Interview mit FHR-Geschäftsführerin Sabine Wiegand und ihrer Stellvertreterin Ann-Kathrin Schmidt

"Zufrieden über die vielen qualifizierten Junioren"

BTH Heimtex: Merken Ihre Mitglieder die "Corona-Delle" im Objektgeschäft?

Sabine Wiegand: Ja. Neue Ausschreibungen werden weniger. Es gibt eine Delle. Wir unterstützen FHR-Partner, die betroffen sind, sich beispielsweise in Richtung private Bauherren zu orientieren. Hier helfen uns auch Themen wie Akustik, das wir schon seit einigen Jahren intensiv bearbeiten und für das wir uns das Netzwerk "Die Raumakustiker" aufgebaut haben - mit eigener Website und exklusiver Schulung zum TÜV-zertifizierten Fachberater Raumakustik. Unsere Mitglieder nehmen diese Zukunftsthemen auf, um bestehende und neue Abnehmerstrukturen und Geschäftsfelder anzusprechen. Mit Marktveränderungen wird unsere Branche in den kommenden Jahren häufiger konfrontiert sein. Der Markt ist enorm in Bewegung und der Wettbewerb vor allem im Bereich Boden wird intensiver. Darauf bereiten wir unsere Mitglieder vor und machen sie fit. Unter anderem für dieses Thema haben wir uns Anfang des Jahres mit Jens Irmer verstärkt, der die neu geschaffene Position des Business Development Managers bekleidet.

Welche Rolle spielen E-Business und Digitalisierung bei diesen strukturellen Veränderungen?

Ann-Kathrin Schmidt: Beide Bereiche sind sehr wichtig. Wir haben beispielsweise unsere Werkhaus-Homepage Anfang des Jahres neu aufgesetzt. Der Fokus liegt jetzt auf der Fachhändlersuche und dem Sortiment unserer Mitglieder. Kunden können schnell sehen, welches Sortiment und welche Dienstleistungen der FHR-Händler in der Region anbietet. Zusätzlich gibt es den Hinweis "Business" für unsere Objekteure. Die Bereitschaft, sich dort zu präsentieren, hat deutlich zugenommen. Die Corona-Pandemie hat dazu erheblich beigetragen. Das begrüßen wir sehr, weil auch wieder Zeiten kommen werden, in denen unsere Händler unddas Handwerk weniger zu tun haben werden. Dann müssen Kunden aktiviert werden - und das muss heute vor allem online gelingen. Wir sehen uns bei den Themen Digitalisierung und E-Commerce sehr gut aufgestellt; knüpfen Netzwerke und erarbeiten finanzierbare Lösungen, die sich nach und nach, und im Tempo unserer individuell aufgestellten Partner, wie ein Puzzle zusammenfügen. Wir arbeiten zum Beispiel momentan an einem Angebot, mit dem FHR-Partner sehr schnell und einfach von uns vorbereitete und themenspezifische Social-Media-Kampagnen über eine zentrale Plattform buchen können.

Sie sprechen von Marktveränderungen: Um diese bewältigen zu können, benötigen Ihre Mitglieder Know-how

Schmidt: Über den Infa-Branchendienst, unserer Weiterbildungs- und Beratungsgesellschaft, die wir zusammen mit Uzin und Jordan betreiben, bieten wir ein umfangreiches Seminarwesen, welches fit für die Zukunft macht. Der Lehrgang zum TÜV-zertifizierten Bauleiter Fußbodentechnik beispielsweise ist stark nachgefragt.

Die Branche ächzt unter Lieferengpässen und Preiserhöhungen: Wie ist die Situation unter den FHR-Mitgliedern?

Wiegand: Das ist auch in unserem Verbund ein Problem, dem wir uns schon angenommen haben. Unsere Rechtsberatung hat dazu eine Ausarbeitung angefertigt, die erklärt, wie unsere Mitglieder mit Preiserhöhungen und Lieferverzögerungen umgehen und Nachträge zu bestehenden Aufträgen machen können.

Auch sehen wir es als unsere Aufgabe, den Dialog zu den FHR-Lieferanten noch stärker zu pflegen, und uns regelmäßig über Lagerbestände zu informieren. Bei unseren Eigenmarken werkhaus und bodecor können wir von einer guten bis sehr guten Warenverfügbarkeit sprechen.

Viele sprechen davon, dass Raumausstatter keine Nachfolger finden. Wie sieht das aktuell bei FHR-Mitgliedern aus?

Wiegand: Wir sind derzeit sehr zufrieden, viele qualifizierte Junioren zu haben, die entweder frisch im Unternehmen oder bereits in der Geschäftsleitung aktiv sind. Aktuell zählen 140 Mitglieder zu dieser Gruppe, für die es bald auch Erfa-Gruppen geben wird. Während es vor wenigen Jahren tatsächlich ein Nachfolge-Problem gab, interessieren sich wieder mehr junge Leute für unsere Branche. Das sind sowohl gelernte Raumausstatter, Boden- und Parkettleger als auch Bauingenieure, Innenarchitekten und Betriebswirte, die neue Perspektiven gerade in Sachen Digitalisierung in die Betriebe mitbringen. Beide Gruppen zusammenzubringen, ist eine Bereicherung für uns alle.

| Das Gespräch führte Jochen Lange
aus BTH Heimtex 06/21 (Wirtschaft)