VFG: Interview mit Geschäftsführer Uwe Bergmann und Prokurist Dirk Vossen

"Makler zwischen den Interessen des Handels und der Industrie"

Für die VFG (Verbund Farbe und Gestaltung GmbH) war 2006 das Jahr der Positionsbestimmung mit dem Ergebnis, die Zukunft - ganz im Sinne der Gründerväter - als herstellerunabhängige Einkaufs-Kooperation gestalten zu wollen. "Bei der Konstellation der Branche mit den Blöcken Akzo, Caparol und Mega möchten wir freien Firmen eine Basis bieten, um so die vierte Kraft im Markt darzustellen", erläuterte VFG-Geschäftsführer Uwe Bergmann in einem Gespräch mit der Redaktion BTH Heimtex. Gemeinsam mit Prokurist Dirk Vossen schilderte Bergmann die künftige Marktstrategie und Verbandspolitik des europaweit führenden Einkaufsverbundes des Farbengroßhandels.

BTH Heimtex: Herr Bergmann, was haben Sie als erstes getan, als Sie im September 2006 Ihre Tätigkeit als VFG-Geschäftsführer aufnahmen?

Bergmann: Um alles über die Strukturen der VFG sowie die Rechte und Pflichten der Mitglieder zu erfahren, habe ich zunächst den Gesellschaftervertrag gelesen. Als nächstes habe ich mir einen Überblick über die Marktsituation, den Handel, die Lieferanten und unsere Möglichkeiten verschafft.

In einem ersten Schritt hat dies zu einer Neupositionierung der VFG geführt, die in einer Vielzahl von Lieferantengesprächen auch kommuniziert wurde. Wir verstehen unsere Rolle als Makler zwischen den Interessen des Handels und der Industrie, also zwischen den Wünschen unserer Mitglieder und denen der Lieferanten. Denn nur wenn wir das Unternehmen Zukunft gemeinsam angehen, können wir gemeinsam profitieren - und so mit intelligenten und konsequenten Lösungen eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten schaffen.

In dieser Rolle zeichnet uns - im Gegensatz zu den herstellergeführten Organisationen - unsere Unabhängigkeit aus. Dadurch haben wir die Freiheit, die besten Anbieter und die besten Offerten auszuwählen, um unseren Mitgliedern das beste Angebot machen zu können. Diese Freiheit ermöglicht es uns, unabhängig von Konzernentscheidungen dem Handwerk ein komplettes Spektrum an Profi-Produkten anzubieten.

BTH Heimtex: Wie haben Ihre Gesellschafter auf diese Neuausrichtung reagiert?

Bergmann: Die unabhängigen Gesellschafter der VFG haben diese Neupositionierung auf unserer Gesellschafterversammlung Mitte Juni sehr positiv aufgenommen und als sinnvoll erachtet. Eine Firmengruppe ist allerdings bereits vorher ausgetreten, weil diese Neuorientierung nicht in ihrem Sinne war.

BTH Heimtex: Eine wichtige Branchenpersönlichkeit hat einmal den Begriff "Häkofa" geprägt. Das sind Großhändler mit dem Schwerpunkt Farbe, die zum Beispiel von Caparol oder Akzo gekauft wurden, um Marktanteile zu sichern. Wie beurteilen Sie diese Tendenzen?

Vossen: Für mich sind das werdende Kofas. Ein klares Indiz dafür ist die Sortimentspolitik: Der Kern des Angebots besteht aus einer Marke, während sich der freie Farbengroßhandel mit einer Vielzahl an Lieferanten profiliert. Die VFG hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem Großhandel ein ganzes Menü an Marken zu bieten, aus dem er Bestandteile wählen kann, die auf seinen regionalen Markt zugeschnitten sind.

BTH Heimtex: Will die VFG einen Gegenpol zu Industrieunternehmen bilden, die im Großhandel Aktivitäten entfalten?

Bergmann: Diese Intention gibt es nicht. Was wir wollen, ist ein freier Wettbewerb und Zustände wie in Holland vermeiden, wo sich zwei Anbieter 85% des Marktes teilen.

BTH Heimtex: Mit wie vielen Verkaufspunkten ist VFG in Deutschland vertreten?

Vossen: Es gibt 45 Mitgliedsunternehmen, die in Deutschland flächendeckend über 180 Verkaufsstellen verfügen; dazu kommen noch weitere Großhändler im Ausland.

BTH Heimtex: Um als starke Einkaufskooperation wahrgenommen zu werden, ist eine aktive Mitglieder-Akquise unumgänglich. Wie schätzen Sie das Potenzial der Großhändler ein, die nicht organisiert sind?

