Vier Workshops auf der GEV-Mitgliederversammlung
"Nachhaltigkeit ist eine Aufgabe, keine Lösung"
In vier jeweils einstündigen Workshops beschäftigten sich die anwesenden GEV-Mitglieder mit Recycling, Produktkennzeichnung, der zukünftigen Verbandsarbeit sowie Nachhaltigkeit im Handwerk. Der letztgenannte Workshop wurde von Schreinermeister und Coach Udo Herrmann sowie Jürgen Schaal (Agentur Schaal Trostner) geleitet. Herrmann nannte eingangs erschreckende Zahlen aus einem aktuellen Bericht des Magazins Bauen aktuell: "Die Bauindustrie ist für 33 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen und für 52 % des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich." Aus diesen extremen Zahlen erwachse eine Verpflichtung für die Branche, sagte Herrmann. Er kritisierte, dass Rundhölzer teils um die ganze Welt verschifft werden, nur weil diese billiger seien als Holz aus heimischen Wäldern: "Produkte aus China überstehen manchmal nicht einmal den Gewährleistungszeitraum. Beim Gewinn ist das Denken meist sehr kurzfristig, die Auswirkungen aber langfristig." Nachhaltigkeit im Handwerk bedeute aber auch, Können und Arbeitsweisen an nachfolgende Generationen weiterzugeben - dies gelinge nur durch Ausbildung.
Jürgen Schaal sagte, dass die verschiedenen Umweltlabel Orientierung geben würden. Und Udo Herrmann konnte aus den Erfahrungen aus seinem Verlegebetrieb bestätigen, dass der Emicode ein Siegel sei, das großes Vertrauen beim Endkunden genieße. Diese würden immer häufiger nach der Herkunft der verschiedenen Produkte fragen: Werden diese klimafreundlich und fair produziert? Jürgen Schaal sprach von einem "ganz neuen Bewusstsein beim Endkunden". Bei all den unterschiedlichen Umweltsiegeln, die heute existieren, wünschte sich Bodenhandwerker Udo Herrmann eines, das alle Aspekte der Nachhaltigkeit abdecke: Ist das Produkt klimaneutral, nachhaltig, wohngesund, ethisch sowie sozial produziert? "Solch ein Siegel würde den Kunden ein gutes Gefühl geben. Man müsste es flächendeckend bei den Bauherren bekannt machen." Herrmann hatte sogar schon den Entwurf eines solchen nachhaltigen Umweltzeichens mitgebracht. Als Ergebnis des Workshops nannte er: "Nachhaltigkeit braucht Kommunikation, weil man Nachhaltigkeit dem Produkt nicht ansehen kann. Der Kunde braucht Informationen als Grundlage für seine Entscheidung." Und: "Nachhaltigkeit ist eine Aufgabe, keine Lösung."
Bei den übrigen Workshops wurde festgehalten, dass Verlegewerkstoffe das Recycling eines Bodenbelags vor allem nicht stören sollen. Auch der Wunsch nach einem einfachen Ampelsystem für eine Nachhaltigkeitsbewertung wurde diskutiert - ähnlich wie bei der bekannten Lebensmittel-Ampel, die leicht verständlich den Anteil an gesundheitsrelevanten Nährstoffen anzeigt. Doch die Sache ist komplex: Ein Produkt mit einem kleinen CO
2-Fußabdruck und einem verhältnismäßig geringen Einsatz an wertvollen Rohstoffen könnte ein grünes Ampelsignal bekommen, aber in puncto Haltbarkeit eine eher schlechte Wahl sein - und würde daher in der Gesamtbetrachtung auf Gebäudeebene wohl ein Rot erhalten. Die GEV wolle weiterhin eine produktbezogene Orientierung geben, hieß es.
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FussbodenTechnik 05/22
(Wirtschaft)