Balsan SA

Balsan schärft sein Profil im Objekt

Balsan treibt seinen Umbau voran. Der französische Tufter schärft das Profil, fokussiert auf das Objekt und diversifiziert sein Sortiment. Zudem bietet er als einziger Hersteller Colorpoint--Tuftings sowohl in 4 m Breite als auch auf Fliese und ist damit im Objekt erfolgreich.

Der französische Teppichbodenhersteller Balsan befindet sich in mitten eines Transformationsprozesses. Das Ziel: Der Tuftingspezialist soll international und auch in Deutschland von seinen Kunden nicht mehr als bloßer Lieferant von Teppichböden wahrgenommen werden. Balsan soll sich positionieren als Unternehmen, das individuelle Bodenlösungen bietet, vor allem in den Segmenten Büro und Hotel. Der Hintergrund: Das mittelständisches Unternehmen ist zwar traditionell stärker im für textile Beläge wichtigen Objektgeschäft tätig und verfügt mit 45 % auch über eine wesentlich höhere Exportquote als die namhaften deutschen Teppichbodenhersteller. Doch der Marktführer im Heimatland Frankreich kämpft ebenfalls seit einigen Jahren mit stagnierenden beziehungsweise sinkenden Umsätzen.

Fokus auf Büro und Hotel

2019 ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Vor rund fünf Jahren hatte der damals neue Vertriebs- und Marketingdirektor Christophe Pouille die bereits intern bestehende Ausrichtung auf die drei Segmente Büro, Hotel und Wohnen/Handel als offizielle Vertriebsstrategie verkündet. Dieser Schritt hat bis heute zwei Stoßrichtungen. Pouille verfolgt die Schärfung des Unternehmensprofils nach außen vor allem im Objektvertrieb; gleichzeitig sollen alle Abteilungen und Bereiche des Unternehmens ihre Arbeit stärker an den Bedürfnissen der Kunden in den drei Marktsegmenten ausrichten.

Das ist in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen. Denn Balsan war viele Jahrzehnte eher produktionsgetrieben als vertriebsgesteuert. Das Unternehmen hat eine ausgeprägte technische Expertise entwickelt. Nicht nur, weil der heutige Geschäftsführer Bernard Giraud viele Jahre Produktionsleiter gewesen ist und mit viel Enthusiasmus tief in der Tufting-Materie steckt. Sondern auch, weil die Anfänge des Unternehmens als königliche Textil- und Tuchmanufaktur zurück in das Jahr 1751 reichen. 1860 übernimmt die Familie Balsan und ihre Firma gehört Anfang der 1950er-Jahre zu den ersten, die die Tufting-Technologie aus den USA nach Frankreich holen. Balsan wird zum Tuftingspezialisten. Später investiert der Hersteller auch in eine Millitron-Spritzdruckanlage, von denen es in Europa bis heute nur zwei gibt. (Siehe "Das Sortiment" Seite 56.)

Die Verantwortlichen erkennen auch das Potenzial von modularen textilen Belägen und errichten im Jahr 2000 nur wenige Kilometer entfernt vom Hauptstandort in Arthon im Herzen Frankreichs ein zweites, komplettes Werk - ausschließlich für Teppichfliesen. 2006 übernimmt die belgische Belgotex-Gruppe von Stephan Colle Balsan. Er sieht das technische Know-how, das in der Firma steckt, und forciert weitere Investitionen.

Flexibel mit Colorpoint-Technik

Und so verfügt Balsan auch über die europaweit einzige Colorpoint-Maschine in 4 m Breite. Die Technik ist das modernste, was Tufting-Anlagen heute zu bieten haben. "Die Dessinierungsmöglichkeiten sind deswegen enorm groß. Wir sind in der Lage, auftragsbezogen Axminster-ähnliche Designs herzustellen, die wir zusätzlich mit Hoch-Tief-Strukturen versehen können - und das mit der Produktivität des Tuftingprozesses. Für unsere Kunden gibt es deswegen kaum Einschränkungen", erklärt Harald Silbersack, Vertriebsleiter Deutschland und Österreich.

Die Einschränkungen, mit denen Balsan in der Vergangenheit zu kämpfen hatte, waren eher organisatorischer und struktureller Art innerhalb des Unternehmens. Denn der in fast jedem Land schwindende Markt für Teppichboden verlangt heute in seinen unterschiedlichen Segmenten weniger Produkte von der Stange und mehr Individuelles. Das betrifft speziell Balsans Hauptsegmente Büro und Hotel.

An dieser Stelle greift die von Vertriebsdirektor Pouille verkündete Ausrichtung auf die drei Segmente Büro, Hotel und Wohnen/Handel. "Mit dieser Differenzierung und Fokussierung entwickeln und verkaufen wir seit einigen Jahren sehr viel zielgerichteter als früher unsere Produkte und Kollektionskonzepte. Wir können die heutige Nachfrage mit individuellen Lösungen viel besser und punktgenauer bedienen", unterstreicht Pouille, der viele Jahre in Deutschland für den Luxusgüter-Konzern Mot Hennessy/Louis Vuitton (LVMH) tätig gewesen ist.

