Salone del Mobile

Bauhaus, Erdtöne, Mustermix


Wer wissen will, was angesagt ist in Sachen Einrichtungsdesign, der kommt zum Salone del Mobile nach Mailand. Das taten im April fast 400.000 internationale Besucher, um festzustellen: Die Zeiten des Minimalismus sind vorbei, es darf - auch wild - kombiniert werden, gern mit Bauhaus- und Mid-Century-Elementen. Farblich prägen warme Erdtöne, Rosé und Currygelb das Bild.


Eine pompöse Wohnlandschaft aus beleuchteten Glaskristallelementen, in der Mitte ein gläserner Springbrunnen mit tanzenden Fontänen: Was die Mailänder Fashion Week für die Modeindustrie, ist der Mailänder Salone del Mobile für die Einrichtungsbranche. Man schaut, man staunt, man ist dabei. Man fragt sich, "wer so etwas trägt" oder sich wirklich "konsequent so einrichtet". Vermutlich die wenigsten, dennoch gilt der Salone als wichtigstes Trendbarometer in Sachen Möbel und Einrichtungen: Hier werden die Must-haves des nächsten Jahres gezeigt. Entsprechend drängten sich die fast 400,000 internationalen Besucher auf dem Messegeländer Rho im April - 12 % mehr als 2017.

Kombinieren mit Bauhaus
und warmen Tönen

What’s hot, what’s not in 2019? Das lässt sich eindeutig nicht sagen, nur so viel: Es darf kombiniert werden, gern auch wild: Altes mit Neuem, Kitsch mit Kunst, Möbel mit Accessoires und Leuchten. Denn die Zeiten des strengen Ich-brauche-nur-100-Gegenstände-Minimalismus sind vorbei.

Im Bauhaus-Jahr 2019 wird natürlich gern besagte Bewegung zitiert - mit ihren funktionalen, modularen Möbeln und den klaren, geometrischen Formen. Auch ihr Nachfolger, der Mid-Century-Stil, kommt wieder: ein Wohnstil, der die strenge Geometrie mit sanften, organischen Kurven kombiniert. Zum Teil wird auch wieder das verspielte Art déco zitiert.

Farblich überwogen auf der Salone del Mobile warme Erdtöne, aber auch Kombinationen mit Rosé und Currygelb. Klassiker wie die Holzstühle des dänischen Architekten und Designers Hans Wegner aus den 1940er- bis 1960er-Jahren werden neu aufgelegt. Die Hippiezeit ließ Missoni neu aufleben: In seinem Showroom wurden bunt umhäkelte Möbel gezeigt, gestaltet von der Designerin Alessandra Roved.

Daneben prägten Grünpflanzen, Materialität und das Zukunftsthema Nachhaltigkeit das Gesamtbild. Neben Möbeln spielten Stoffe, verstärkt auch wieder Tapeten und natürlich Teppiche eine wichtige Rolle. Unter den High-End-Anbietern: ABC/Amini, CC-Tapis, Golran, Kasthall, Kinnasand/Kvadrat, Missoni und Sahrai. CC-Tapis

Von Space Invaders und
Zen-Gärten inspiriert

Unter der Überschrift "Killer knots from outer space" zeigte CC-Tapis auf mintgrünem Hintergund verschiedene Designerteppiche. Besonders ausdrucksstark: die "Rug Invaders", herausgelöste vergrößerte Teppichelemente, die sich als eigenständige Handknüpf-Teppiche präsentieren und gleichzeitig eine gewisse Ähnlichkeit mit den "Space Invaders" aus dem gleichnamigen Vintage-Computerspiel aufweisen. Ihre Namen: Tabriz Destroyer, Ushak Invader, Kazak Space Shifter, Palmette Lazer Cannon and The Mothership.

Sehr "Art déco"-mäßig angehaucht sind Handtuft-Teppiche aus der Reihe "East of the Moon/West of the Sun" der Londoner Designerin Lara Bohinc, die der schwedische Anbieter Kasthall präsentierte. Inspirieren ließ sich Bohinc bei ihren Designs von japanischen Zen-Gärten.

Plastisch herausgearbeitete Designs aus Wolle und Seide zeigten die luxuriösen handgeknüpften Teppiche der Noor Collection von Sahrai in gedämpft-pastelligen Tönen, zum Teil in kontrastreicher Kombination mit Schwarz. Eine neue, sehr edle Interpretation des weiterhin aktuellen Vintage-Themas lieferte Golran mit Carpet Reloaded: Die Designerin Patrizia Moroso hat den antiken persischen Teppich in aktuellen Farben neu interpretiert - mal dicht an der Vorlage, mal stark verfremdet.

Auf der Salone Satellite, einer "Messe in der Messe", stellten junge Designer ihre Entwicklungen vor - zum Beispiel einen zwölfbeinigen, sechsäugigen Lepardenteppich.•


Fuorisalone - inoffizielles Salone-Rahmenprogramm

Zur Zeit der Mailänder Designmöbelmesse Salone ist nicht nur innerhalb der Messehallen jede Menge los, sondern auch drumherum. Unter der Überschrift Fuorisalone ("fuori" = "draußen") veranstalteten verschiedene Anbieter und Ladengeschäfte 1.351 kleine und große Events zum Thema Einrichten. Darunter: Alberto Levi, Altai, CC-Tapis. Gucci, Lyk Carpet und Nilufar. Gucci etwa zeigte, wie stimmig das scheinbar wilde Kombinieren lebhafter Muster wirken kann. Im Mittelpunkt: ein nicht gerade zurückhaltender Rosenkelim, offenbar neues Must-have in Sachen "junges, exzentrisches Einrichten".
aus Carpet! 03/19 (Wirtschaft)