Kleiner Fehler - Großer Schaden

Trockenestrich unter Vinylbelag bewegt sich: Nur geschraubt und kaum geklebt

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Fertigteilestrich auf Calciumsulfatbasis, der als Untergrund für einen Vinylbelag diente.

Ein Ehepaar entschied sich, ihr in die Jahre gekommenes Wohnhaus aus den 1980er-Jahren kernsanieren zu lassen. Dazu wurde die Fußbodenkonstruktion bis auf die Betondecke zurückgebaut, eine neue Heizung angeschafft und der neue Bodenaufbau in Trockenbauweise ausgeführt. Auf diese Weise sollte die vorübergehende Unterbringung im eigenen Wohnwagen möglichst nicht so lange andauern. Aber auch die nicht ausreichende Aufbauhöhe für einen konventionellen Estrich inklusive Fußbodenheizung veranlasste die Bauherren, sich für einen Trockenestrich zu entscheiden.
Das Gebäude ist vollständig unterkellert und hat kein Obergeschoss. Die Sanierung bezog sich also nur auf das Erdgeschoss. Die gesamte Planung, Beratung und Ausführung lag in den Händen eines Küchen- und Wohnberaters. Sie beinhaltete neben dem Fußbodenaufbau auch neue Zimmertüren und eine neue Einbauküche. Beim Belag fiel die Wahl auf einen LVT-Klickboden. Lediglich das Einbringen der Fußbodenheizung wurde an eine Heizungsfirma vergeben. Für das Einbringen der Heizrohre kamen vorgefräste 25 mm dicke Dämmplatten mit Wärmeleitblech zum Einsatz.


Schaden

Sich bewegende
Absenkungen im Belag

Bereits nach wenigen Monaten der Nutzung wurden zunehmende Bodenunebenheiten und eine leichte Bewegung im Untergrund beim Begehen reklamiert. Die Bauherren beauftragten daraufhin einen Sachverständigen zur Beurteilung der Fußbodenkonstruktion. Eine Überprüfung der Ebenheiten ergab, dass die Toleranzen der Norm DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 4 (maximal 3 mm auf 1 m) eingehalten worden waren. Jedoch gab es kleine, parallel und gerade verlaufende Absenkungen im Bodenbelag, die sich beim Begehen leicht bewegten.

Der parallele Verlauf im Rastermaß der Trockenestrichplatte ließ schon vermuten, dass die Falzverbindungen der Estrichplatten Teil des Problems waren. Eine Bauteilöffnung zur Ermittlung der Ursache war notwendig und wurde von den Bauherren genehmigt - jedoch nicht in den Bereichen Wohnen, Essen und Küche, wo sich überwiegend das Schadensbild zeigte. Die Bauherren verweigerten sich den einhergehenden Unannehmlichkeiten einer Bauteilöffnung mitten im Wohnbereich und ließen diese lediglich in zwei weniger genutzten Räumen zu, auch auf die Gefahr hin, dort die Ursache nicht sicher feststellen zu können.

Die Erkenntnisse, die der Sachverständige allerdings an den vorgenommenen Bauteilöffnungen gewinnen konnte, waren eindeutig und ausreichend. Es zeigte sich folgender Aufbau:
-ca. 30 mm Ausgleichsschüttung,

-20 mm Fertigteilestrich Fermacell Gipsfaser Estrich-Element 2E 11 als Lastverteilungsplatte,

-25 mm Wärmedämmplatte mit integrierten Heizungsrohren und

-20 mm Fertigteilestrich Fermacell Gipsfaser Estrich-Element 2E 11 zur Aufnahme des Bodenbelags.

Die Wärmedämmplatte ließ der Sachverständige beim Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) in Troisdorf, das dem Bundesverband Estrich und Belag (BEB) angeschlossen ist, untersuchen. Die Platte entsprach den Werten der technischen Anforderung gemäß DIN EN 13163 EPS 035 DEO, 200 kPa.


Ursache

Mangelhafte Verleimung
des Trockenestrichs

Die Falzverbindung der entnommenen Platte ließ sich ohne großen Kraftaufwand auseinanderziehen und zeigte ein ungenügendes Bild der Verleimung: Es ist eindeutig zu erkennen, dass der Leimauftrag nur sehr spärlich, teilweise nur tröpfchenweise vorgenommen wurde. Der Leimauftrag muss grundsätzlich in ausreichender Menge aufgetragen werden, sodass sich der Leim beim Zusammenfügen der Platten über den ganzen Falz verteilt und idealerweise an der Stoßfuge leicht austritt. Diese Vorgabe einer fachgerechten Verarbeitung lässt sich in der Verlegeanleitung des Trockenestricherstellers Fermacell nachvollziehen.


Verantwortlichkeit

Verleger haftet vollumfänglich

Die Verantwortlichkeit liegt in diesem Fall eindeutig beim Verleger. Schon die Aussage des Verlegers, er hätte die Falzverbindung doch ausreichend verschraubt, zeigt, dass ihm nicht bewusst war, dass die Trockenestrichplatten ihre Falzverbindung über die Verleimung erlangen. Die Verschraubung dient lediglich der Fixierung bis zur Abbindung der Verleimung. Ein kompletter Rückbau bis zur Fußbodenheizung war für die Sanierung notwendig. Der positive Aspekt bei einem Trockenaufbau lautete: Der Rückbau musste lediglich bis zur Fußbodenheizung erfolgen.


Der Autor

Ernst Weinzierl ist von der Handwerkskammer
Niederbayern/Oberpfalz öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Parkett und Bodenbeläge.

Sachverständigenbüro Ernst Weinzierl
Brückenstraße 5 84137 Vilsbiburg
Tel.: 0 87 41 / 63 87 Mobil: 0 15 23 / 3 54 47 95
www.fussboeden-weinzierl.de
info@fussboeden-weinzierl.de
Trockenestrich unter Vinylbelag bewegt sich: Nur geschraubt und kaum geklebt
Foto/Grafik: Weinzierl (6), Fermacell (1)
Im Bodenbelag zeigten sich kleine, parallel und gerade verlaufende Absenkungen, die sich beim Begehen leicht bewegten.
Trockenestrich unter Vinylbelag bewegt sich: Nur geschraubt und kaum geklebt
Foto/Grafik: Weinzierl (6), Fermacell (1)
Gut zu erkennen ist, dass an der Ecke der Platte die Verleimung vollständig über die ganze Falzbreite vorhanden ist und deshalb der Bruch auch in der Platte stattfand.
Trockenestrich unter Vinylbelag bewegt sich: Nur geschraubt und kaum geklebt
Foto/Grafik: Weinzierl (6), Fermacell (1)
Die geöffnete Fußkonstruktion zeigte einen Aufbau mit 30 mm Ausgleichsschüttung, 20 mm Fertigteilestrich, 25 mm Wärmedämmplatte inklusive Heizungsrohren und 20 mm Fertigteilestrich.
Trockenestrich unter Vinylbelag bewegt sich: Nur geschraubt und kaum geklebt
Foto/Grafik: Weinzierl (6), Fermacell (1)
Die Falzverbindung der entnommenen Trockenestrichplatte ließ sich ohne großen Kraftaufwand auseinanderziehen.
aus FussbodenTechnik 05/24 (Handwerk)