Bona: Christian Löher und Rüdiger Weil im Interview

"Wir müssen mehr für die Renovierung tun"


In der Unternehmensleitlinie von Bona hat die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit gute Tradition. Warum die nachhaltige Bodenrenovierung jetzt weiter in den Vordergrund rückt und welchen Mehrwert das Arbeiten im System dabei bietet, besprach Parkett Magazin mit Christian Löher (Geschäftsführer) und Rüdiger Weil (Marketingleiter) von der Bona Vertriebsgesellschaft Deutschland.

Herr Löher, 2020 war coronabedingt für uns alle ein Jahr tiefgreifender Einschnitte und zuvor nicht gekannter Herausforderungen. Wie hat sich die Situation bei Bona in Limburg dargestellt? Inwiefern kam es zu Einschränkungen im Tagesgeschäft bzw. in der Produktion?

Christian Löher: Wir können und konnten die gesamte Zeit uneingeschränkt produzieren. Zwar haben wir frühzeitig, schon vor dem ersten Lockdown, verschiedene Notfallpläne entwickelt, die wir jedoch erfreulicherweise nicht einsetzen mussten. Auch unsere Vertriebsmannschaft war durchweg im Einsatz. Kurzarbeit war und ist für uns kein Thema.

Durch unser optimales Bestell- und Materialwirtschaftssystem hatten wir keine oder wenn nur geringfügige Rohstoffengpässe, die wir sehr gut kompensieren konnten. Problem haben wir nur bei kleineren Investitionen gesehen: Maschinenteile und Servicetechniker waren teilweise nur schwer zu bekommen.

Wie gut gelingt es, den Kontakt zu den Kunden zu halten?

Rüdiger Weil: Der größte Teil unserer Vertriebsmannschaft hat unter Einhaltung der Abstands- und Hygienemaßnahmen die ganze Zeit über Kunden besucht. Kunden, die nicht besucht werden wollten - das waren echt wenige - wurden sowohl telefonisch als auch auf elektronischem Wege betreut. Man sieht hier deutlich, welch gute Kundenbeziehungen und Vertrauen über die Jahre aufgebaut wurde. Wir konnten sogar verschiedene Kundenschulungen in kleinem Rahmen durchführen - oftmals auch direkt auf der Baustelle.

Wurde die Digitalisierung durch die gebotenen Kontaktbeschränkungen im Unternehmen vorangetrieben?

Weil: Bona war beim Thema Digitalisierung bereits vor Corona sehr gut aufgestellt. Die komplette Infrastruktur hatte keine Probleme mit den vielen zusätzlichen Homeoffice-Teilnehmern. Bei den Kunden merkt man, dass gerade der Bereich Online-Bestellung zugenommen hat. Die Präsentation unseres Produktsystems und der vielen Vorzüge funktioniert jedoch am besten vor Ort, zusammen mit dem Handwerker auf der Baustelle.

Ich kann für mich persönlich sagen, man kann bestehendes Geschäft auch in der Zukunft sehr gut über digitale Kanäle bearbeiten. Für neue und zusätzliche Geschäftsfelder ist es jedoch von Vorteil, persönlich vor Ort zu sein.

Wie haben sich die Absätze dieses Jahr entwickelt? Welche Segmente sind aktuell besonders gefragt?

Löher: Über unser komplettes Bona-System verlief die Absatzkurve positiv. Wir merken deutlich, dass speziell die Renovierung wieder zunimmt und unsere Neuheiten im Schleifmittel- sowie Versiegelungsbereich großen Anklang finden. Das gleiche gilt ebenfalls für unseren neuen Silanklebstoff Bona Quantum.

Für die Renovierung von Holzböden forciert Bona das Arbeiten Im System. Welches Sicherheitsversprechen geben Sie damit?

Weil: Ob Verlegung, Renovierung oder Erhaltung - Bona bietet alles, um das Beste aus einem Holzfußboden herauszuholen. Unser vollständiges System perfekt aufeinander abgestimmter Produkte bietet dem Handwerker und Endkunden nur die besten Produkte, allesamt unbedenklich für die Umwelt. Im System zu bleiben, bringt dem Verarbeiter die Sicherheit, Wechselwirkungen mit systemfremden Produkten auszuschließen.

Wie erleichtern Systemprodukte die Arbeit auf der Baustelle konkret?

Weil: Man kann sich darauf verlassen, dass die Produkte zusammenarbeiten. Das ist durchaus nicht so selbstverständlich wie man denkt. Es gibt nicht "die Universalgrundierung" von einem Hersteller, die unter allen Klebstoffe oder Lacken passt, auch von anderen Herstellern. Das funktioniert im Einzelfall, aber bei weitem nicht immer.