Bergmann: In Zahlen lässt sich das schwer fassen. Aber es sind noch genügend da, die Interesse haben und es für sinnvoll erachten, einem solchen Verbund anzugehören. Auch auf diesem Sektor kommen wir gut voran. Zurzeit stehen wir mit mehreren Firmen in Verhandlung und werden definitiv zum 1.1.2008 neue Mitglieder haben.

BTH Heimtex: Die voranschreitenden Konzentrationsprozesse in der Farbenbranche dürften ein wichtiges Argument für eine Mitgliedschaft in der VFG sein?

Bergmann: In Gesprächen wurde immer wieder deutlich, dass freie Farbengroßhändler von der VFG erwarten, herstellerunabhängig zu agieren. Bei der Konstellation der Branche mit den Blöcken Akzo, Caparol und Mega wollen wir ungebundenen Grossisten eine Basis bieten, um so die vierte Kraft im Markt darzustellen. Diesen Standpunkt haben wir unseren Lieferanten erläutert und erhielten ein exzellentes Feedback. Dazu muss man wissen, dass vergangenen Herbst eine Reihe von Herstellern ihre Verträge mit der VFG gekündigt hatten, da man uns tendenziell in eine bestimmte Richtung festgelegt hatte und in einer Zusammenarbeit mit uns keine Perspektive sah. Inzwischen verzeichnen wir weitere Lieferantenverträge.

BTH Heimtex: Wie wichtig ist die Eigenmarke Setta?

Vossen: Wir vermeiden die Bezeichnung Eigenmarke, um keine Assoziationen in Richtung Discount zu erzeugen. Setta-Produkte gibt es zu einem guten Preis, aber sie sind nicht billig. Natürlich sind wir daran interessiert, unsere Marke auszubauen, was jedoch nur in einem partnerschaftlichen Verhältnis zu unseren Lieferanten möglich ist - auch deren Marken müssen adäquat vertreten sein.

BTH Heimtex: Ist die VFG für alle Hersteller offen?

Vossen: Grundsätzlich steht die VFG allen Herstellern offen, aber es wird sehr genau abgewogen, wer den Mitgliedern das beste Paket anbietet. Da gibt es Firmen, deren Marke wir beziehen und die Abfüller für Setta sind. Manche Lieferanten gehen sogar so weit, dass ihr Außendienst, wenn er mit der eigenen Marke nicht weiterkommt, auf Setta umschwenkt. Andere befüllen zwar Setta, tun aber sonst nichts für das Label. Wie an der Umsatzentwicklung deutlich wird, fahren diejenigen weitaus besser, die partnerschaftlich handeln und eine Zweimarkenstrategie praktizieren, als jene, die nur aufs eigene Pferd setzen. Wir haben es heute mit einer ganz anderen Generation von Eigenmarken zu tun als noch vor 15 Jahren. Ein gewisser Grad an Servicebereitschaft auf Seiten der Industrie muss inzwischen gegeben sein.

BTH Heimtex: Sehen Sie für Setta noch Chancen für weiteres Wachstum?

Vossen: Auf jeden Fall. Erst kürzlich haben wir ein Vertragswerk erstellt, das es ermöglicht, die Verbandsmarke nicht nur Mitgliedern zur Verfügung zu stellen, sondern verstärkt in den Markt zu gehen und auch andere Handelsstrukturen anzusprechen. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn in bestimmten Regionen das Potenzial von Setta unzureichend ausgeschöpft wird. Ziel dieser Variabilität ist natürlich, mehr Umsatz zu generieren.

BTH Heimtex: Wie viele Produkte umfasst das Sortiment?

Vossen: Mit zirka 200 Produkten haben wir den Anspruch, Vollsortimenter zu sein. Das Programm vereint quasi die Kernkompetenzen führender Industrieunternehmen, die Setta-Befüller sind.

BTH Heimtex: Wir haben bisher nur über Farbe gesprochen. Wie ist es bei der VFG mit Bodenbelägen bestellt?

Bergmann: Hier besteht Handlungsbedarf, ebenso für Tapete. Zunächst sind wir aber noch mit Farbenthemen und internen Maßnahmen beschäftigt. Wenn sich unsere Mitglieder in Einkaufskooperationen mit dem Schwerpunkt Boden engagieren, haben wir damit überhaupt kein Problem - unser Kerngeschäft ist derzeit Farbe. In Zukunft müssen wir jedoch darüber nachdenken, ob gegebenenfalls die Zusammenarbeit mit Kooperationen, die andere Schwerpunkte haben, Sinn macht.
aus BTH Heimtex 10/07 (Wirtschaft)