Betap Tufting BV

Betap bleibt lieferfähig in schwierigen Zeiten

Die für Betap wichtigen Geschäftsfelder Großbritannien, Discounter, Messe und Automobil leiden unter Corona. Hohe Lieferfähigkeit sowie Zuwächse im Großhandel und bei Kunstrasen stimmen den Hersteller allerdings optimistisch, das Umsatzminus auf 10 % begrenzen zu können.


Ernest Pleijsier spricht Mitte Juni gegenüber BTH Heimtex aus, was wohl alle Verantwortlichen in der belgischen und niederländischen Bodenbelagsindustrie empfinden: Die Corona-Wochen und -Monate seien die anstrengendsten gewesen, die man jemals in der Branche hatte. "Die Welt stand im März und April Kopf. Vieles ist unsicher geworden im Lockdown", fasst der Vertriebsleiter D/A/CH, Niederlande und Italien des niederländischen Textilbelagsherstellers Betap die Ausnahmesituation in Worte.

Von den Discountern in Deutschland beispielsweise, die normalerweise wöchentlich in Genemuiden bestellen und eine wichtige Kundengruppe darstellen, gab es teilweise bis zu sechs Wochen keine Aufträge, weil die Filialen schließen mussten. Auch die deutschen und europäischen Automobilhersteller leiden unter den Corona-Folgen. Betap liefert beträchtliche Mengen Nadelvlies an deren Zulieferer. In einem normalen Jahr sind es bis zu 20 % des Gesamtumsatzes. Hier sei man längst nicht wieder auf Volllast.

Corona trifft wichtige Geschäftsfelder

Ähnliches gilt für den im Lockdown zusammengebrochenen britischen Teppichbodenmarkt - für Betap wie für jeden anderen Tufter in Belgien und den Niederlanden von zentraler Bedeutung, weil er der größte Europas ist. Im für das Familienunternehmen gleichermaßen wichtigen Segment Messebau ist die Lage ebenfalls schlecht. Dieses sei durch die weltweiten Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie in sich zusammengesackt und erst einmal nicht mehr existent.

Betap stoppte aufgrund dieser teilweise dramatischen Entwicklungen in der Hochzeit der Pandemie im April seine Produktion für zwei Wochen komplett. "Geliefert haben wir aber durchgängig, weil wir einen guten Lagerbestand hatten", betont Pleijsier. Alle Kunden, die Ware wollten, seien versorgt worden.

Enger Austausch mit Kunden

Mit ihnen stand Betap während des Lockdowns im intensiven Kontakt. "Wir haben über die Situation bei uns im Unternehmen offen informiert. Das hat Vertrauen geschaffen bei unseren Kunden in diesen schwierigen Zeiten. Man hat sich gegenseitig solidarisch gezeigt. Das hat die Geschäftsverbindungen noch verstärkt", berichtet Pleijsier.

Seit Mitte Mai laufen die Anlagen wieder auf 100 %. "Die Situation hat sich komplett gedreht. Wir haben einen solch hohen Auftragseingang, dass wir uns gerade wünschen, mehr Maschinen und ein größeres Lager zur Verfügung stehen zu haben", sagt der Vertriebsleiter.

Lichtblick Kunstrasen

Das betrifft vor allem die "grüne Ware": Kunstrasen - in erster Linie die getufteten hochwertigeren Qualitäten - erfreut sich auch aus Sicht von Betap in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Im Markt habe es eine Verschiebung gegeben: Dort, wo früher die Wahl auf dünnen Nadelvlies fiel, wird heute zum dickeren Tuft-Rasen gegriffen. Während Betap im Nadelvlies-Geschäft sehr groß ist, habe das Unternehmen erst vor drei Jahren begonnen, Kunstrasen auch zu tuften. "Da ist noch viel Wachstumspotenzial", zeigt sich Pleijsier optimistisch.

