Marc Böhle, Vorsitzender des Verbandes der Bettenfachgeschäfte (VDB)

Bettenfachhandel muss agil, empathisch und kreativ sein


2018 war das dritte Jahr in Folge, in dem der Bettenfachhandel mehrheitlich Umsatzrückgänge verbuchen musste. Es gibt zwar immer noch Kollegen, die im letzten Jahr ein Plus erzielen konnten, rund zwei Drittel haben jedoch deutlich an Umsatz eingebüßt. Mittlerweile kann man nicht mehr von einer Delle sprechen, die sich einfach aussitzen lässt. Die Branche ist jetzt vielmehr gefordert, sich noch intensiver mit den sich verändernden Marktgegebenheiten auseinanderzusetzen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Die größten Probleme bereitet unverändert das schwächelnde Geschäft mit Matratzen und Bettsystemen. Die Gründe sind bekannt: Beim Trendprodukt Boxspring haben sich die Möbelhäuser verloren gegangenes Terrain zum Teil zurückgeholt. Und auch die Zahl der Hersteller-eigenen Mono-Marken-Stores hat speziell in den Metropolen weiter zugenommen und so den Wettbewerb verschärft.

Für den beratungsorientierten Bettenfachhandel besonders ärgerlich ist zudem der anscheinend ungebremste Siegeszug der Online-Matratzen bzw. von Bett1. Es ist schon bemerkenswert, dass die Bodyguard-Matratze mit ihrem Slogan "die beste jemals von Stiftung Warentest getestete Matratze" innerhalb weniger Jahre zum Marktführer geworden ist. Zu deren Käufern gehören leider auch viele (ehemalige) Fachhandels-Kunden.

Wir wissen zwar aus Umfragen im Handel, dass etliche Kunden mit ihrer online gekauften Matratze unzufrieden sind und sich im Bettenfachhandel ein passenderes Modell aussuchen. Dennoch bescheren die massiv beworbenen Online-Angebote dem Bettenfachhandel ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem. Wenn die vermeintlich beste Matratze nur 199 Euro kostet, warum soll der Kunde dann im Fachhandel 800 Euro und mehr ausgeben? Wenn es eine Matratze gibt, die allen Menschen gut passt und die man andernfalls kostenfrei zurückschicken kann, warum soll man sich dann im Fachhandel überhaupt zeitaufwändig beraten lassen?

Auf diese Fragen hatte die Branche bislang keine klare werbliche Antwort. Daher hat der VDB in Zusammenarbeit mit den Einkaufsverbänden ABK, Bettenring und MZE im letzten Jahr die Werbe-Kampagne "JEDER schläft ANDERS" aus der Taufe gehoben. Deren Ziel ist es, die Individualität jedes Menschen zu betonen, Problembewusstsein bezüglich des Bettes zu schaffen und so den Markt für individuelle Bettenlösung zu stabilisieren.

Der Start der VDB-Kampagne mit der Website www.jeder-schläft-anders.de war durchaus ermutigend. 60 Händler mit rund 100 Geschäften haben sich beteiligt und in den letzten Monaten entsprechende Online-Werbung auf thematisch passenden Einrichtungs-Web-Portalen in ihrem Einzugsgebiet geschaltet. Die Klickraten waren überdurchschnittlich. Weitere Aktivitäten sollen folgen.

Klar ist aber auch: Mit dem dort eingesetzten Media-Budget im hohen fünfstelligen Bereich kann man bundesweit nur ein begrenztes Zeichen setzen. Der Wettbewerb gibt schließlich ein Vielfaches allein für TV-Werbung aus. Trotzdem ist die VDB-Kampagne ein wichtiges und richtiges Signal der Branche an die Kunden. Sie reicht aber selbstverständlich nicht aus, um den Markt in unserem Sinne zu drehen. Weitere Schritte auf diesem Weg müssen folgen. Ansonsten wird die Branche - Handel und Industrie - weiter Marktanteile verlieren!

Parallel bleibt es wichtig, sein Geschäft ständig zu optimieren, um im zunehmenden Wettbewerb bestehen zu können. Der Bettenfachhandel hat Zukunft, wenn er gut aufgestellt ist und seine Kosten im Griff behält. Empathie gegenüber den Kunden, Agilität im Tagesgeschäft und Kreativität beim Marketing sind hierbei entscheidende Faktoren.

Von großer Bedeutung für den künftigen Erfolg sind und bleiben natürlich auch verlässliche Partner auf Seiten der Lieferanten. Hier sitzen beide Parteien in einem Boot. Wenn es dem Bettenfachhandel gut geht, profitiert auch der Industriepartner. Alleingänge der Hersteller, genährt von unrealistischen Umsatzerwartungen, machen erfahrungsgemäß keinen Sinn. Aktuelle Beispiele aus der Textilbranche zeigen, dass Überdistribution in Form von (zu vielen) eigenen Läden schnell zu Schieflagen führen kann.
aus Haustex 01/19 (Wirtschaft)