Interview mit Ali Ipektchi, Amin Ipektchi und Vida ter Hazeborg (geb. Ipektchi), Ipek (Hamburg)

"Der Perserteppich ist heute ein Lifestyle-Produkt"


Der Hamburger Importeur Ipek - A. Ipektchi ist Spezialist für persische Teppiche und Kelims; seit fast siebzig Jahren verkauft das Großhandelsunternehmen handgefertigte Unikate. Die Geschäftsführung liegt in den Händen von Dr. Ali Ipektchi, dessen Vater Abolghassem Ipektchi das Unternehmen 1952 in Hamburg gründete. Inzwischen steht hier die dritte Generation in den Startlöchern: Amin Ipektchi und Vida ter Hazeborg (geb. Ipektchi) steigen engagiert und mit vielen neuen Ideen in den Familienbetrieb ein.

Auf Teppichstapeln groß geworden" heißt es oft über die Kinder von Teppichhändlern. Das trifft auch auf Dr. Ali Ipektchis Tochter und Sohn zu, die beide vor zwei Jahren mit ins Familienunternehmen eingestiegen sind und immer stärker hineinwachsen. Doch Vida ter Hazeborg (geb. Ipektchi) und Amin Ipektchi bringen noch viel mehr mit als ihren familiären Hintergrund: Amin Ipektchi absolvierte zunächst einen "Bachelor of Science in Business Administration and Management", im Anschluss dann einen "Master of Science in Digital Business and Innovation". Vida ter Hazeborg arbeitete nach ihrem Studium (Bachelor in Fashion Styling, Master in Sustainability in Fashion) in der Modebranche und widmete sich schwerpunktmäßig den Themen Marketing und Branding. Jetzt will auch sie verstärkt ihr Know-how ins Familienunternehmen einbringen. Carpet! Magazine sprach mit beiden Generationen über das Leben und Handeln mit traditionellen handgefertigten Teppichen im 21. Jahrhundert.

Carpet! Magazine: Dass junge Leute in ein Unternehmen einsteigen, in dem es ausschließlich um traditionelle Orientteppiche geht, ist ungewöhnlich. Hat sich die Wahrnehmung des klassischen Teppichs in der letzten Zeit verändert?

Vida ter Hazeborg: Absolut. Über die letzten Jahrzehnte hatte sich der Perserteppich von einem prestigeträchtigen Must-have in der gehobenen Einrichtung zu einem Artikel entwickelt, der etwas angestaubt wirkte, nach dem Motto: "So was hatte Omi doch unterm Esstisch!"

Heute sehen wir, dass Orientteppiche und traditionelle Kelims wieder sehr gefragt sind. Und zwar wegen der hohen Nachfrage nach Einzelstücken, dem Verlangen nach emotionalisierten Produkten mit starkem Storytelling. Wir wollen, dass unser Zuhause etwas Besonderes ist und unsere Persönlichkeit, Individualität widerspiegelt. Und genau diese Kriterien erfüllt der handgefertigte Teppich. Heute ist er kein Prestige-Objekt mehr, sondern vielmehr ein Lifestyle-Produkt das ausdrückt: "Hey, mit mir besitzt ihr etwas Besonderes!"

Dr. Ali Ipektchi: Das klassische Klientel für persische Teppiche, das viele Händler nach wie vor als Zielgruppe sehen, wird zunehmend älter und verliert allmählich an Bedeutung. Stattdessen spricht der handgeknüpfte Teppich jetzt neue, deutlich jüngere Kunden an. Die gehen allerdings mit anderen Wünschen, Ansprüchen und Erwartungen an den Teppich heran. Ich glaube, dass wir im Groß-, aber vor allem auch im Einzelhandel auf diese Wünsche und Erwartungen eingehen müssen, weil hier das Geschäft der Zukunft liegt.

Amin Ipektchi: Außerdem beobachten wir, dass Verbraucher ganz allgemein immer größeren Wert auf nachhaltige, langlebige Produkte legen. Sie setzen sich heute viel bewusster mit der Wertschöpfungskette von Konsumgütern auseinander. Hier punktet der Perserteppich natürlich auf voller Linie, weil alle Kelims und Handknüpfteppiche zu 100 % aus natürlichen Materialien gefertigt werden. Unsere Kunden sind begeistert, wenn wir ihnen an kleinen charmanten Unregelmäßigkeiten in Farbe oder Knüpfung zeigen, dass unsere Teppiche von Menschenhand gefertigte Unikate mit Seele sind, keine maschinell hergestellte Ware.

