Keine Abdichtungsebene in Restaurantküche
Kompletter Fußbodenaufbau durch Abwasser hinterlaufen
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine fehlende Abdichtungsebene in einer Restaurantküche. Die Folge: Brauchwasser lief in den Fußbodenaufbau.Im Rahmen eines Hotelumbaus ließ der Eigentümer Fußbodenaufbauten in verschiedenen Räumen zurückbauen. Die Fußböden mussten für eine andere Nutzung neu hergestellt werden. In der Restaurantküche hingegen sollte der bisherige Fußbodenaufbau aus den 1990er-Jahren verbleiben. Geplant war lediglich das Streichen der Küchenwände durch einen Maler.
Doch es kam anders: Beim Abbruch des Fußbodens in einem Backoffice-Raum, der an die Küche angrenzt, bemerkten die Handwerker durch Zufall austretendes Wasser unter der Türschwelle zur Restaurantküche. Dieses konnten sie sich nicht erklären. Daraufhin stoppte die bauüberwachende Architektin die Arbeiten und rief den Sachverständigen hinzu, um die Ursache zu ermitteln.
Schaden
Austretendes Wasser
und durchfeuchtete Wände
Aus dem Fußbodenaufbau der Restaurantküche trat Wasser aus und lief in die angrenzenden Räume. Am Übergang zwischen den Böden war ein orangefarbener Entkopplungsstreifen sichtbar, aber keine Abdichtungsebene vorhanden.
In der Restaurantküche zeigten sich die Sockelfliesen und der zementäre Fugenmörtel gerissen. Sie wiesen Spuren von eingedrungener Feuchtigkeit auf. Die Feuchtigkeit hatte die Sockelfliesen hinterlaufen und dunkel verfärbt. Der zementäre Fugenmörtel war partiell in den Fugen nicht mehr vorhanden, zerstört und bröselig. Zur Ermittlung der Schadenursachen wurden Bauteilöffnungen vorgenommen und die Fußbodenkonstruktion bis zur Bodenplatte freigelegt. Die Bauteilöffnungen brachten folgende Erkenntnisse:
Bauteilöffnung 1: Vor der Schiebetür wurde der Boden geöffnet. Feststellbar waren ein übler Geruch und ein Entkopplungstreifen, der auf den Zementestrich aufgeklebt war. Die Abschlussschiene befand sich auf dem Streifen. Eine Abdichtungsebene oder eine Verbundabdichtung war nicht vorhanden. Feuchtemessungen ergaben, dass der Estrich nass war. Gemessen wurden bis zu 145 Einheiten, die Messgeräteskala reichte bis zu 200 Einheiten.
Bauteilöffnung 2: Die Wand- und Bodenflächen waren vollständig durchfeuchtet. Eine Abdichtungsebene war nicht feststellbar. Zwischen Wand und Boden befand sich ein graues Dichtungsband, das mit Fliesenkleber überarbeitet war. Eine Abdichtungsebene oberhalb des Dichtungsbandes war ebenfalls nicht vorhanden.
An sämtlichen Durchdringungen und Küchenabläufen gab es keine funktionstüchtige Abdichtungsebene. Die Schadenursachen konnten anhand der durchgeführten Begutachtung und der Bauteilöffnungen eindeutig ermittelt werden.
Ursachen
Fehlende Abdichtungsebene
Am Küchenboden waren bei dem Sachverständigen-Termin folgende Ausführungsfehler feststellbar:
1.Eine Verbundabdichtung zur Verhinderung des Wassereintrages in den Estrich war nicht vorhanden.
2.Es ist davon auszugehen, dass ein kapillarbrechender Verguss mit Reaktionsharz an und unter den Rinnenflanschen nicht vorhanden war.
3.Es ist weiterhin davon auszugehen, dass die Rinnen von Brauchwasser hinterlaufen wurden, nicht hohlraumfrei hinterfüllt und nicht ausreichend gegen thermische Beanspruchung fixiert worden waren.
4.Der Estrich und die angrenzenden Wände wurden vollständig durchfeuchtet, weil keine Abdichtungsebene vorhanden war, sondern lediglich ein Dichtband zwischen Wand und Boden.
5.Die Rinnenanschlussfugen (Wartungsfugen) wurde nicht ordnungsgemäß hergestellt und nicht dicht an die Rinnenkörper angeschlossen.
Die festgestellte partielle Auflösung des Fugenmörtels ist auf eine nutzungsbedingte Reinigung und Beaufschlagung des Bodens mit einem falschen, aggressiven Reinigungsmittel (evtl. in zu hoher Konzentration) zurückzuführen. Der verwendete Reiniger enthält Natriumhypochlorit und greift unverdünnt den zementären Fugenmörtel an. Bei einer Beaufschlagung des Fugenmörtels mit chlorhaltigen Stoffen kommt es an der Oberfläche zur Bildung von Calciumchlorid. Dies ist ein farbloses Salz, das hygroskopisch ist (bindet Feuchtigkeit aus der Umgebung) und durch den Kristallisationsdruck der Salzausdehnung zur Zerstörung des zementären Mörtelgefüges führt.
Verantwortlichkeit
Planer & Verleger schuld,
aber Anspruch verjährt
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden: Der gesamte Küchenboden musste abgebrochen und vollständig neu hergestellt werden, weil er Jahrzehnte lang durch aggressive Stoffe beansprucht worden war. Die Schadenursachen gehen aus technischer Sicht zu gleichen Anteilen auf das Konto des damaligen Objektplaners und des Verlegers des Küchenbodens.
Die benutzten aggressiven Stoffe verdunsten in der Regel nicht mit, was zu einer Konzentration dieser Stoffe unterhalb des Belages führt. Es bildet sich ein chemisch aggressiver und hygienisch bedenklicher Cocktail, der zu Schädigungen am Estrich und an der Bodenplatte führen kann. Die Folge sind dann Undichtigkeiten und Belagsablösungen im Anschluss an die Ablaufbauteile.
Nach heutigen Erkenntnissen kann auf die zweite Abdichtungsebene verzichtet werden, wenn der Estrich im Verbund hergestellt wird und eine flüssigkeitsdichte Verbundabdichtung unter dem Reaktionsharzbelag zur Ausführung kommt. Für den vorliegenden Fall empfahl der Sachverständige, eine Abdichtungsebene auf der Betonrohdecke herzustellen, da diese zum Schutz der Bodenplatte und der angrenzenden Räume dient.
Zum Weiterbetrieb der Restaurantküche war eine Interimsküche in einem Küchen- und Containerzelt erforderlich. Die Sanierungskosten beliefen sich auf mehr als 150.000 EUR. Aufgrund des hohen Alters der Küche (Anfang 1990er-Jahre) konnten gegenüber den Verursachern keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden. Der Bauherr blieb auf den Zusatzkosten für die Küchensanierung sitzen.
Der Autor
Jens Schade ist von der Industrie- und Handelskammer Ostthüringen zu Gera öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Schäden an Gebäuden.
Baugutachter Dipl.-Ing. Jens Schade
Am Vogelherd 10 98693 Ilmenau
Tel.: 03677/6899706 Mobil: 0175/7218849
jens.schade@baugutachter-website.de
www.baugutachter-website.de
aus
FussbodenTechnik 06/24
(Handwerk)