VDB Tagung 2024
"Handel und Industrie müssen gemeinsam aktiv werden"
Die Zeiten sind nicht leicht für die Bettenfachbranche - das zeigte der Rückblick, den die Teilnehmer der VDB-Tagung 2024 Ende April in Lüneburg auf das vergangene Jahr warfen. Neben einer realistischen Betrachtung der Situation bot der Termin den Vertretern aus Handel und Industrie aber auch viel Raum für Inspiration und gab hilfreiche Tipps zu aktuellen Themen wie Frequenzmangel, Personalgewinnung und Digitalisierung.Besorgt über die schwierige Lage, in der der Bettenfachhandel sich aktuell befindet, aber zuversichtlich, die Herausforderungen im Schulterschluss mit der Industrie meistern zu können, zeigte sich der VDB-Präsident Marc Böhle in seiner Begrüßungsrede auf der Tagung in Lüneburg. "Mit der Fortsetzung der ungeplanten Rekordumsätze aus 2020 und 2021 durften wir zwar nicht rechnen, aber die aktuelle Nachfragedelle trifft uns Händler schwer", betonte er mit Blick auf die jüngste Vergangenheit. Stagnierende oder sogar sinkende Umsätze, bei gleichzeitig steigenden Kosten, seien für jeden Unternehmer nicht nur eine große Herausforderung, sondern machten den Einzelhandel zudem zunehmend unattraktiv für potenzielle Nachfolger. 5000 Ladenschließungen drohten allein 2024, zitierte Böhle eine Prognose des Handelsverbands, darunter seien mit Sicherheit auch einige Bettenfachgeschäfte.
Für den Mangel an Nachwuchs in der Branche nennt er neben der wirtschaftlich angespannten Lage aber auch den demografischen Wandel und die veränderten Einstellungen zur Arbeit als weitere Gründe. "Es fehlen also mittelfristig tausende Menschen, um in unseren Unternehmen zu arbeiten und auch, um sie weiterzuführen. Das spüren wir schon heute."
Das Fazit, das Böhle aus dieser Entwicklung zieht, ist klar: Es muss sich einiges ändern, aber es lohne sich schließlich auch: "Unsere Arbeit ist nicht nur anstrengend, sondern auch erfüllend und schön. Wir verfügen über Fachwissen, das nicht nur vielen Kunden guten Schlaf ermöglicht. Für viele von uns ist der eigene Betrieb nicht nur Lebenswelt, sondern auch Lebenswerk."
Auf die Politik, da ist der VDB-Präsident sich sicher, könne die Branche bei den momentanen Herausforderungen nicht zählen. "Wir sollten daher nicht auf andere schauen, sondern selbst aktiv werden. Und zwar zusammen mit unseren Lieferanten." Ziel sei es, dass alle - Handel und Industrie - wieder Geld verdienen. Nur so werde die Übernahme der Bettenfachbetriebe auch für junge Menschen attraktiv.
Ein wichtiger Punkt sei hier ein konstruktiver Austausch über das Thema Preise und Spannen. "Ich weiß, dass die Meinungen selbst im Handel dazu auseinandergehen. Aber wenn man die aktuelle Entwicklung allein bei den Löhnen und Gehältern fortschreibt, können viele Kollegen mit dem aktuellen Umsatz- und Ertrags-Niveau mittelfristig nicht überleben." Marc Böhle formulierte in seiner Rede den eindringlichen Appell an die Industriepartner, die Notwendigkeit einer Erhöhung der Kalkulation des Handels zu berücksichtigen. Zugleich betonte er die Bedeutung von Qualität und Service für den Bettenfachhandel. "Geben wir den Kunden keinen Anlass, den Wert der von uns angebotenen Produkte anzuzweifeln. Wer hohe bzw. höhere Preise durchsetzen will, muss sein Geschäft entsprechend aufstellen und seine Leistungen ständig hinterfragen. Exzellenz in punkto Beratung, Service und Ladenoptik muss hier das Bestreben jedes Bettenfachhändlers sein."
Er sei der festen Überzeugung, dass die Branche tolle Produkte verkaufe, machte der VDB-Präsident den Tagungsmitgliedern in seiner Rede Mut, sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir dies im Schulterschluss mit unseren Partnern aus der Industrie und mit der Hilfe unserer Einkaufsverbände erfolgreich meistern werden."
Barbara Koch, Staff Solution, Heiligenthal
Die Richtigen finden -
Herausforderungen und Trends im Recruiting
Jeder Händler weiß: Für ein Geschäft ist es überlebenswichtig, im richtigen Moment am richtigen Ort die richtigen Mitarbeitenden zu haben. Nichtsdestotrotz werden bis 2030 3,7 Millionen Arbeitskräfte fehlen. "Eine gemeine Zahl", bestätigte Recruiting-Expertin Barbara Koch auf der VDB-Tagung, machte den Anwesenden aber zugleich Mut: "Auf der anderen Seite gibt es auch viele Menschen, die arbeiten werden. Die wollen wir haben - und davon die Besten." Keine leichte Aufgabe, darüber ist die Handelsberaterin sich im Klaren.