Die perfekte Abstimmung aller Systemprodukte macht den Arbeitsablauf des Handwerkers insgesamt einfacher. Stößt er auf besondere Herausforderungen, erhält er von EINEM Ansprechpartner Hilfe. Er muss sich nicht zu Untergrundfragen an einen Lieferanten, und bei Oberflächenfragen an einen anderen wenden.

In diesem Kontext sind auch "schnelle" Produkte seit Jahren eines der treibenden Themen in der Entwicklung. Welches Potenzial sehen Sie hier aktuell noch?

Löher:: Wir haben in jedem Produktbereich spezielle Produkte bzw. Arbeitsabläufe, die zu einem schnelleren Projektabschluss führen. Sowohl bei der Bauchemie als auch bei den Maschinen gibt es immer wieder Potential, das noch nicht komplett ausgeschöpft ist. Ein Beispiel ist unsere neue Schleiflösung für die Flexi-Sand Pro, die bei einer Vielzahl der Renovierungsbaustellen den zeitraubenden Randschliff gleich mit erledigt.

Ein anderer Trend ist das Strukturieren von Holzböden. Wie profitieren Ihre Handwerkskunden Ihrer Erfahrung nach von diesem anspruchsvollen Angebot?

Weil: Auch hier ist der Einsatz im System der Schlüssel. Mit unserer staubfreien Strukturierungslösung mit der Flexi-Sand und DCS70 bieten wir dem Handwerker eine herausragende Lösung, alte und abgenutzte Böden neu zu gestalten. Gerade in Verbindung mit unserem Bona Oil System und High-End-Lack Traffic HD bieten sich fast grenzenlose Gestaltungsmöglichkeiten, die das Angebot des Handwerkers erweitern.

Welche weiteren Tendenzen beobachten Sie aktuell rund um Parkett und dessen Verlegung?

Weil: Für die nächsten Jahre: Es wird mehr geklebt! Seit der Krise von 2008 nimmt der Klebstoff-Verkauf in Deutschland kontinuierlich zu. Dabei spielt auch sicher der Trend zu großformatigen Elementen ein Rolle.

Und: Wir müssen mehr für die Renovierung tun! Ein Baum wächst 100 und mehr Jahre. Den Parkettboden nach 15 oder 20 Jahren einfach zu entsorgen, ist nicht wirklich nachhaltig. Eine Renovierung ist da noch mehrfach drin - hierzu gehört vielleicht auch, dass man verstärkt über zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten informiert. Vergleichen Sie nur einmal den Einsatz von "Stains" (Beizen und Färbemittel) in den USA mit dem in Europa.

Ganz in diesem Sinne attestierte das IVL Swedish Environmental Research Institute der Sanierung von Holzböden gegenüber Neuverlegungen signifikante C02-Einsparungen. Bona hat die Studie unterstützt. Wie bewerten Sie die Ergebnisse?

Weil: Diese Studie zeigt eine deutliche CO-Einsprung bei einer Renovierung im Vergleich zu einer Neuverlegung. Dies gilt sowohl für den Parkett - und Holzbereich als auch für elastische Beläge. Der Kampf für Nachhaltigkeit bei Produkten und Techniken ist eine Grundausrichtung unseres Unternehmens seit mehr als 50 Jahren. Der stark wachsende Bereich der nachhaltigen Bodenrenovierung wird durch unser System perfekt abgedeckt: Wir haben die Maschinen, die Schleifmittel, Grundierungen, Öle und Lacke - perfekt für die Renovierung und optimal aufeinander abgestimmt. Alles in einem System.

Wie engagiert sich explizit die Bona Vertriebsgesellschaft Deutschland für Nachhaltigkeit?

Löher: Bonas Mission ist es, mit Produkten und Dienstleistungen zu helfen, schöne Böden zu erstellen und damit Glück in das Leben der Menschen zu bringen. In diesem Rahmen stehen unsere Aktivitäten zum Thema Nachhaltigkeit. Konkret bedeutet dies für uns als Vertriebsgesellschaft, dass wir mit erheblichem Aufwand diejenigen, die die Entscheidung über Böden treffen, und diejenigen, die diese Böden erschaffen, schulen und informieren. Welche Produkte können hier eingesetzt werden? Wie groß sind die CO-Einsparungen bei der Renovierung im Vergleich zur Neuinstallation? Wie ermittelt man so etwas? Wie wendet man die Produkte sicher an? Viele Kommunen geben sich derzeit eine Selbstverpflichtung, beispielsweise als Klimakommune. Beratung ist hier wichtig. Dabei geht es speziell um die Nachhaltigkeit bei Neubau, Renovierung und Instandhaltung.

