Lausitzer Oberflächentage
Fachliches von Sichtbeton bis zu gefärbtem Parkett
Drei Tage Handwerkertreffen mit zahlreichen Fachvorträgen - das waren die Lausitzer Oberflächentage Mitte September im Hause des Schleifmaschinenbauers FG Floortec. Fast schon eine Traditionsveranstaltung, initiiert und organisiert vom geschäftsführenden FG-Gesellschafter Friedrich Kirchner und Andreas Colléte, gesponsert von 18 Ausstellern der Industrie.Wer zeitig angereist war, stieg in einen von Woca gemieteten historischen Ifa-Bus und ließ sich in das Bielatal kutschieren, wo 239 bizarre Felsformen das größte Klettergebiet der Sächsischen Schweiz umfassen. Eine Kurzwanderung führte zur Kaiser Wilhelm Feste, einem 1880 errichteten Aussichtspunkt. Gut, wer auf dem Rückweg zum Bus einen Schirm dabei hatte. Apropos, feucht und fröhlich wurde es auch an den beiden folgenden Abenden, die unter dem Motto Oktoberfest standen. Rund 95 Teilnehmer waren aber nicht nur für Leberkäs und Maßbier gekommen, sondern wollten Informationen zu ihrem Gewerk. Etwa zu fugenlosen Oberflächenbeschichtungen.
Fugenlose Oberflächenbeschichtungen
Welche Oberfläche ist fugenlos? Ein Teppich vielleicht, möglicherweise der marrokanische Kalkglanzputz Tadelakt, Terrazzo wahrscheinlich, Sichtbeton und Sichtspachtelmasse auf jeden Fall. Um dieses Geschäftsfeld abzudecken, hat Verlegwerkstoffhersteller Bostik ein darauf spezialisiertes italienisches Unternehmen gekauft. Mit dem, was am deutschen Markt sonst als fugenlos angeboten wird, hat Wilhelm Volkmann, Parkettlegermeister und Leiter der Bostik-Anwendungstechnik so seine Schwierigkeiten: "Es gibt zu der Verlegung dieser Böden keine Normen und keinen Stand der Technik." Und den Sinn vollkommener Fugenlosigkeit kann der Fachmann auch nicht erkennen: "Eine Trennfuge ist deckungsgleich im Oberbelag zu übernehmen. Und im Anstoß zwischen Boden und Wand bleibt letztlich immer eine Fuge."
Was folgt aus der Skepsis? "Der Kunde hat eine hohe Erwartung an das Design. Man sollte ausführlich mit ihm sprechen und bei dem Material im System bleiben. Dann kann man damit Geld verdienen." Weil eine beachtliche Anfälligkeit für Reklamationen gezeigt hat, dass gelungene Sichtspachtelböden nicht einfach zu installieren sind, gibt Bostik sein System nur an Handwerker ab, die bewiesen haben, dass sie es können.
Zementäre Oberflächen versiegeln
"Die Oberflächenbehandlung von Sichtestrich ist bisher normativ nicht erfasst", sagt Dr. David Reindl, Laborleiter bei Dr. Schutz/Eukula. Man sei auf Merkblätter der Verbände angewiesen. Die gute Nachricht: Eine DIN 18560-8 ist in Vorbereitung.
Für Dr. Reindl geht es nicht um Imprägnierungen, also Silane, Epoxies, Öle, Harze, Wachse oder Steinseife, die alle in den Sichtestrich eindringen. Es geht nur um Beschichtungen, nämlich das, was oben drauf kommt. Und dazu muss der Sichtestrich oder die Sichtspachtelmasse vor allem ausreichende Oberflächenfestigkeit aufweisen. Flügelgeglätteter Beton erzeugt Schlämme. Zementgebundene Böden stauben leicht. Da gibt es keine Haftung mit dem Lack. "Was funktioniert, sind mit Harz vergütete Design-Estriche, die in mehreren Schritten geflügelt werden." Und wenn geschliffen wird? Dr. Reindl: "Dann nur mit metallgebundenen Diamanten, mit nichts anderem. Der Untergrund darf nicht zu fein geschliffen und keinesfalls poliert werden." So vorbereitet, kann der Estrich mit einer geeigneten Grundierung und dann mit einem Dispersionslack beschichtet werden. Das Wasser verdunstet, der Kunststofffilm bleibt ohne Anfeuerung zurück. Die Schichtdicke sollte der einer Parkettlackierung entsprechen. Spätere Kratzer lassen sich mit einem Pflegemittel wie Acrylatpolish wieder schließen.
