Digital unterwegs und kaufkräftig

Babyboomer sind Motor des Konsums

Über die Gen Z, ihren Umgang mit den sozialen Medien und ihr Konsumverhalten wird viel diskutiert. Doch wie beeinflusst die Digitalisierung das Kaufverhalten und die Mediennutzung der "Babyboomer", die aktuell ein Viertel der deutschen Bevölkerung ausmachen? Eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland zeigt: Die geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1946 und 1964 wissen die Vorzüge von digitalen Technologien absolut zu schätzen.

Für eine repräsentative Umfrage hat PwC Deutschland 1.000 Menschen im Alter zwischen 55 und 75 Jahren zu ihrem Umgang mit digitalen Technologien befragt. Die Ergebnisse zeichnen ein modernes und aufgeschlossenes Bild der Generation. So sind mittlerweile fast alle Babyboomer in Deutschland (94 Prozent) mit einem Smartphone ausgestattet. Genutzt wird das Gerät am häufigsten zur Kommunikation - etwa zum Telefonieren oder Nachrichten schreiben. Die Mehrheit ist damit auch regelmäßig auf Social-Media-Plattformen unterwegs. Insgesamt ist WhatsApp (78 Prozent) die beliebteste Plattform; Facebook und YouTube nutzt jeder Zweite. "Menschen ab 55 Jahren sind eine hochrelevante Zielgruppe, deren Kaufkraft den Motor des privaten Konsums in Deutschland maßgeblich antreibt", sagt Dr. Christian Wulff, Consumer Markets Leader, PwC Deutschland und EMEA. "In Sachen Mediennutzung und Onlineshopping gibt es durchaus Parallelen zu jüngeren Altersgruppen. Unternehmen sollten dies in ihrer Kommunikation und Werbung berücksichtigen."

Aktive Shopper
mit hoher Kaufkraft

Genau wie der Durchschnitt der deutschen Verbraucher kaufen auch die 55- bis 75-Jährigen am häufigsten im stationären Handel ein. Rund 80 Prozent gehen für Besorgungen mindestens wöchentlich in ein Geschäft. 62 Prozent shoppen aber auch ein- oder mehrmals im Monat online.

Beim Konsum legen die Babyboomer vor allem Wert auf Qualität und Preis (86 bzw. 84 Prozent). Wichtig ist ihnen zudem die Verlässlichkeit und Sicherheit der Produkte (43 Prozent). Aber auch nachhaltige Kriterien haben Einfluss auf die Kaufentscheidung: 60 Prozent geben an, bewusst regionale Produkte zu kaufen. Bei den 71- bis 75-Jährigen sind es sogar 70 Prozent.

Die finanzielle Stabilität ist hierbei ein wichtiger Faktor. Haushalte mit Personen von 55 Jahren oder älter tätigen mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller privaten Konsumausgaben. Und während die größte aktuelle Sorge von Personen zwischen 18 und 54 Jahren die eigene finanzielle Situation ist, blicken die 55- bis 75-Jährigen zunächst sorgenvoll auf geopolitische Konflikte, anhaltende Inflation, eigene Gesundheit und Naturkatastrophen. Erst darauf folgen Bedenken zu den persönlichen Finanzen.

Boomer bleiben
ihren Lieblingsmarken treu

Menschen ab 55 bleiben Marken besonders treu: So geben 87 Prozent an, häufig dieselben Marken zu kaufen, da sie dann wissen, was sie erwarten können. "Händler und Hersteller sollten gezielt herausstellen, wofür ihre Marke steht, und diese Identität mit hoher Produktqualität und passenden Services stärken", rät Dr. Christian Wulff. "Treue zu Marken und Unternehmen wird teils über Generationen weitervermittelt, wenn ein Vertrauensverhältnis besteht. Speziell auf Ältere zugeschnittene Produkte sind dabei übrigens nicht notwendig: Nur jeder Fünfte bevorzugt solche Marken."

Datenschutz
wird großgeschrieben

Babyboomer sind sich bewusst, dass mit der zunehmenden Digitalisierung die Bedeutung der - persönlichen - Daten wächst und fast jedem ist der Schutz seiner Daten wichtig (96 Prozent). Daher geben die meisten auch nur so viele Informationen preis wie notwendig (90 Prozent). Für persönliche Angebote oder Rabatte würden nur vier von zehn der 55- bis 75-Jährigen auch mehr Daten teilen. Dr. Wulff: "Beim Thema Datenschutz ist es wichtig, diesen nicht nur sicherzustellen, sondern auch klar zu kommunizieren, was mit den Daten passiert. Denn ein besseres Verständnis über die Vorteile der datenschutzkonformen Nutzung persönlicher Daten kann die Bereitschaft erhöhen, Daten zu teilen."

Traditionelle Medien
sind Alltagsbegleiter

Bei der Mediennutzung zeigen sich dagegen deutliche Unterschiede zwischen den Babyboomern und jüngeren Generationen: Insbesondere traditionelle Medien wie das lineare Fernsehen und Radio gehören bei den älteren Konsumenten zum täglichen Zeitvertreib dazu. So geben rund neun von zehn Befragten an, dass sie regelmäßig fernsehen und Radio hören. Etwa die Hälfte der 55- bis 75-Jährigen greift mindestens einmal die Woche zu einer gedruckten Zeitung oder Zeitschrift. "Am meisten Zeit verbringt die Generation täglich mit dem traditionellen Fernsehen und auch das klassische Radio wird gern gehört. Obwohl diese Medien bevorzugt werden, nutzt die ältere Konsumentengruppe inzwischen auch Streaming-Dienste. Bei Zeitungen und Zeitschriften sind Druckexemplare bei den Babyboomern ebenfalls deutlich beliebter als digitale Ausgaben", erklärt Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC Deutschland.

Digitalisierung
mehr Segen als Fluch

Insgesamt wissen die 55- bis 75-Jährigen die Vorzüge der Digitalisierung und neuer Technologien durchaus zu schätzen: Mit 44 Prozent gibt fast jeder Zweite an, dass die Digitalisierung ihnen das Leben erleichtert. Nur 12 Prozent empfinden das Gegenteil. Als größten Vorteil nennen die Befragten, dass sie Dinge dank digitaler Lösungen schneller erledigen können (71 Prozent), etwa bei der Nutzung von Onlinebanking und Onlineshopping.

Aber sie sehen auch Nachteile: 29 Prozent sorgen sich, dass die neuen Technologien auf Kosten persönlicher Begegnungen gehen. Jeder Vierte befürchtet, dass die ständige Erreichbarkeit und Informationsflut sie überwältigen könnte.

Die Mehrheit nutzt jedoch die Technologie für kontaktloses Zahlen (62 Prozent) und für biometrische Authentifizierung (52 Prozent) - oder interessiert sich zumindest dafür. Experte Werner Ballhaus rät Unternehmen, ältere Verbraucher durch einen leichteren Zugang und ein Stück mehr Hilfestellung für neue Technologien zu begeistern: "Wenn Unternehmen neue digitale Angebote schaffen, sollten sie die reifere Zielgruppe berücksichtigen. Dazu zählt vor allem, ihr Interesse an neuen Technologien zu wecken, aber auch Unterstützung in der Nutzung oder Ansprechpartner bereitzustellen. Mit der Reifung der Technologien dürften auch Interesse und Akzeptanz steigen. Umgekehrt formuliert: Die ältere Generation befürchtet nicht, digital abgehängt zu werden."
Babyboomer sind Motor des Konsums
Foto/Grafik: IStock
Babyboomer sind Motor des Konsums
aus Haustex 09/24 (Handel)