Erfurt & Sohn KG

"Erfurt & Sohn war zu jeder Zeit lieferfähig"

Tapetenhersteller Erfurt & Sohn bezieht einen großen Teil seiner Rohstoffe aus Deutschland. Das zahlt sich nach Meinung von Geschäftsführer Martin Erfurt aus. Das Unternehmen sei im Inland bisher gut durch die Krise gekommen. Aber auch im Export stabilisiere sich die Lage.

BTH Heimtex: Die Corona-Pandemie ist eine große Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Wie ist es Ihnen und Ihrem Unternehmen ergangen?

Martin Erfurt: Es freut mich, dass wir keinen einzigen Corona-Fall in der Firma gehabt haben und dass die Kolleginnen und Kollegen so umsichtig mit dem Thema umgehen. Zwar hatten wir ein paar wenige Verdachtsfälle, die sich Gott sei Dank nicht bestätigt haben. Alle halten sich an unser Abstands- und Hygienekonzept sowie die von uns eingeführten Regelungen.

BTH Heimtex: Welche Regelungen sind das genau?

Erfurt: Neben den im Alltag etablierten Vorsichtsmaßnahmen "AHA" - Abstand, Hygiene, Alltagsmasken - arbeiten wir mit versetzten Schichten in der Papier- und Vlieserzeugung, der Weiterverarbeitung und Logistik. Für Spediteure haben wir ein optimiertes Konzept in der Abfertigung entwickelt. Die Kantine ist geschlossen und hat auf Verpflegung mittels Care-Paketen umgestellt. Zusätzlich ist ein Teil der Verwaltung im Homeoffice. Es gibt weniger Meetings, notwendige Konferenzen finden per Video statt. Dies hat uns in der Digitalisierung nochmal einen enormen Schub gegeben, der uns auch nachhaltig beeinflussen wird. Großveranstaltungen wie Messen haben wir abgesagt.

BTH Heimtex: Gab es Lieferausfälle Ihrer Vorlieferanten?

Erfurt: Nein. Sowohl wir als auch unsere Vorlieferanten waren zu jeder Zeit vollumfänglich lieferfähig. Zwar haben wir zu Anfang unsere Vorräte an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen erhöht und unser Fertigwarenlager hochgefahren - letztendlich war das aber unbegründet. Hier zahlt es sich aus, dass wir einen großen Teil unserer Rohstoffe aus Deutschland beziehen. Lediglich die Preise für die von uns verwendeten Altpapiersorten sind stark angezogen aufgrund geringerer Verfügbarkeit. Auch die von uns verwendete Holzfasern sind aufgrund der Trockenheit und Borkenkäferplage teurer geworden.

BTH Heimtex: Aber gibt es durch Trockenheit nicht ein weitaus größeres Angebot auf dem Markt?

Erfurt: Für die Produktion kann leider nur frisches und unbefallenes Holz eingesetzt werden. Dieses wird aufgrund der aktuellen Situation weniger eingeschlagen.

BTH Heimtex: Wie ist es bei Erfurt in vertrieblicher Sicht gelaufen?

Erfurt: Es gibt Licht und Schatten. Wir sind über alle Vertriebsbereiche zu Jahresanfang gut gestartet. Während wir uns ab März im Inland sowohl im Profi- als auch DIY-Bereich weiter gut entwickelt haben, mussten wir im Export West und Export Ost Umsatzrückgänge hinnehmen. Im Inland haben wir sicherlich davon profitiert, dass Baumärkte während des Lockdowns nicht geschlossen werden mussten. Die Lage normalisiert sich aber auch im Export zusehends.

BTH Heimtex: Führen Sie die gute Entwicklung im Inland auch auf die Kampagne "Deutschland tapeziert" zurück?

Erfurt: Corona hat uns sicherlich eine Sonderkonjunktur im DIY-Bereich beschert. War der ärgste Feind der Tapete über Jahre die Alternative "Urlaub oder Reisen", setzt jetzt ein neuer Cocooning-Effekt ein. Ob es sich aktuell um vorgezogene Renovierungen handelt oder ob es ein dauerhaftes Thema bleibt, muss man abzuwarten.

Die Kampagne "Deutschland tapeziert" hat sicherlich einen Teil zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. Wir haben uns nach dem letzten VDT-Workshop umgehend an der neuen Kampagne für Sommer und Herbst beteiligt. Diese Gemeinschaftswerbung unterstützen wir ausdrücklich! Ob aber Corona, "Deutschland tapeziert" oder unsere eigenen Aktivitäten für unseren positiven Verlauf verantwortlich sind, lässt sich nicht genauer verifizieren.

BTH Heimtex: Welche Neuheiten bringt Erfurt zum Herbst auf den Markt?

Erfurt: Zum einen werden wir weiter auf das Thema Nachhaltigkeit setzen. Zwar war Rauhfaser schon immer ein absolut nachhaltiges Produkt aus hochwertigem recyceltem Papier und verantwortungsvoller ökologischer Forstwirtschaft mit zertifizierten Holzfasern, aber jetzt sind wir mit CO2-Neutralität und plastikfreier Verpackung für den Endverbraucher noch einen Schritt weiter gegangen. Das Ergebnis ist zum Beispiel unsere Rauhfaser Ella. Zum anderen vermarkten wir intensiv das Thema Giga-Rolle. Raumhohe Ware, die mittels patentiertem Abrollgerät horizontal an die Wand appleziert wird. Derzeit gibt es mit Vliesrauhfaser, Glattvlies und Digitaldrucktapete drei Warengruppen. Ziel ist eine Effizienz-Steigerung auf der Baustelle sowie eine absolut nahtfreie Wand.

BTH Heimtex: Ihre Tochter ist kürzlich in die Firmenleitung eingetreten. Welche Aufgaben hat sie?

Erfurt: Zum 1. August 2020 ist meine Tochter Felicitas Erfurt-Gordon als geschäftsführende Gesellschafterin bei Erfurt eingestiegen. Sie hat die Bereiche Marketing und IT sowie die Projekte rund um das Thema Digitalisierung übernommen. Wir sind damit in der achten Generation als familiengeführtes Unternehmen. Übrigens: Die neunte Generation ist im Oktober 2019 zur Welt gekommen.

BTH Heimtex: Werden wir Sie auf der Heimtextil 2021 sehen?

Erfurt: Nur als Besucher. Wir werden - Stand heute - auf der BAU in München ausstellen, falls die Messe nicht offiziell abgesagt wird.


Who is who
Martin Erfurt, persönlich haftender Gesellschafter von Erfurt & Sohn in Wuppertal

Martin Erfurt leitet die Firma Erfurt & Sohn als geschäftsführender Gesellschafter in siebter Generation gemeinsam mit seinem Cousin Henrik Erfurt und seiner Tochter Felicitas Erfurt-Gordon.

1827 gründete Friedrich Erfurt eine Papiermühle. Sein Enkel Hugo erfand 1864 die Rauhfasertapete, die von Wuppertal aus ihren Siegeszug antrat. Heute produziert das Unternehmen neben seinem überstreichbaren Klassiker eine Reihe weiterer funktionaler Wandbeläge, die etwa beim Energiesparen helfen oder das Wohnraumklima positiv beeinflussen, sowie Spezialpapiere. Die Produkte werden in mehr als 30 Ländern weltweit vertrieben.
aus BTH Heimtex 09/20 (Wirtschaft)