Vorwerk & Co. Teppichwerke GmbH & Co. KG

"Vorwerk kann jetzt vernünftig wirtschaften"


Nach dem Management-Buy-Oout der Vorwerk-Teppichwerke im Sommer fragt die Branche sich: Wie geht es weiter mit dem bekanntesten deutschen Hersteller textiler Böden. Martin Multhaupt, neuer geschäftsführender Gesellschafter, und Eric Fricke aus dem Marketing zeigen sich zuversichtlich.

BTH Heimtex: Wie ist das rechtliche Verhältnis zwischen dem Vorwerk-Konzern in Wuppertal und den Vorwerk-Teppichwerken in Hameln?

Martin Multhaupt: Wir sind seit 1. August diesen Jahres rechtlich getrennt. An der Vorwerk & Co. Teppichwerke GmbH & Co. KG hat sich rechtlich nichts geändert. Alle Verträge behalten ihre Gültigkeit. Alles bleibt wie bisher - für Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden. Was neu ist, ist eine GmbH, die Jürgen Zinke, als Werksleiter, Tobias Arnold, der ehemalige CFO der Teppichwerke, und ich als Gesamtvertriebsleiter als übergeordnete Holding gegründet haben. Wir drei sind Gesellschafter, Tobias Arnold und ich zusätzlich Geschäftsführer der Teppichwerke GmbH & Co. KG. Diese Gesellschaft ist Rechtsnachfolgerin von Vorwerk Wuppertal als Muttergesellschaft und führt das operative Geschäft.

BTH Heimtex: Wie lange verfügen Sie über die Markenrechte?

Eric Fricke: Wir sagen unseren Kunden: Macht euch keine Gedanken für die laufenden und nachfolgenden Kollektionen; die sind sicher. Wir dürfen die Marke Vorwerk ausreichend lange nutzen.

BTH Heimtex: Wie läuft die praktische Zusammenarbeit zwischen Wuppertal und Hameln? Sie müssen schließlich eine Produktion betreiben

Multhaupt: Wir sind so ausgestattet, dass wir vernünftig wirtschaften können. Der Vorwerk-Konzern hat dem Betriebsübergang zugestimmt, weil man der festen Überzeugung ist, dass das Unternehmen eine Zukunftsperspektive hat. Dafür wurden entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen.

BTH Heimtex: Es hat also einen negativen Kaufpreis gegeben?

Multhaupt: Das ist richtig.

BTH Heimtex: Sie mussten sich von Mitarbeitern trennen?

Multhaupt: Wir mussten leider 140 Mitarbeiter entlassen, weil wir nicht die Umsätze erzielt haben, die in der Vergangenheit im Rahmen der verkündeten Wachstumsstrategie als Ziel ausgegeben wurden. Der Konzern hat diesen Arbeitsplatzabbau über einen Sozialplan und eine Transfergesellschaft den Umständen entsprechend fair und vernünftig umgesetzt. Vorwerk hat an diesem Punkt seine Verantwortung als Familienunternehmen wahr genommen. Die aktuelle Belegschaftsgröße mit 160 Mitarbeitern entspricht besser der Realität und den Zukunftsperspektiven.

BTH Heimtex: Wie hat der Markt, wie haben Ihre Kunden auf die Übernahme reagiert?

Multhaupt: Die Reaktionen sind sehr positiv. Die Kunden sind froh, dass die einzige Marke, die es im Bodenbelagsgeschäft gibt, erhalten bleibt. Sie finden es auch gut, dass wir jetzt flexibler sind, weil wir unabhängiger und schlanker aufgestellt sind. Man gibt uns zudem das Feedback, dass wir mehr Bodenhaftung haben als früher.

BTH Heimtex: Wie läuft das Geschäft in der Gegenwart?

Multhaupt: Das gesamte Handelsgeschäft läuft sehr gut und liegt über Budget; das Objekt ist bedingt durch Corona momentan schwierig, Gleiches gilt für Auslandsmärkte wie Großbritannien und Frankreich.

BTH Heimtex: Wie sieht Ihre Vertriebsstrategie aus?

Multhaupt: Wir suchen im Handelsgeschäft stärker als früher den Schulterschluss mit dem Großhandel und den Einkaufskooperationen des Einzelhandels. Die B2C-Mannschaft besteht heute aus fünf Mitarbeitern, die sich um Großhändler, filialisierte Einzelhändler und größere Direktkunden kümmern.

