ISP: Interview mit Präsident Bruno Durrer

"Grundsätzlich sind wir positiv eingestellt"


Bruno Durrer kennt den Schweizer Parkettmarkt wie kaum ein zweiter. Seit dreißig Jahren engagiert er sich in der Interessengemeinschaft Schweizer Parkettmarkt (ISP) und wurde erst in diesem Jahr als Präsident bestätigt. Parkett Magazin bat ihn um eine Einschätzung der aktuellen Marktsituation.

Parkett Magazin: Herr Durrer, lassen Sie uns zunächst auf das vergangene Jahr zurückblicken. Laut FEP-Zahlen (mehr dazu auf Seite 22ff in dieser Ausgabe) nahm die Produktion in der Schweiz 2019 deutlich zu, der Verbrauch erreichte dagegen nur knapp das Vorjahr, der Preisdruck hat weiter zugenommen. Können Sie das noch etwas mehr erläutern?

Bruno Durrer: In der Schweiz gibt es nicht so viele Parketthersteller. Produktion und Export werden maßgeblich durch ein Unternehmen bestritten und sind somit nicht entscheidend für den inländischen Verbrauch. Wesentlich ist vor allem auch die Entwicklung des Importes.Generell konnte nach einem Rückgang der Wohnbautätigkeit 2018 im Jahr 2019 eine Zunahme von 5 % verzeichnet werden. Doch obwohl sie zugenommen hat, ist der Preisdruck nicht nur in der ganzen "Parkett-Kette", sondern grundsätzlich im gesamten Baugewerbe größer geworden. Das Thema ist: günstiger, schneller und effizienter soll gebaut werden.

Gemäß unseren ISP-Statistiken wurden 2019 in der Schweiz ca. 5,7 Mio. m2 Parkett verkauft und verlegt. Das entspricht einem Rückgang von ca. 0,9 %. Aufgrund der Zunahme beim Wohnungsneubau lässt diese Einbuße auf einen Rückgang bei den Renovationen schließen.

Die Schweiz ist im Grunde eine parkettaffine Nation. Dennoch geht der Designbelags-Boom auch an ihr nicht ganz vorbei. Wieweit konnte sich Parkett gegen Konkurrenzprodukte behaupten?

Grundsätzlich gut. Designbeläge haben unseres Erachtens auch Parkett nichts abgenommen, sondern zu Lasten von Laminat Marktanteile gewonnen. Zu schaffen machen uns eher keramische Beläge mit Holzimitation (besser im Minergie-Standard, der in der Schweiz Norm ist), bzw., dass jedermann Holz kopiert und zum Schluss nicht das Original genommen wird.

Doch letztlich scheint es so, dass "Herr und Frau Schweizer" nach wie vor auf altbewährte und ökologisch unbedenkliche Bodenbeläge setzen, denn im europäischen Ländervergleich weisen wir zusammen mit Österreich und Schweden den mit Abstand größten Pro Kopf-Verbrauch von Parkett auf. In diesem Kontext ist zu beachten, dass wir Schweizer nach wie vor ein Volk von Mietern sind, die Wohneigentumsquote beträgt nur ca. 40 %, und somit nur beschränkt etwas zur Bodenauswahl zu sagen haben.

Wie stellt sich aktuell die Marktsituation vor dem
Hintergrund der Corona-Pandemie dar?

Bis Ende März hatte Covid 19 noch keinen Einfluss. Auch im April und Mai konnte mit zeitlichen Ausnahmen im Tessin und in der Westschweiz auf den Großbaustellen durchgearbeitet werden. Kleinere Renovationen bei privaten Hausherren wurden aber teilweise auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Handwerk war und ist gut bis sehr gut ausgelastet.

Die Industrie hatte vordergründig nur Probleme mit Baustellenschließungen im Tessin und der Westschweiz. Der Handel und auch die Industrie mussten in der Zeit des Lockdowns vom 16. März bis 30. April ihre Ausstellungen schließen und die Außendiensttätigkeit einstellen. Auch gab und gibt es kleinere Probleme mit Lieferverzögerungen, da eine Anzahl europäischer Parkettwerke teilweise bis ganz geschlossen waren.

Hat die ISP ihren Mitgliedern besondere Unterstützung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie geboten?

Das haben wir natürlich: Unterstützung, Information, Ideen, Meinungen und Richtlinien zum Verhalten während des Lockdowns, sowie auch beim Hochfahren der Aktivitäten.

Wie schätzen Sie die weitere Marktentwicklung ein -
in diesem Jahr und mittelfristig darüber hinaus?

Zu diesem Jahr kann und will ich keine Aussagen machen, vor allem zum Volumen. Da halte ich es mit Bundesrätin Keller-Suter, die gesagt hat: "Ich mache in dieser Zeit keine Prognose für mehr als 24 Stunden." Und auch mittelfristig machen zurzeit Prognosen keinen Sinn. Denn keiner weiß: Was geschieht gesamtwirtschaftlich im dritten und vierten Quartal? Gibt es in größerem Stil Entlassungen, was zu noch mehr Unsicherheit und Zurückhaltung führen könnte? Kommt eine zweite Welle und könnte man diese ohne Lockdown beherrschen? Wie geht es mit dem Gewerbebau weiter?

Home-Office und Rushhour-Zeiten drücken auf den Büroneubau, wo schon vor der Pandemie Überkapazitäten herrschten. Im Wohnungsbau werden nach der Trendwende zu Beginn des letzten Jahres weiterhin vermehrt Mietwohnungen gebaut. Das ist einerseits für Investoren, Versicherungen und Banken das einzige "Renditefeld". Andererseits haben wir aber schon einen relativ hohen Leerwohnungsbestand von ca. 75.000 bis 80.000 Einheiten, und bedingt durch Corona ist die Zuwanderung radikal gestoppt worden.

