Maschinenwebteppiche 2024/2025
Nachhaltigkeit als Innovationstreiber
Wenn ein Kunde sich im Handel - sei es Fachgeschäft, Teppichabteilung oder Onlinehandel - Teppiche anschaut, hat er mit großer Wahrscheinlichkeit maschinengewebte Exemplare vor sich und die Wahl zwischen verschiedensten Garnmaterialien, Qualitätstufen und Dessins.Der Teppichmarkt hat sich stark verändert, nicht zuletzt durch die rasante Entwicklung der Maschinenweberei, die den Handel mit attraktiver Ware zu einem sehr guten Preis beliefern kann. Dementsprechend ist das Angebot an Knüpfware zurückgegangen, denn dank hochentwickelter Produktionsverfahren lässt sich eine Drei-Millionen-Punkte-Qualität kaum noch von aufwendig handgeknüpften Stücken unterscheiden, vor allem, wenn hochwertige Garne ins Spiel kommen. Carpet Home hat sich umgehört und Experten zu Trends, Herausforderungen und Chancen befragt.
Nachfrage
Katrien Vandenbroucke, CEO des belgischen Maschinenwebers Ragolle, stellt fest: "Die Nachfrage nach maschinengewebten Teppichen ist stetig gestiegen, angetrieben durch den Aufschwung des E-Commerce, der den Verbrauchern den Zugang zu einer Vielzahl von Designs und Preislagen erleichtert hat."
Im Gegenzug leistet faltbare Ware wiederum dem E-Commerce enormen Vorschub. Die Einführung der Produktgruppe Outdoorteppiche hat ein völlig neues Marktsegment erschlossen.
Design
Während noch vor wenigen Jahrzehnten vor allem bekannte Muster - ob klassisch oder modern - nachgebildet wurden, gibt es heute bei der Dessinierung keine Grenzen mehr. In Verbindung mit anspruchsvoller Digitaldruck-Technologie entstehen völlig neue Optiken, die den Teppichen ein frisches, zeitgemäßes Aussehen verleihen. Innovationen und Trends haben aktuell meist ihren Ursprung im Maschinenwebsegment. Dazu Luc Claeys, CEO des belgischen Maschinenwebers Osta: "Der Markt für maschinell gewebte Teppiche selbst weist eine riesige Vielfalt an unterschiedlichen Texturen und Farben auf, und er wächst weiter. Das macht ihn zu einem sehr interessanten, innovativen Markt. Derzeit sind Strukturen bzw. Texturen und natürliche Farben in fast allen Märkten stark vertreten."
Katrien Vandenbroucke sieht einen deutlichen Trend zu organischen Formen und Designs, der den Wunsch widerspiegelt, ein natürliches Gefühl in den Wohnraum zu bringen, um einen optimalen Komfort zu erreichen.
Annelies Bouckaert, Head of Marketing & Creation beim belgischen Maschinenweber Balta Home, sagt zu den Trends: "Wir sehen vor allem rutschfeste Teppiche, waschbare und faltbare maschinengewebte Teppiche sowie immer mehr bedruckte Teppiche."
Material und Technik
War viele Jahre Polypropylen das Garnmaterial der Wahl, da es robust und preisgünstig ist, haben sich heute auch Polyester-Teppiche fest etabliert. Ihr Marktanteil wächst kontinuierlich. Nur bei Teppichen, die eine Outdoor-Eignung mitbringen sollen, führt kaum ein Weg an Polypropylen vorbei. Die Preise beider Fasern sind mittlerweile grob vergleichbar und die Polyester-Garne bieten einen angenehmen Griff bei vielseitigen Gestaltungsmöglichkeiten von Oberfläche und Struktur. Außerdem stammen viele Polyester-Garne aus dem Recycling, beispielsweise aus Meeresplastik oder PET-Flaschen - heutzutage ein wichtiges Verkaufsargument. Dazu Florian Müller, CEO beim Vollsortimenter Golze 1873: "Natürlich steigt auch bei Teppichen die Nachfrage in Sachen Nachhaltigkeit, Thema CO
2-Fußabdruck - dem müssen wir uns genauso stellen wie den Fashion-Trends bei Joop oder den Moodboards der Schöner Wohnen Kollektion." Luc Claeys beobachtet kritisch: "Der Markt ist mit umweltbelastenden Garnen überschwemmt worden. Weichheit und Glanz waren einigen Käufern wichtiger als ökologische und nachhaltige Faserteppiche." Katrien Vandenbroucke erkennt: "Der nachhaltigen Entwicklung wird immer mehr Bedeutung beigemessen. Die Verbraucher suchen zunehmend nach Teppichen, die aus umweltfreundlichen Materialien bestehen und mit nachhaltigen Methoden hergestellt wurden, was dem allgemeinen Trend zum Umweltbewusstsein entspricht."