Vier weitere Punkte stimmen den Niederländer ebenfalls zuversichtlich für einen positiven Verlauf auf dem deutschsprachigen Markt in der zweiten Hälfte 2020. Erstens: Betap fasst im Großhandel stärker Fuß. Als starker Polypropylen-Hersteller (PP) war das Unternehmen im "Polyamid-Land" Deutschland bisher nur schwach vertreten im dreistufigen Vertrieb. Seit rund einem Jahr beliefert es allerdings Großhändler Jordan exklusiv mit der Kollektion Chromata im Coupon-Service: Drei Polyamid-Stückfärber mit Objekteignung jeweils in den selben 27 Farben verfügbar neben Coupon in 4 m Bahnenware sowie als Fliese und Planke. "Das läuft sehr gut", betont Pleijsier. Die Laufzeit der Kooperation, die in der Branche für Aufmerksamkeit sorgt, ist für insgesamt drei Jahre vereinbart worden.

Großhandel interessiert an PP

Zweitens: Trotz der hohen Polyamid-Affinität deutscher Großhändler interessierten die Grossisten sich häufiger auch für Teppichboden aus PP. "Wir haben gute, vielfältige Ware und können, weil wir die Garne selber herstellen, schnell und flexibel agieren", beschreibt Pleijsier. Der dritte Punkt: "Der Umsatz im Teppichfliesen-Sortiment wächst gigantisch." Um diesen Bereich weiter auszubauen, wurde der Außendienst im März diesen Jahres mit Stefan Rose verstärkt. Er kommt vom Teppichfliesen-Spezialist Modulyss.

Die vierte und wohl wichtigste Tatsache, die gerade in Corona-Zeiten für Optimismus im Hause Betap sorgt: Die Verantwortlichen sehen sich grundsätzlich gut aufgestellt. "Bei uns gibt es vernünftige Ware zu guten Konditionen. Wir können preislich gut mitspielen, weil wir eine solide und schlanke Organisation haben ohne Wasserkopf", betont der Vertriebsleiter. Man sei ein bodenständiges, profitables Unternehmen in der Hand der beiden geschäftsführenden Gesellschafter, der Brüder Arend und Johan van Lente.

Personelle Kontinuität

Bei Betap gebe es zudem personelle Kontinuität und Ansprechpartner, die sich mit textilen Belägen auskennen. "Wir sind Fachleute; zusammen mit unseren Kunden und Partnern haben wir das Know-how, auch neue, innovative Produkte zu entwickeln", wirbt der 47-Jährige, der seit 23 Jahren bei Betap arbeitet.

Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren nicht nur einen modernen Showroom gebaut, seine Lagerkapazitäten erweitert und in neue und flexible Anlagen- und Maschinentechnologie investiert. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit wurde ebenfalls erheblich intensiviert. Betap ist es dadurch gelungen, textile Beläge komplett vom Flor über Träger und Rückkonstruktion aus einem einzigen Material herzustellen wie beispielsweise PP oder Polyester. Außerdem wird auf die Verwendung von Latex verzichtet und in einigen neuen Produkten für die Garneinbindung ein nachhaltigeres Pudermaterial eingesetzt. Beide Entwicklungen erleichtern das spätere Recycling beispielsweise von Messe-Rips sowie die Wiederverwendung der Granulate für neue Bodenbeläge.

Mit diesem Programm unter dem Namen "Next-Generation Carpet by Betap" schließt der Hersteller den Materialkreislauf. Gleichzeitig werde der CO-Fußabdruck eines Quadratmeters Teppichboden während der Produktion um 40 % reduziert.
|jochen.lange@snfachpresse.de

Betap kurz notiert

BAU statt Domotex
Der Textilbelagshersteller wird 2021 erstmals nicht auf der Domotex ausstellen. Dafür sei man das erste Mal auf der BAU. Die Niederländer haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht; man könne beide Messen organisatorisch und finanziell aber nicht stemmen. Betap wird in München aufgrund der Besucherstruktur aus Handwerkern und Architekten nicht sein gesamtes Sortiment präsentierten, sondern plant einen kleineren Konzept-Stand voraussichtlich mit den Themen Nachhaltigkeit und Teppichfliesen.
aus BTH Heimtex 09/20 (Wirtschaft)