Themen wie die Verknappung auf dem Arbeitsmarkt, der Umgang mit einer neue Generation und neuen Ansprüchen an den Arbeitsplatz, machen Arbeitgebern schon heute das Leben schwer. Vor diesem Hintergrund gab Barbara Koch den Tagungsteilnehmern hilfreiche Recruiting-Tipps mit auf den Weg. Unter anderem empfahl sie, als Unternehmen mit der Zeit zu gehen, sich auf den Umgang mit einer neuen Arbeitnehmergeneration einzulassen, eine wertvolle und sinnstiftende Unternehmenskultur zu etablieren und neuen, moderne Strategien bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter aufzubauen. Denn im Fachhandel steht für Barbara Koch der Faktor Mensch weiterhin ganz weit oben: "Im Verkauf von Lifestyle- und Konsumgütern wie Betten werden wir auch in Zukunft Menschen brauchen, die Menschen, also Kunden, an uns binden."
Michael Gouram, Betten Sauer, Köln
Mit Zuversicht in die Zukunft -
Wie Betten Sauer auch in schwierigen
Zeiten seinen Marktanteil ausbaut
Kann eine teure Geburtstagsparty gleichzeitig eine Investition in die Zukunft eines Fachgeschäfts sein? "Absolut", weiß der Kölner Bettenfachhändler Michael Gouram aus Erfahrung. Für den 200. Geburtstag seines Geschäfts Betten Sauer mietete er 2023 mit der Kölner Flora eine der imposantesten Eventlocations der Stadt und lud 400 Gäste ein, darunter 200 Kunden, die von Moderator Guido Cantz durch einen spektakulären Abend begleitet wurden. "Vor der Veranstaltung ging mir ganz schön die Muffe", verriet Gouram den Tagungsteilnehmern in Lüneburg in einem mitreißenden Vortrag. Aber er sei alter Fußballer und von daher überzeugt: "Nur wer richtig Gas gibt, kann auch Meister werden." Der Plan ging auf: Dank zahlreicher Medienberichte und Empfehlungen ist der Bekanntheitsgrad von Betten Sauer gestiegen, das Event wurde mit dem Haustex-Star belohnt und die Investition hat sich unverhofft sogar bereits 2023 ausgezahlt. Michael Gourams Rat an die Kollegen lautet daher: "Habt Mut und engagiert euch, dann klappt es auch mit der Zukunft des Bettenfachhandels."
Frank Rehme, gmv-Team, Düsseldorf
Mutbürger mit Machanfällen
"Wenn man etwas bewegen will, muss man den Arsch hochkriegen", mit deutlichen Worten wollte Handelsexperte Frank Rehme die Mitglieder der VDB-Tagung nicht kritisieren, sondern vielmehr motivieren. In der aktuellen Zeit der multiplen Krisen überwiege das negative Denken auch im Handel, gemäß dem alten Sprichwort: Das Jammern ist des Kaufmanns Gruß. "Da müssen wir raus", warb Frank Rehme in seinem Vortrag für mehr Zuversicht. Als Erfolgsrezept empfiehlt er das Lustprinzip: "Wir müssen wieder mehr Lust auf die Zukunft haben, Visionen entwickeln und den Mut haben, Dinge einfach mal auszuprobieren." Fatale Fehler sieht der Experte hingegen unter anderem darin, sich zeitgemäßen Themen wie der Digitalisierung oder Lösungen, die auf Künstlicher Intelligenz basieren, zu verschließen. Wer hier unsicher sei, könne auf Hilfe zurückgreifen, beispielsweise in Form von Bundesprogrammen zur Förderung der Unternehmensberatung für KMU. Wichtig sei am Ende nur eines: die Initiative zu ergreifen. "So lässt sich das Morgen beeinflussen", findet Frank Rehme. "Denn Zukunft ist das, was jeder einzelne in seinem jetzigen Handeln formt."
Dennis Spiegel, Google, Dublin/Irland
Wie der Bettenhandel seine digitale Sichtbarkeit steigern kann
Auch der stationäre Einzelhandel wird immer digitaler. Aber nutzen die Händler wirklich alle Möglichkeiten des Internets? "Da ist noch viel Potenzial", erklärte Dennis Spiegel, der als Google Key Account Manager Marketing-Strategien für mittelständische Unternehmen entwickelt, auf der VDB-Tagung. Er ist überzeugt: Präsenz im Netz steigert die Frequenz im Laden. "Denn selbst überzeugte Offline-Shopper beginnen ihre Suche nach dem passenden Geschäft in der Regel online oder informieren sich digital über das Produkt, das sie analog kaufen wollen." In seinem Vortag stellte Spiegel zwei Google-Lösungen vor, um die digitale Sichtbarkeit zu erhöhen. Als ersten und wichtigsten Schritt empfiehlt er, über Google My Business ein Unternehmensprofil einzurichten und stetig zu pflegen: "Wenn die Website das Schaufenster ist, dann ist Google my Business die Visitenkarte." Diese kostenfreie Präsenz lasse sich in einem nächsten Schritt um kostenpflichtige Werbung im Netz erweitern. "Marketing-Kampagnen können genau auf die Bedürfnisse eines Händlern zugeschnitten, sehr genau gesteuert und gemessen werden", so der Experte, der rät, sich bei der Entwickelung maßgeschneiderter Marketing-Strategien von einer Agentur unterstützen zu lassen.
aus
Haustex 05/24
(Wirtschaft)