenken stets schriftlich und detailliert formulieren
Foto/Grafik: Kaspar
Der Autor
Andreas Kasper ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.

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