Ein weiteres wichtiges Thema sind zurzeit Verpackungen. In einigen europäischen Ländern wird die kommende Europa-Steuer auf Plastikverpackungen wohl zumindest teilweise auch an die Verbraucher weitergegeben. Gleichzeitig stellen wir unsere Produkte gerade nach und nach auf Verpackungen mit Recyclat um. Unsere Produkte in Limburg haben dabei innerhalb der Gruppe eine Vorreiterrolle. Wir verpacken dieses Jahr bereits mehr als 70 % unserer Produkte in recycelten Verpackungen oder Schlauchbeuteln.

Nachhaltigkeitsnachweise wie Cradle to Cradle-Zertifikate sind bei der Auftragsvergabe zunehmend ein Thema. Wie unterstützt Bona hierbei?

Löher: Cradle to Cradle ist eine großartige Idee. Unsere Erfahrungen mit den Zertifizierungen sind leider nicht ganz so großartig. Wie so häufig liegen die Probleme im Detail. Wir haben tatsächlich für einige Produkte das Zertifizierungsverfahren durchlaufen, benutzen es aber bei Bona Produkten nicht. Nach unseren Vorstellungen sind die Bewertungen teilweise zu politisch und zu wenig faktenbasiert. Das muss dann von Fall zu Fall einer Ausschreibungsstelle ggf. erläutert werden.

Für Europa sehen wir im Wesentlichen nur den Emicode mit seinen Aussagen über Verbraucherschutz. Das ist weitestgehend ein faktenbasiertes System mit Aussagen, auf die man sich verlassen kann. Es ist auch kein Geheimnis, dass wir uns dort intensiv im Technischen Beirat und in verschiedenen Arbeitsgruppen engagieren, damit sich das System weiter entwickelt und faktenbasiert bleibt.

Welches Verbesserungspotenzial birgt die Produktentwicklung in puncto Umwelt-/Gesundheitsschutz aus Ihrer Sicht noch?

Löher: Diese Frage muss man ganzheitlich betrachten. Wir haben schon lange Produkte im Sortiment, die einen hohen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen enthalten. Beispielsweise basiert Bona Mega seit mehr als 30 Jahren auf natürlichen Ölen. In anderen Lacken setzen wir auch gerne alternative Rohstoffe, etwa Filmbildehilfsmittel, auf natürlicher Basis ein. Bei den Ölen steckt die natürliche Basis schon im Namen. Auch bei Klebstoffen spielen natürliche Öle und früher auch Harze eine wichtige Rolle. Zurzeit geht der Trend aber mehr in die Richtung, dass bestimmte, gut eingeführte Rohstoffe einfach parallel zur Herstellung auf Basis fossiler Rohstoffe auch auf natürlicher Basis hergestellt werden. Allerdings ist das mit einer Erhöhung, häufig sogar einer Verdoppelung, der Kosten verbunden.

Ganzheitlich wird ein Schuh draus: Wenn man auch weitere Prozesse - zum Beispiel Herstellung, Transport und Lagerung - hinzunimmt und auch dort besser wird. Die weitgehende Umstellung der Transporte zwischen Malmö und Limburg auf die Schiene hat große Mengen CO gespart. Die Photovoltaikanlagen auf dem DC in Limburg und der Produktion in Malmö erzeugen grünen Strom in großen Mengen. In der Limburger Produktion ist es uns dieses Jahr gelungen, durch Umstellung der Prozesse 7 % der spezifischen Energiekosten zu sparen, und da ist noch mehr drin.

Gleichzeitig haben wir die Rezepturen der Silanklebstoffe angepasst und fit für die 15. ATP (Änderung des Chemikalienrechts) gemacht. Der Anteil an VTMO (ein Silan-Trockenmittel, das in Zukunft [2022] über 1 % als "Hautsensibilisierend" [H317, GHS07 zu kennzeichnen ist) ist schon jetzt unter 1 %. Sie werden vielleicht auch gesehen habe, dass das Umweltbundesamt bei Bodenbelägen (Teppichen) nur phthalatfreie Produkte empfiehlt. Man kann jetzt darüber diskutieren, ob dies bei den höheren
Phthalaten (DINP, DIDP) gerechtfertigt ist, existierende ausführliche Riskobeurteilungen sehen das anders. Auf der anderen Seite sind dies aber auch Diskussionen, die wir gar nicht führen wollen, daher haben wir in Limburg auch seit diesem Frühjahr keine Phthalate mehr im Einsatz. Bona Quantum, und die R848-Reihe enthalten seitdem aliphatische Weichmacher, gleichzeitig wurde auch der Anteil verringert. Bona Titan kommt - wie bekannt - ganz ohne Weichmacher aus.