Carpet! Magazine: Wo sehen Sie die Zukunft des klassischen Teppichs? Und wie passt er in ein modernes Zuhause?

Dr. Ali Ipektchi: Der sogenannte "klassische Teppich" war schon immer zeitgenössisch, seine Geschichte ist schon immer durch Innovationen geprägt. Die Menschen, die sich im Iran mit dem Knüpfen und dem Teppichdesign befassen, leben in der "Jetzt-Zeit" und werden das Produkt auch im Sinne des Zeitgeistes und der Trends weiterentwickeln.

Amin Ipektchi: Ich merke gerade einen totalen Shift in meinem Freundeskreis, was die Perspektive auf Perserteppiche angeht. Für Inspirationen zum Thema Einrichten spielt in meiner Generation Social Media eine sehr große Rolle. Und da tauchen Perserteppiche im Moment überall auf, vor allem farbenfrohe Kelims. Für meine Freunde passen die wunderbar in moderne Einrichtungen.

Vida ter Hazeborg: Der klassische Perserteppich lässt sich super in ein modernes Zuhause integrieren; wir haben das nur leider noch nicht oft genug gesehen. "Du kannst nicht werden, was du nicht siehst", hat mal ein kluger Mensch gesagt. Also müssen wir den Leuten zeigen, wie toll so etwas aussehen kann: Ein floraler Ardakan unter einem supermodernen Esstisch mit coolen Designerstühlen sorgt meiner Meinung nach für spannende Kontraste. Außerdem ist die Zeit der nackten Holzböden vorbei. Wir wünschen uns ein wohnliches, gemütliches Zuhause mit Atmosphäre, und dafür braucht man Teppiche.

Carpet! Magazine: Vida ter Hazeborg und Amin Ipektchi steigen immer stärker ins Unternehmen ein - wie sieht die Aufgabenverteilung aus?

Dr. Ali Ipektchi: Nach wie vor leite ich das Familienunternehmen. Gleichzeitig ist es notwendig, dass wir die Zuständigkeiten neu verteilen. Grob gesprochen, deckt in unserem Unternehmen jeder jeden Bereich mit ab; der Einkauf und die Koordination unseres Büros im Iran liegen aber weitestgehend bei mir.

Vida ter Hazeborg: Mein professioneller Schwerpunkt lag schon immer im Bereich Marketing, das ist jetzt auch bei Ipek so. Darüber hinaus stehe ich im engen Kontakt mit unseren Kunden, betreue sie intensiv beim Aufbau ihres Teppich-Portfolios. Das macht mir einen Riesenspaß, zumal wir ihnen praktisch alles bieten können, was der Iran an Teppichen hervorbringt.

Amin Ipektchi: Ich bin so ein bisschen der Nerd bei uns. Alles, was mit Digitalisierung und technischem Fortschritt zu tun hat, fällt in meinen Bereich, sowohl intern als auch extern. So arbeiten wir gerade intensiv an einer digitalen B2B-Plattform, auf der sich unsere Kunden gezielt ihre Ware aussuchen können. Wir verschlanken interne Abläufe und optimieren technische Prozesse, um in Zukunft auch Serviceleistungen wie Dropshipping anbieten zu können.

Dr. Ali Ipektchi: Was uns allen am Herzen liegt und großen Spaß macht, ist der direkte Kontakt zu den Kunden, die Beratung und Geschäftsentwicklung. Hier sind alle gern gefordert.

Amin Ipektchi: Ja, es ist besonders schön zu sehen, dass wir hier mit Menschen arbeiten, die zum Teil schon mit unserem Großvater zusammengearbeitet haben. Das gibt uns ein familiäres Gefühl und schafft natürlich extra viel Vertrauen in alle Richtungen. Auch auf den verschiedenen Märkten im Iran arbeiten wir zum Teil seit mehreren Generationen mit unseren Handelspartnern zusammen.•
"Der Perserteppich ist heute ein Lifestyle-Produkt"
Foto/Grafik: (c) Ipek
Mit Amin Ipektchi und Vida ter Hazeborg, den Kindern von Dr. Ali Ipektchi, steht die dritte Generation in den Startlöchern. Dessen Vater Abolghassem Ipektchi hatte das Unternehmen 1952 in Hamburg gegründet.
"Der Perserteppich ist heute ein Lifestyle-Produkt"
Foto/Grafik: (c) B.I.C.
Dr. Ali Ipektchi
"Der Perserteppich ist heute ein Lifestyle-Produkt"
Foto/Grafik: (c) B.I.C.
Amin Ipektchi & Vida ter Hazeborg
aus Carpet! 04/20 (Wirtschaft)