Fricke: Es gibt zwei weitere Veränderungen, die für unsere Kunden wichtig sind. Wir werden alle bekannten Produktnamen wie beispielsweise Modena und Lyrica wieder einführen. Diese Entscheidung wird im Handel mit großer Zustimmung und Erleichterung aufgenommen. Da hat vielen schon etwas gefehlt, vor allem den Verkäufern im Handel.

BTH Heimtex: Was ist die zweite Veränderung?

Fricke: Bislang konnten Qualitäten aus dem Markensortiment von unserem Partnern im Handel nur unter Auflagen wie zum Beispiel dem Co-Branding in ihre Hauskollektionen aufgenommen werden. Diese Auflagen bestehen jetzt nicht mehr. Der Händler kann die Produkte komplett anonymisiert führen. Über diese neue Möglichkeit sind die Händler sehr froh, weil sie auf diese Weise Eigenständigkeit und Kompetenz im Haussortiment zeigen können.

BTH Heimtex: Zurück zur generellen Vertriebsstrategie: Wie gehen Sie im Objektsegment vor?

Multhaupt: Seit 2019 bauen wir das Objektgeschäft sowie die Auslandsmärkte stark aus und haben gezielt neue Mitarbeiter eingestellt. Im Inland kümmern sich Key Accounter um die Segmente Hotel, Office und Industrie, Banken und Versicherungen sowie Transportation. Diese Mitarbeiter sind von ihren Positionen her weltweit für ihre Bereiche zuständig. Im Export haben wir neben bestehenden Vertriebsstrukturen in Frankreich und England neue in China und den USA aufgebaut. Im Zusammenhang mit dem Ausbau des Objektgeschäfts ist wichtig, dass wir nach wie vor unsere Teppichfliesen komplett selbst in Hameln fertigen und weiter ausbauen.

BTH Heimtex: Führen Sie die Weberei fort?

Multhaupt: Selbstverständlich. Auch wenn der Gesamtmarkt rückläufig ist, gehört es aus meiner Sicht zu einer der Kernkompetenzen eines Teppichbodenherstellers, eine Weberei zu betreiben. Das ist "echter" Teppichboden.

BTH Heimtex: Wie viel Quadratmeter textile Böden produziert Vorwerk derzeit in Hameln insgesamt?

Fricke: Wir stellen rund 3,5 Mio. m im Jahr her. Dabei fahren wir eine gute Mischung aus SD-Qualitäten und Stückfärbern. Für uns als Vorwerk ist es wichtig, die Kompetenz zu haben, jede Farbe bieten zu können. Das können nicht mehr viele Hersteller.

BTH Heimtex: Vertreiben Sie den PU-Belag Recover green noch?

Multhaupt: Dieser PVC-freie Boden gehört weiterhin zu unserem Sortiment, stellt für uns momentan aber lediglich ein Zusatzgeschäft dar.

Das Interview führte Jochen Lange. | jochen.lange@snfachpresse.de


Daten + Fakten Vorwerk
Vorwerk & Co. Teppichwerke GmbH & Co. KG
Kuhlmannstraße 11
31785 Hameln
Tel.: 05151/1 03-0
info@vorwerk-teppich.de
vorwerk-teppich.de

Geschäftsführende
Gesellschafter:
-Tobias Arnold (Verwaltung, Produktion)
-Martin Multhaupt (Vertrieb, Marketing)
Gesellschafter:
-Jürgen Zinke
(Werksleiter)
Vertriebsleiter Handel: Andreas Kolleck
Vertriebsleiter Objekt: Roland Schreiner
Mitarbeiter: 160
Außendienst: 14
Umsatz 2019: 40 Mio. EUR
Produkte: Teppichboden und -fliesen, Polyurethan-Bodenbeläge
Umsatzverteilung
nach Produktarten:
-Teppichboden: 65 %
-Teppichfliese: 30 %
-Polyurethanbeläge: 5 %
Umsatzverteilung
nach Segmenten:
-Handel: 65 %
-Objekt: 35 %
Umsatzverteilung
nach Regionen:
-Inland: 70 %
-Ausland: 30 %
Produktionsmenge: 3,5 Mio. m2
aus BTH Heimtex 12/20 (Wirtschaft)