Designbelag in Arztpraxen
und Krankenhäusern
Der Trend geht zum Designbelag. Allerorten sieht man diese Böden in Arztpraxen und anderen hygienisch sensiblen Bereichen. Der Bodensachverständige Thomas Allmendinger beäugt das kritisch: "In Behandlungsräumen dürfte ein solcher Boden eigentlich nicht verlegt werden. Ich wäre hier sehr vorsichtig, selbst wenn die Oberfläche noch zusätzlich versiegelt wird." Der Grund sind die Hygiene- und Reinigungsvorschriften des Bundesgesundheitsamtes. Sie schreiben zwar keine bestimmten Böden vor, jedoch die nasse und intensive Reinigung mit Chemikalien. Das schließt Parkett und, laut Allmendinger, weitgehend auch Designbeläge aus. Was sich eher eignet, ist PVC-Bahnenware, die verfugt werden kann.
Vor dem Renovieren prüfen
und dokumentieren
Einfach mal ein altes Parkett schleifen und renovieren? Das kann seine Tücken haben, weiß Parkettlegermeister Andreas Riedel und rät dazu, die zu bearbeitende Fläche vorab gründlich zu prüfen. "Wenn der Boden knirscht, Fugen verfärbt sind, lose Stäbchen Probleme mit der Untergrundverklebung befürchten lassen oder sich Ablösungen bei Decklamellen zeigen, hat der Handwerker eine Hinweispflicht und muss gegebenenfalls Bedenken anmelden." Das Fachbuch für Parkettleger gibt bezüglich des Schleifens alter Holzböden noch eine ganze Reihe weiterer Prüfaufgaben vor, darunter: War der Boden geölt oder lackiert, reicht die Dicke überhaupt aus, sind Haustiere und ihre Hinterlassenschaften vorhanden?
Selbst wenn der Handwerker im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht alles untersucht hat, was ihm als Fachmann auffallen könnte, sollte er noch nicht die Schleifmaschine anwerfen. Erst das Smartphone zücken und den Ist-Zustand mit Bildern dokumentieren - insbesondere die kritischen Stellen.
Und weil das Schleifen alter Parkettböden Dinge an die Oberfläche bringen könnte, die vorher nicht zu sehen waren, ist es clever, bereits im Angebot darauf hinzuweisen, dass beispielsweise Reinigungsmittel oder Streusalz in Fugen geraten sein könnte und nach der Lackierung sichtbar zu Tage treten würden. Selbst den Hinweis auf einen gegebenenfalls eintretenden Totalschaden des Fußbodens würde Andreas Riedel seinen Renovierungs-Kunden zumuten. "Durch Bedenkenanmeldung Haftung ausschließen, Risiken nicht allein tragen, Lieferanten ins Boot holen, fotografieren und dokumentieren", so lautet seine Vorgehensweise. Bleibt schließlich noch der Verweis auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Oldenburg aus 2020: "Der Werkunternehmer wird von der Mängelhaftung frei, wenn er bei gebotener Prüfung die Fehlerhaftigkeit bzw. Ungeeignetheit einer Leistungsbeschreibung, einer verbindlichen Anordnung des Auftraggebers, vorgeschriebener Stoffe oder Bauteile oder einer Vorleistung nicht erkennen konnte."
Wenn Renovierer auf Asbest stoßen
Seit 1992 existiert in Deutschland ein Einbauverbot asbesthaltiger Produkte. Aber sie sind noch da, in Putzen, Spachtelmassen, alten Klebstoffen. "In 30 % aller Wohnungen, die im Besitz der Immobilienwirtschaft sind, ist noch Asbest vorhanden", beziffert Jürgen Kratzheller vom Entsorger SES das Problem. Wenn ein Bodenrenovierer auf diese Objekte trifft, musste er bisher einen zertifizierten Asbestsanierer hinzuziehen. Mit entsprechenden Schulungen kann er mittlerweile selber eine Zulassung erhalten und ein Sanierungsverfahren erwerben. Das beginnt mit dem "Kleinen Asbestschein", den mindestens ein Mitarbeiter des Betriebes absolviert haben muss. Dazu kommen für die Asbestsanierung freigegebene Maschinen und Sauger. "Die BG Bau fördert Geräte für A- und E-Stäube mit bis zu 3.000 EUR, abhängig von der Höhe der BG Bau Gebühr, die ein Betrieb leistet."
|Henrik StoldtAussteller der Lausitzer Oberflächentage
14 Aussteller der Industrie nahmen an den Lausitzer Oberflächentagen teil: Jaso, Stauf, Roll, Murexin, Woca, Bostik, Saicos, Asuso, Leisten Wagner, Hinterseer, Mafell, Witte, Kern Oberflächensysteme, Starcke Schleifmittel, Shaper Tools, Landolt Schutzfolie, Sprintus Reinigungsgeräte, Sockenmanufaktur Sieber.
aus
Parkett Magazin 06/22
(Marketing)