Herausforderungen
So sehr sich die Maschinenwebteppiche durchgesetzt haben, gibt es auch hier viele Herausforderungen. Florian Müller: "Eine Herausforderung für uns als kleines bis mittleres Unternehmen sind die rechtlichen Regularien, denen wir uns permanent stellen müssen, wie z. B. Lieferkettenschutzgesetz, EU-Verwaltungsordnung und Produktsicherheitsverordnung. Ein weiteres Thema für uns alle - Hersteller, aber auch Handel - ist die scheinbar gesunkene Kundenfrequenz am POS in Kombination mit immer weniger Menschen, die für die Ware, aber auch für das Verkaufen brennen."
Der Preiskampf im Massenmarkt ist extrem, daher lohnt es sich offensichtlich, auf hochwertige und nachhaltige Produkte zu setzen, um höhere Margen zu erlauben. Florian Müller: "Wir als Golze 1873 müssen sicherstellen, dass wir den Handel mit starken Produkten, vor allem aus dem Maschinenwebbereich, unterstützen."
Katrien Vandenbroucke (Ragolle) sagt: "Eine unserer größten Herausforderungen ist es, ein wettbewerbsfähiges Preisniveau zu halten, ohne unsere Qualitätsstandards zu beeinträchtigen. Darüber hinaus sind wir ständig bestrebt, unsere nachhaltigen Produktionsprozesse zu verbessern. Die Balance zwischen Kosten, Qualität und Nachhaltigkeit ist für Ragolle eine komplexe, aber wichtige Aufgabe auf dem heutigen Markt."
Annelies Bouckaert bringt weitere Punkte ein: "Herausfordernd sind die hohen Arbeits- und Energiekosten in Belgien im Vergleich zu den Arbeits- und Energiekosten in der Türkei, China, Indien und Ägypten. Hinzu kommen unvorhersehbare Containerpreise. Bei Innovationen immer einen Schritt voraus zu sein, ist eine permanente Challenge."
Chancen
Bei allen Herausforderungen blickt die Branche eher optimistisch in die Zukunft. Florian Müller: "Jede Herausforderung bietet auch zugleich Chancen. Aus diesem Grund arbeiten wir mit Hochdruck daran, uns den neuen Marktgegebenheiten zu stellen und enger mit dem Handel zusammenzuarbeiten, die Customer Journey des Endverbrauchers zu begleiten."
Mit Mut und Beharrlichkeit stellt sich Luc Claeys seiner Aufgabe: "Unser Engagement gilt weiterhin der Qualität und der Nachhaltigkeit, um uns zu einer Verbrauchermarke zu entwickeln, bei der Qualität und Wertschätzung Hand in Hand gehen."
Katrien Vandenbroucke betrachtet Nachhaltigkeit als einen der wichtigsten Innovationstreiber: "Im Laufe der Zeit hat sich die internationale Teppichindustrie erheblich weiterentwickelt, mit Fortschritten in der Technologie und einer zunehmenden Betonung der Nachhaltigkeit. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend im kommenden Jahr fortsetzen wird, wobei weitere Designinnovationen und umweltfreundliche Produktionsmethoden die Attraktivität des Marktes erhöhen werden. Die zunehmende Bedeutung von nachhaltigem Design in Verbindung mit strengeren Vorschriften zwingt die Unternehmen zu Innovationen im Bereich umweltfreundlicher Produkte und Prozesse. Wir sehen große Chancen in der Entwicklung neuer Materialien und Technologien, die die Umweltbelastung reduzieren und gleichzeitig die Nachfrage der Verbraucher nach stilvollen und qualitativ hochwertigen Teppichen erfüllen. Die Teilnahme an Messen wie der Heimtextil und den Flanders Flooring Days ist da ein persönliches Highlight. Auf diesen Veranstaltungen können wir unsere neuesten Entwicklungen vorstellen und erhalten direktes Feedback von unseren Kunden, was für unser Streben nach ständiger Verbesserung und Innovation von unschätzbarem Wert ist."
Annelies Bouckaert blickt stolz zurück: "Ein Highlight war es, einen großen Teil unserer Produktion trotz der Kostenherausforderungen in Belgien aufrechtzuerhalten und weiterhin Marktführer und Trendsetter in der Teppichindustrie zu bleiben. Geglückt ist die Zusammenlegung unserer beiden Ausstellungsräume in die Location Studio B und der Bezug neuer Büros in Sint-Baafs-Vijve."
aus
Carpet! 04/24
(Teppiche)