Sanierung von Bestandsbodenbelägen mit Kunstharzbeschichtungen
Überbeschichten statt Belagsaustausch
Bodenbeläge im Bestand sind oftmals schwer und aufwendig zu sanieren. Neben optischen Gründen von in die Jahre gekommenen Belägen, spielen auch technische Anforderungen sowie Zeit und Kosten eine wichtige Rolle. Eine probate Möglichkeit besteht darin, Altuntergründe mit Reaktionsharz-Versiegelungen und -Belägen zu erneuern. Die Anforderungen sowie auch die Möglichkeiten zur Sanierung erklärt ArturKehrle, Geschäftsführer von KLB Kötztal, im nachfolgenden Fachbeitrag.Nicht alle Bodenbeläge sind nach einer Sanierungsperiode von 20 Jahren bereits komplett am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. Oftmals sind Beläge im Bestand in ihrer Funktion weitestgehend erhalten und können repariert bzw. saniert oder neu beschichtet werden. Der bauliche Eingriff ist bei einer Überbeschichtung weitaus geringer als eine Neuverlegung eines Belages. Deshalb werden Beläge im Bestand - vor allem in der Industrie - überbeschichtet. Dies kann durchaus als Beitrag zur Nachhaltigkeit gesehen werden.
Die Vorteile einer Überbeschichtung machen sich bei Zeit- und Kostenfaktoren bemerkbar: Sie spart Kosten und der Materialverbrauch ist gering. So werden Arbeitsschritte reduziert und auf Zeit gesehen auch Entsorgungskosten eingespart. Ein Anlagenabbau und Freiräumen der Flächen wird vermieden und letztendlich die Nutzungsdauer des Belags verlängert.
Breites Eigenschaftenprofil
für vielfältige Nutzung
Reaktionsharz-Beschichtungen sind der ideale Werkstoff zur Überarbeitung von Bestandsbodenbelägen: Reaktionsharz kann fugenlos verlegt werden, soweit nicht Gebäudefugen berücksichtigt werden müssen. Reaktionsharze können mit einem breiten Eigenschaftsprofil ausgestattet werden und haben somit ein vielfältiges Anwendungsspektrum für die geplante Nutzung. Für eine Belagserneuerung sind flüssig eingebrachte Beschichtungen (Belag und Klebstoffe in einem) ideal.
Die Haftung auf den verschiedenen Untergründen kann durch die Formulierung der Beschichtungsstoffe optimal eingestellt werden. Reaktionsharz-Beschichtungen können wirtschaftlich und schnell verlegt werden - auch auf großen Flächen. Die Härtungsgeschwindigkeiten der Harze können eingestellt werden. Somit können in kurzen Abständen mehrere Schichten aufgetragen werden. Eine schnelle Härtung lässt eine frühzeitige Verlegung nach der Nutzung zu. Dabei können Beschichtungen mit einer geringen Schichtdicke, von 1 bis 10 mm, aufgebracht werden.
Auf zahlreichen
Bestandsböden anwendbar
Reaktionsharz-Beschichtungen können auf verschiedenen Bestandsuntergründen aufgetragen werden. Dabei kann die Beschichtung von Magnesia-Estrichen bereits als "Klassiker" bezeichnet werden. Bei alten Reaktionsharz-Beschichtungen ist die Erneuerung durch zusätzliche Schichten ein Standard. In der Sanierung werden auch keramische Beläge, Natur- und Betonwerkstein mit Beschichtungen versehen. Immer häufiger werden auch Oberbeläge, wie zum Beispiel PVC-, Gummi-Beläge und Linoleum zur Verlängerung der Nutzung mit Versiegelungen in einer Schichtdicke von 0,2 bis 0,3 mm versehen.