Sie sehen: alles Fragen und Unsicherheiten... aber grundsätzlich sind wir für Parkett positiv eingestellt.

Sie haben dieses Jahr Ihr 30-jähriges Jubiläum bei der ISP gefeiert. War/Ist die Corona-Pandemie die größte Herausforderung, der sich die Branche in dieser Zeit stellen musste?

Bitte verstehen Sie meine nachfolgenden Ausführungen richtig: Gesellschaftspolitisch ist Covid-19 eine gewaltige Herausforderung, da wir ja scheinbar überhaupt noch nicht wissen, wie und wohin die Reise geht. Auch die möglichen Veränderungen für unsere heutige Lebensweise sind noch nicht absehbar. Auch betreffend Parkett und unserer Branche kann ich zurzeit noch nicht erkennen, was Covid-19 an Herausforderungen und Veränderungen bringen wird.

Ich bin nun seit 1973 im Parkett tätig. Das war die Zeit (1967-1975) des großen Zusammenbruchs des Parkettverbrauchs, und damit verbunden die Schließung vieler Parkettfabriken. Dies in der Schweiz, wie aber auch in Europa, ausgelöst durch das starke Aufkommen der ersten Textilbeläge, vor allem Nadelvlies, gepaart in der Schweiz mit einem massiven Einbruch des Wohnungsneubaus: 1973 waren es noch 74.000 Einheiten, in den Folgejahren nur noch rund 25.000.

Aktuelle größere Herausforderungen für die ISP waren und sind die Nachfolgeregelung von Bernhard Lysser als Geschäftsführer der ISP. Hier haben wir mit viel Glück mit Mark Teutsch eine hervorragende und sehr gute Lösung gefunden. Nun gilt es noch meinen Nachfolger zu finden, sind doch eigentlich 30 Jahre viel zu lang. Der Vorstand beschäftigt sich ja schon einige Jahre damit. Leider ist das heute nicht mehr so einfach: Finden Sie eine jüngere Person, die ja andere Lebensprogramme - Job, Familie, Kinder - hat und gleichzeitig noch bereit wäre, zusätzlich drei Wochen im Jahr Verbandsarbeit zu "Gotteslohn" zu übernehmen. Viele kleinere Berufsverbände in der Schweiz haben dieses Problem. Aber Verbandsarbeit ist und wäre wichtig und ist ja auch Teil politischer Tätigkeiten. Leider aber viel weniger spektakulär als in der richtigen Politik.

Unabhängig von der aktuellen Situation:
Wo setzt die ISP den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten?

Im Marketing, mit einer Social Media-Kampagne, die die "grüne Welle" unterstützt, in der Stärkung, Modernisierung und Mobilisierung in der Ausbildung von Parkettlegern und darin, technische Herausforderungen zu meistern.

Die ISP ist einzigartig, weil sie alle Marktstufen vereint, also divergierende Interessen verbinden muss. Wirkt das eher als Bremse oder bringt es manchmal auch voran, weil eben alle Branchenbeteiligten in einem Boot sitzen?

Sicher gibt es ab und zu Differenzen, Meinungsverschiedenheiten und Unstimmigkeiten. Aber die Vorteile überwiegen ganz klar, da wir alle im gleichen Boot sitzen und somit alle in die gleiche Richtung rudern müssen, um voranzukommen.

Die ISP ist im eigentlichen Sinne des Wortes kein Verband, sondern eine Interessengemeinschaft, auf deren Fahne das Wort "Parkett" steht. Die Wege, um technisches, rechtliches, marketingmäßiges u.a.m. gemeinsam zu Gunsten von Parkett zu lösen, sind damit kurz, schnell, ohne gegenseitige Ressentiments und verbinden den gemeinsamen Willen, vorwärtszukommen.

Welche Trends sehen Sie ganz allgemein bei Parkett?

Keine. Nur die Versuche, von der Eiche wegzukommen, dies aber, wie es scheint, ohne großen Erfolg. "Dessin"-Böden wie Fischgrät, Tafeln und was die Italiener bringen, sind und bleiben ein Randprodukt. Im Privatbereich sind sicher immer noch geölte Oberflächen das Hauptthema. Im Objekt (Miete) gibt es ein Revival von Versiegelungen, die geölte Oberflächen imitieren.
| Die Fragen stellte Claudia Weidt

i Interessengemeinschaft des Schweizer Parkettmarktes

Interessengemeinschaft des
Schweizer Parkettmarktes
Winterhaldenstr. 14A
CH-3627 Heimberg, Schweiz
www.parkett-verband.ch,
info@parkett-verband.ch

In der ISP haben sich Schweizer Hersteller, Importeure, Händler und Verleger von Parkett sowie Zulieferer von Hilfsmaterialien und Werkzeug zusammengeschlossen. Ziel ist, die gemeinsamen Interessen der Mitglieder und der ganzen Parkettbranche zu wahren und zu fördern, ebenso wichtig ist die Förderung von Parkett.

Vorstand: Bruno Durrer (Präsident), Ernst Kühni (Vize-Präsident), Klaus Brammertz (Obmann der Gruppe "Produktion und Handel"), Roger Geiser (Obmann der Gruppe "Verlegung"), Jürg Künzler

Geschäftsführung: Mark Teutsch

Oberexperte: Bernhard Lysser

Technischer Dienst: Ulrich Scheicher

Mitglieder: 258 (davon 19 in der Gruppe "Produktion und Handel", 216 in der Gruppe "Verlegung" und 23 Gastmitglieder)
aus Parkett Magazin 05/20 (Wirtschaft)