Vertrieb fokussiert auf Objekt

So fällt die Bilanz des 2014 angestoßenen Transformationsprozesses für Balsan insgesamt positiv aus. Und auch in Deutschland und Österreich sieht Vertriebsleiter Silbersack, der im September 2014 geholt wurde, den Tufter auf einem guten Weg. Die Franzosen hatten im Herbst 2016 die langjährige Vertriebspartnerschaft mit der Schwestergesellschaft Associated Weavers beendet, um ihr Vertriebsprofil auch hierzulande zu schärfen. Seitdem betreut der deutsche Außendienst seine Ansprechpartner in Deutschland und Österreich direkt und segmentbezogen.

Gleichzeitig hat Silbersack die Vertriebsarbeit seiner Mannschaft vom Handels- in Richtung Objektgeschäft ausgerichtet; der gute und langjährige Kontakt zum Großhandel wird weiterhin gepflegt. Die Grossisten profitieren heute von der Objektarbeit des mittlerweile auf sieben Mitarbeiter aufgestockten Außendienstes in beiden Ländern. "Denn unser Produktmix ist heute ein anderer: Neben der Handelsware haben wir mehr Objektware als früher, weil sich der Markt und die Nachfrage ändern. Aber Partner des Großhandels sind wir immer noch. Daran wird sich nichts ändern", unterstreicht Silbersack.

Millitron-Druck ab 100 m2

"Wenn Büroplaner, Hoteleinrichter und ausschreibende Stellen heute einen textilen Boden haben möchten, verlangen sie häufiger eine individuelle und besondere Optik sowie spezielle technischen Eigenschaften wie Akustikrücken", stellt der Vertriebsleiter fest. Diesen Trend begegnet Balsan mit sechs Sortimentsbereichen und Konzepten: Modulare Produkte, Colorpoint-Tufting, kombinierte Verlegung Bahnenware/modular, Millitron-Druck ab 100 m2, Akustik und ganzheitliche Lösungen zusammen mit Teppichen, LVT und Sauberlaufzonen. (Siehe "Das Sortiment" Seite 56.)

Verkaufte Balsan in Deutschland und Österreich früher bis zu 85 % Bahnenware, und die zu zwei Dritteln an den Großhandel, stehen Teppichfliesen und -planken durch massives Wachstum im ersten Quartal 2019 bereits für 50 % der Umsätze, berichtet Silbersack. Die Umsatzziele auf den beiden deutschsprachigen Märkten wurden zwar nicht erreicht, das Ergebnis aber deutlich verbessert, weil der Produktmix, den Balsan hierzulande verkauft, durch die stärkere Objektausrichtung ein anderer geworden ist.

Fertigung bis zu 20 Prozent auftragsbezogen

Balsan produziert schon heute 15 bis 20 % auftragsbezogen - Bahnenware und modular. Vier Designer in Arthon sind Ansprechpartner für Kunden, die Individuelles wünschen. Zudem gibt es einen spezialisierten Mitarbeiter, der für Bauherren und Architekten individuelle Verlegepläne entwickelt und die entsprechenden Mengenbedarfe ermittelt. Eine Key Account-Managerin berät zusätzlich weltweit Kunden im Segment Hotel und Gastronomie.

Gerade im für Balsan wichtigen Hotelsegment hat sich die Nachfrage aber verändert. Während früher rohweiße Ware gefärbt oder mit Verfahren wie Millitron bedruckt wurde, setzen die Hotelbetreiber heute stärker auf solution-dyed (SD) Polyamidgarne. Das macht die aus ihnen hergestellten Teppichböden und Teppichfliesen in der Nutzung vorteilhafter im Vergleich zu Druckware: SD-Teppichböden behalten länger ihre ursprünglichen Farben, sind UV-beständiger und halten auch scharfen Reinigungsmitteln stand.

"Diese Vorteile in Unterhalt und Reinigung nehmen Hoteliers und Hotelketten gerne in Anspruch", berichtet Silbersack. Gleichzeitig müssten die Auftraggeber aber auf Dessinierungsmöglichkeiten verzichten, weil normale Tuftinganlagen nur sehr eingeschränkt Designs hervorbringen können. Anspruchsvollere, kreativere und detailliertere Dessinierungen und Logos auf SD-Teppichböden seien nur mit der Colorpoint-Technik möglich, unterstreicht er.

Neu: LVT und Sauberlauf

Die Verantwortlichen beschränken sich im Transformationsprozess und bei der Profilierung im Objektgeschäft nicht allein auf ihr angestammtes Tuftingsortiment. Seit 2018 erweitern deswegen Sauberlaufzonen das Angebot der Franzosen. Im Verlauf des Jahres entschied sich die Führung, PVC-Designbeläge in den drei Ausführungen Dryback, Klick und Looselay in das Portfolio aufzunehmen. "Ich habe es als unsere Pflicht angesehen, unser Sortiment mit LVT zu ergänzen", beschreibt Pouille und verdeutlicht auch in diesem Punkt einmal mehr den Unterschied zu anderen traditionsreichen Teppichbodenherstellern, die in Sortiment und Vertrieb bis heute zu wenig flexibel auftreten.

Zwar wird Balsan mit seinen LVT heute keine Objekte direkt angehen und gewinnen, sondern sie lediglich als Ergänzungsprodukte punktuell einsetzen. Doch von der Diversifizierung versprechen sich Pouille und Silbersack zusätzliche Umsätze in Projekten, die sie mit textilen Belägen gewonnenen haben. Oder die Designbeläge fungieren als Türöffner für neue Projekte mit vorhandenen Objektkunden.
ââ jochen.lange@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 06/19 (Wirtschaft)