Achtung: Beschichtungen auf Altbelägen sind Sonderlösungen, die mit dem Kunden in jedem Falle vereinbart werden müssen. Es empfiehlt sich, die entsprechenden Arbeitsschritte aufzuzeigen und zu vereinbaren. Werden Überbeschichtungen ausgeführt, so stellt sich letztlich die Frage, ob dies, abweichend davon, dass es keine Standardbauweise ist, baurechtlich konform ist. Konform ist es dann, wenn es für die spätere Nutzung passend und geeignet ist und dabei die allgemeinen Anforderungen erfüllt sind. Eine Anforderung kann zum Beispiel die Rutschhemmung sein. Dies ist keine Frage der Überbeschichtung, sondern vielmehr eine Frage der Ausbildung der Oberfläche. Mit Beschichtungen ist es möglich, nahezu jede Rutschhemmstufe auszubilden.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Festigkeit der Oberfläche, die Nutzbarkeit der Oberfläche, die Chemikalienbeständigkeit und anderes mehr, im Wesentlichen Eigenschaften der neuen Nutzschicht sind. Diese hängen von der Art des Materials ab und natürlich von einem optimalen Verbund im System. Ein wichtiger Punkt ist die baurechtliche Anforderung gemäß Brandschutz. Hier sollte man für jeden Anwendungsbereich ein geeignetes Beschichtungsmaterial einsetzen, damit die Brandschutzklassen eingehalten werden können. Epoxidharz- und Polyurethan-Beläge sind je nach Zusammensetzung in die Klassen Bfl-s1oder Cfl-s1eingestuft. Aus verschiedenen Prüfungen ist bekannt, dass zweilagige Beläge die Brandeigenschaften nicht oder nur unwesentlich verändern, sofern diese fest miteinander verbunden sind. Damit ist in den meisten Bereichen eine Überbeschichtung möglich. Bei einem geklebten Altbelag, der mit einem dreilagigen Versiegelungssystem versehen worden war, konnte ebenfalls noch die Schwerentflammbarkeit erprüft werden.
Auf emissionsarme
Produkte setzen
Baurechtlich zu betrachten wäre noch, ob in einem Aufenthaltsraum durch das Aufbringen einer zusätzlichen, emissionsarmen Beschichtung eine Veränderung der Emissionen eintritt. Diese Frage ist theoretisch und setzt voraus, dass bereits der alte Bestandsboden emissionsarm ist. Sofern der alte Boden emissionsarm ist, werden durch eine weitere Schicht keine neuen zusätzlichen Emissionen aufgesetzt. Insofern ist das möglich. Bei allen anderen Belägen in gewerblichen und industriellen Bereichen gelten die Arbeitsschutzgesetze, welche bei Chemikalien die Einhaltung der maximalen Arbeitsplatz-Konzentrationen vorsehen. Für diese Bereiche kann festgestellt werden, dass moderne Beschichtungen weit unter diesen Grenzwerten liegen.
Dies soll aufzeigen, dass durch den Einsatz lösungsmittelfreier und emissionsarmer Produkte auch in Bereichen der Überbeschichtung eine Überschreitung der erforderlichen Grenzwerte sehr unwahrscheinlich sind. Es ist darauf hinzuweisen, dass jeder Fall neu zu bewerten ist und dieser einzeln geprüft werden muss. In Aufenthaltsräumen ist zu klären, ob bereits emissionsarme Produkte eingesetzt worden sind. Sofern dies nicht der Fall ist, ist genau abzuwägen, ob eine Überbeschichtung der richtige Weg ist.
Der Autor
Der 67-jährige Artur Kehrle ist Geschäftsführer des Beschichtungsherstellers KLB Kötztal. Gemeinsam mit seinem Bruder Erwin gründete er das Unternehmen aus dem bayerisch-schwäbischen Ichenhausen im Jahr 1995. Der Chemieingenieur leitet es heute gemeinsam mit seinen Söhnen Patrick und Dr. Julian Kehrle, die zum Jahresbeginn 2024 in die Geschäftsführung berufen wurden. Artur Kehrle tritt auch als Referent von Fachvorträgen in Erscheinung, etwa auf den Sachverständigentreffen des Bundesverbands Estrich und Belag (BEB).
aus
FussbodenTechnik 06/24
(Handwerk)