Hagebau: Transformation eingeleitet

"Die Aufbruchphase ist vorbei, wir sind auf dem Weg"


Mit Projekten wie dem neuen B2C-Webshop, "Hagedoo" und "Hageworxx" macht die Hagebau deutlich, dass sie sich mitten im Transformationsprozess befindet. Das operative Geschäft leidet nicht unter der Neuausrichtung, wie ein Umsatzzuwachs von 5 % im vergangenen Jahr und von 6 % per 31. Mai 2019 belegt.

Ein Sonnenschirm war die erste Bestellung, die am 1. Juli um 6.11 Uhr im neuen, autonomen B2C-Webshop der Hagebau einging. In nur wenigen Monaten hatten die 80 Mitarbeiter der zum 1. November 2018 gegründeten Tochtergesellschaft Hagebau Connect unter Führung von Stefan Ebert den Shop hochgefahren. Eigentlich sollten zum Go live 25.000 Artikel hinterlegt sein, "das haben wir nicht ganz erreicht", sagte Torsten Kreft, Geschäftsführer Hagebau Einzelhandel und Hagebau Connect, offen bei einem Hintergrundgespräch mit Parkett Magazin in Hamburg, "aber das System läuft stabil, und das war uns wichtig." Bis zum Jahresende soll das Angebot auf 50.000 Artikel erweitert werden.

Kanalübergreifendes
Einkaufserlebnis schaffen

Die Soltauer Kooperation hatte im vergangenen Jahr das seit 2007 laufende Joint-Venture Baumarkt direkt mit dem Otto-Konzern aufgekündigt, weil die Interessenlagen und Zielsetzungen der beiden Partner zunehmend divergierten. Kreft: "Wir blicken ohne Groll zurück, es war eine erfolgreiche und wichtige Phase." Doch Otto konzentriere sich als Pure Player auf E-Commerce und sieht sich als Marktführer im deutschen DIY-Distanzhandel. Die Hagebau verfolgt hingegen eine Cross Channel-Strategie mit dem Webshop als einem Baustein von mehreren. Kreft: "Wir wollen für unsere Kunden ein kanalübergreifendes Einkaufs-
erlebnis inszenieren und sie an jedem Touchpoint der Customer Journey abholen. Services, Dienstleistung und Ware sollen an jedem Ort verfügbar sein."

Schon die Online-Kundenansprache soll anders gestaltet werden, individueller, denn: "Kunden wollen nicht mit der Gießkanne bedient werden." Und weil sie oft noch gar nicht wüssten, was sie suchen, "wollen wir keine Produkte verkaufen, sondern Lösungen", unterstreicht Ebert. Dieser Gedanke wird von der Hagebau so weit geführt, dass Kunden via App von ihrem lokalen Hagebaumarkt maßgeschneiderte Angebote erhalten und im Webshop bestellen können. Weitere Serviceleistungen des Webshops sind unter anderem digitale Raum- und Terrassenplaner, Click & Reserve, nach Hagebau-Erfahrung ein wesentlicher Faktor gerade beim Kauf von Investitionsgütern, sowie die Lieferung an die Verwendungsstelle, nicht nur an die Bordsteinkante. Mittelfristig soll auch das Fachhandelssortiment online verfügbar gemacht werden.

Deutlicher Umsatzzuwachs
im Fachhandel

Aufsichtsratsvorsitzender Johannes M. Schuller berichtete von der Gesellschafterversammlung Ende Juni in Frankfurt/Main. Trotz des kurz zuvor veranstalteten "Zukunftskonvents" sei die Präsenz mit 85 % des Kapitals hoch gewesen, die Stimmung sehr gut. Dazu könnten auch die positiven Zahlen der ersten fünf Monate beigetragen haben: Per Ende Mai erzielte die Kooperation einen zentralfakturierten Einkaufsumsatz von 2,65 Mrd. EUR, ein bereinigtes Plus von 6 % gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum, wobei der Fachhandel mit + 8,2 % auf 1,67 Mrd. EUR deutlich mehr zulegte als der Einzelhandel mit + 2,1 % auf 0,91 Mrd. EUR. Damit unterfüttert die Hagebau ihr Polster für künftige Investitionen: "Wir können uns schon ein bisschen was leisten, wir sind ein relativ ertragsstarkes Unternehmen", sagte Jan Buck-Emden, Vorsitzender der Geschäftsführung. "Wir wollen jetzt die Hochkonjunkturphase nutzen, um die Voraussetzungen für die Zukunft zu schaffen."