Generell halten wir die internationalen und lokalen Standards für Sicherheit, Gesundheit und Umwelt ein bzw. wollen diese übertreffen. Unsere weltweit tätigen Referenzteams aus Wissenschaftlern, Vertriebspartnern und Handwerkern stellen unsere Lösungen ständig auf den Prüfstand, damit wir sicher sein können, dass sie stets die höchsten Standards erfüllen. Die SHE-Richtlinie unterstreicht unser Bekenntnis zur Nachhaltigkeit. Wir sind stolz darauf, dass alle unsere Produktionsstätten nach ISO 14001, ISO 50001 und ISO 9001 zertifiziert sind.

Geben Sie uns abschließend noch einen Ausblick auf das, was kommt: Welche Projekte bzw. Investitionen werden am Standort Limburg aktuell umgesetzt?

Löher: Derzeit wird der Bereich Forschung und Entwicklung erweitert und die Laborfläche nahezu verdreifacht. Auch in die eigentliche Produktion investieren wir kontinuierlich, gerade haben wir die Baugenehmigung für ein neues Silo erhalten. Wir haben auch zusätzliches Personal fest eingestellt. Für die fortschreitende Umstellung unserer Fahrzeugflotte auf Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge wurden Ladesäulen an beiden Limburger Standorten errichtet, die Anzahl wird in den nächsten Jahren kontinuierlich ausgebaut. Last but not least wurde auch noch einmal kräftig in die IT-Infrastruktur für unser Distribution Center investiert.

Welche Produktthemen rückt Bona 2021 bei seinen Kunden in den Vordergrund?

Löher: Für die nächsten Jahre erwarten wir mehr Nachhaltigkeit bei Produkten und Verpackungen sowie mehr Produkte bei "Nicht Holz"-Fußböden. Der Bereich Renovierung wird gerade auch wegen des Green Deals der EU weiter im Fokus stehen. Und hygienische Aspekte, die durch Corona stark in das Bewusstsein der Menschen gerückt sind, werden aufgenommen werden.

Noch einen Blick zur schwedischen Muttergesellschaft: Im Januar wird Kerstin Lindell nach 14 Jahren als CEO von Pontus Cornelius abgelöst. Was bedeutet dieser Wechsel an der Spitze für das Unternehmen?

Löher: Das kann man am besten mit einem scheinbaren Widerspruch beantworten: Kontinuität. Bona ist ein lebendiges Unternehmen mit einer starken, gewachsenen Kultur und langfristigen Zielen. Da gehören Änderungen und Anpassungen einfach mit dazu. Kerstin Lindell wird im Übrigen im Unternehmen bleiben und als "Chairman of the Board" (das entspricht in etwa einem "Präsidenten des Verwaltungsrates") weiterhin für Bona tätig sein.
| Die Fragen stellte Imke Laurinat


Bona Vertriebsgesellschaft Deutschland
Bona Vertriebsgesellschaft mbH Deutschland
Jahnstraße 12
65549 Limburg an der Lahn
Tel.: 0 64 31 / 40 08-0
empfang@bona.com, www.bona.com

Gründung: 2006
Muttergesellschaft: Bona AB

Geschäftsführung: Dr. Kerstin Lindell (bis 11.01.2021), Christian Löher
Marketingleitung: Rüdiger Weil
Technische Leitung: Marcel Schmidt
Verlegeprodukte: Klebstoffe, Lacke, Öle, Reinigungs- und Pflegemittel, Beschichtungen, Spachtelmassen, Schleifmaschinen und -mittel, Werkzeuge und Maschinen



Christian Löher (48) ist seit 1997 für Bona tätig. Über die Vertriebsleitung für Süddeutschland und Gesamtdeutschland stieg er 2009 zum Geschäftsführer der deutschen Vertriebsgesellschaft auf. 2014 übernahm er zusätzlich die Verantwortung für den Vertrieb Zentraleuropa. Der zweifache Familienvater verbringt seine Freizeit gerne im Winter auf Skiern und im Sommer auf dem Wasser.


Rüdiger Weil (43) ist seit 2012 als Marketing-Manager für die Bona Vertriebsgesellschaft Deutschland tätig. Der Diplom-Marketing-Betriebswirt betreut sämtliche Marketingmaßnahmen, allem voran die vielfältigen Seminare für die Handwerkskunden des schwedischen Beschichtungsspezialisten. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern ist er in Limburg zuhause, wo er sich in seiner Freizeit kommunalpolitisch engagiert.
aus Parkett Magazin 01/21 (Wirtschaft)