Innovative Konzepte
in der Testphase

Inspirationen dafür liefert unter anderem Hagebau X, die "Zukunftswerkstatt" der Soltauer. Das Projekt produziert, sammelt, prüft und realisiert unterschiedlichste Ideen. Die ersten wurden bereits als Pilotprojekt gestartet; bewähren sie sich in der Praxis, werden sie bei weiteren Gesellschaftern ausgerollt. Getestet werden derzeit das Gastrokonzept "Bobby & Fritz", die Online-Plattform "Hagedoo", die dem Endkunden zertifizierte Handwerker vermittelt und "Hageworxx", die DIY-Werkstatt vor Ort im Hagebaumarkt, die Kunden unter dem Motto "Dein Weg zum Selbermachen" für ihre Projekte nutzen und dort sägen, schrauben und leimen können. Anregungen für eigenen Projekte finden sie in den Social Media. "Die Aufbruchphase ist vorbei, wir sind auf dem Weg", konstatierte Schuller, "wir kennen unsere Richtung, in die wir gehen wollen, wir haben unseren Kompass."

Selbst die Marken stehen
auf dem Prüfstand

Im laufenden Veränderungsprozess gibt es keine "heiligen Kühe". Auch die Markenpolitik steht auf dem Prüfstand. Das gilt für die eigenen Sortimentsmarken in Fach- und Einzelhandel genauso wie für die Dachmarke Hagebau und sogar das Achteck als markantes Logo. Die Fachhandels-Eigenmarkenkonzeption wird derzeit bereits überarbeitet. Das Ergebnis soll im November auf dem Hagebau-Forum zu sehen sein.

Für den künftigen Umgang mit einer Dachmarke Hagebau hat man sich professionellen Support gesichert und eine Studie bei Markenpapst Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch in Auftrag gegeben. "Das Thema ist jetzt reif, und wir sind willens, mutig zu entscheiden", betonte Schuller. Die Vorstudie ergab, dass Hagebau durchaus eine starke Marke sei und die Kooperation Potenziale verschenke. "Das ist offenbar ein USP, den wir bislang kaum genutzt haben." Nach weiteren Studien von Esch will der Aufsichtsrat im September beraten. Eine mögliche Variante wäre, dass die Dachmarke Hagebau und die lokalen Gesellschaftermarken kombiniert werden. Andere Lösungen sind genauso denkbar. "Das ist ergebnisoffen", sagte Buck-Emden. "Letztlich geben wir das nicht vor, sondern wir wollen vom Kunden her denken, was für ihn am leichtesten verständlich ist." Und: es wird keine Verpflichtungen für die Gesellschafter geben. | Claudia Weidt

i Hagebau
Hagebau Handelsgesellschaft für Baustoffe mbH & Co. KG
Celler Str. 47
29614 Soltau
Tel.: +49 5191 8020
www.hagebau.com
internet@hagebau.com

Geschäftsführung:
Jan Buck-Emden (Vorsitz), Hartmut Goldboom (Fachhandel), Torsten Kreft (Einzelhandel, Sven Grobrügge (Rechnungswesen/Controlling/Finanzen)

Aufsichtsrat:
Johannes M. Schuller (Vorsitz), Christoph Lehrmann (stv. Vorsitzender), Andreas Augenthaler, Michael Batzner, Hartmut Buhren, Robert Grieshofer, Benedikt Hüttemann, Hans-Georg Maier (kooptiert), Felix Mölders, Anton Reithner (kooptiert), Julian Philipp Tintelnot
Tochtergesellschaften:
Hagebau Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH, Hagebau IT GmbH, Hagebau Logistik GmbH & Co. KG, Hagebau Connect Versicherungsdienst GmbH, Hagebau Connect GmbH & Co. KG

Kommanditisten:
366 in Deutschland, Österreich, Luxemburg, Schweiz, Spanien, Niederlande, Belgien

Standorte:
1.775, davon 1.493 in Deutschland

Umsatz:
6,85 Mrd. EUR (2018), davon
- Warengeschäft: 6,17 Mrd. EUR (+5%)
- Logistik: 520,6 Mio. EUR (+ 3,6%)
- Dienstleist.: 157, 7 Mio. EUR (+ 25,3%)

Umsatz nach Sparten
- Baustoffhandel: 3,3 Mrd. EUR (+ 5%)
- Holzhandel: 842 Mio. EUR (+ 6,7%)
- Fliesenhandel: 174 Mio. EUR (- 1,1%)
- Einzelhandel: 1,8 Mrd. EUR (+ 4,8%)
aus Parkett Magazin 05/19 (Wirtschaft)