Fließestrich-Forum in Kloster Haydau

Praktische Tipps und zukunftsweisende Ideen

Das fünfte Fließestrich-Forum hat Ende Oktober mit über 130 Teilnehmern die Vorjahresveranstaltung nochmals übertroffen. Anwesend waren im Tagungshotel Kloster Haydau (Altmorschen) neben Verarbeitern und Sachverständigen auch Vertreter der Industrie sowie Mitglieder von Ingenieurbüros.

Die Teilnehmer wurden begrüßt von Geschäftsführerin Antje Hannig vom Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM), Dr. Markus Pfeuffer, stellvertretender Vorsitzender des VDPM, und Bernfried Hansel, Arbeitskreis-Obmann Calciumsulfatestriche des Bundesverbands Estrich und Belag (BEB). Mit im Bund als Veranstalter war auch das Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF).

Dr. Pfeuffer gab zunächst einen Überblick über die aktuelle Marktsituation. Der Estrichmörtelmarkt sei neben dem für Putz- und Mauermörtel der größte Mörtelmarkt in Deutschland und wachse seit 2009 kontinuierlich. Im laufenden Jahr rechnet der VDPM mit einem Volumen von fast 3,5 Mio. m3. Fließestriche wiesen 2017 insgesamt einen Marktanteil von 32 % auf. Weitere Werkmörtel wie z. B. Schnellestriche und Zementestriche kommen auf 9 %.

Einsatz von Fließestrich
steigt langsam

Der Anteil der Baustellen-Estriche auf Zementbasis lag 2017 unverändert bei knapp 40 % und für konventionelle Calciumsulfatestriche bei ca. 9 %. Ein Vergleich der Entwicklung zeigt, dass sich der Marktanteil des Fließestrichs dem des Zementestrichs in kleinen Schritten annähert. Fließestrich hat gegenüber konventionellem Estrich den Vorteil eines stehenden Einbaus. Für den Estrichleger bedeutet dies einen größeren Schutz der eigenen Gesundheit. "Darum wird sich der VDPM in den kommenden Jahren für einen größeren Marktanteil des Fließestrichs einsetzen", bekräftigte Dr. Pfeuffer.

Hansel wies darauf hin, dass seit Kurzem zahlreiche BEB-Merkblätter überarbeitet wurden. Dies würde alle fünf Jahre durchgeführt werden. Zudem sprach er ein Problem an, dass viele Estrichleger beträfe. So würden Verkehrsbetriebe vermehrt Handwerker anzeigen, wenn diese ihre Estrichmaschine nahe der Straße abstellen würden. Der BEB habe ein Informationsblatt für den Aufbau der Estrichpumpe mit Schlauchführung zur Baustelle erstellt. So ausgeführt, könne die abgestellte Maschine beim Ordnungsamt angemeldet werden und ärgerliche Strafgelder würden entfallen.


Andres Seifert
Fließestrich in Feuchträumen

Über "Fließestrich in Feuchträumen" referierte Andres Seifert, Arbeitskreisleiter Technik & Marekting Estrichmörtel im VDPM. Nach Seiferts Erfahrung werden Calciumsulfatfließestriche seit 40 Jahren erfolgreich im Bad eingebaut. Der Referent ging bei seinem Vortrag auf die DIN 18534 (Abdichtung von Innenräumen) mit den neuen Abdichtungsteilen ein. Dabei bezog er sich vor allem auf die Wassereinwirkungsklassen. So könne bei W0-I und W1-I problemlos Fließestrich eingesetzt werden, weil bei diesen Klassen nur von Spritzwasser, aber keinem stehenden Wasser ausgegangen werde. Er erläuterte dies anhand einiger Grafiken von Badplänen.

Ausnahmen sind gewerbliche Bereiche, wie z. B. Wellnesscenter oder Schwimmbäder, wo dauerhaft hohe Luftfeuchten herrschen. Denn wo viel Brauchwasser anfällt (W2-I), wird ein ausreichendes Gefälle benötigt, um das Wasser abzuleiten; hier sollte kein Calciumsulfatfließestrich verwendet werden.

Als problematisch bezeichnete er ein Merkblatt des Flieserlegerverbands, in dem die Wassereinwirkungsklassen falsch zitiert worden seien. Deshalb halte sich hartnäckig der Glaube, dass Calciumsulfatfließestrich nicht im Bad eingesetzt werden dürfe. Dabei hätten diese wichtige Vorteile: Es kommt zu keiner Rückverformung und Randabsetzungen, die gute Ummantelung von Fußbodenheizungen, die starke Wärmeleitfähigkeit und Calciumsulfat sei ein guter Untergrund für großformatige Fliesen. Seiferts Fazit lautete: "Fließestrich in Feuchträumen: Ja, eine gute Idee."


Martin Simmel
Hauptsache Gesundheit

Den Fachvortrag "Hauptsache Gesundheit" hielt Martin Simmel vom Prof. Wühr und Simmel Gesundheitsmanagement Systeme. Er empfahl den Anwendern, eine Balance zwischen Arbeit und Ruhe-
zeit zu finden. Sein Rezept: Regelmäßige kurze Pausen durchführen, Abstand gewinnen und durchatmen. Dies würde die Produktivität insgesamt steigern. "Wer Vollgas fährt, muss die Bremse pflegen", sagte er.


Jean-Pierre Bildstein und Arnd Pferdehirt
Wirkungsweise von Zusatzmitteln in Leichtmörteln

Jean-Pierre Bildstein von Fischer und Arnd Pferdehirt von Lanxess Deutschland sprachen über die "Wirkungsweise von Zusatzmitteln in zementär gebundenen Leichtmörteln - Randbedingungen und normative Anforderungen." In vielen Anwendungsgebieten, vor allem in der Renovierung, werde immer mehr Leichtmörtel eingebaut. Dabei handelt es sich um einen Estrich, der neben Zement und Wasser mit EPS-Granulat versetzt ist. Aktuell darf dieser noch vor Ort auf der Baustelle gemischt werden. Ab 2019 verbietet eine neue EU-Umweltrichtlinie dies. Pferdehirt wies darauf hin, dass in diesem Fall eine vorgemischte, fließfähige Variante dringend erforderlich sei. Wenn ein fließfähiger Estrich genau so schnell trocknen soll, wie ein konventioneller, müssen verschiedene Additive hinzugefügt werden.

Der Leichtmörtel habe in fließfähiger Form viele Vorteile, etwa in der Ummantelung von Fußbodenheizungen. Mit einem neuen Gütezeichen können Verarbeiter sichergehen, dass sie die neuen Richtlinien der EU und alle Normen einhalten. Allerdings sieht Pferdehirt ein Problem in der Produktion der Komponenten, falls weiter so viel Leichtmörtel nachgefragt wird: "Wo soll das ganze EPS herkommen?", fragte Pferdehirt am Ende seines Vortrags provokativ.


Dr. Frank Radtke
CM- und KRL-Messung im Vergleich

Im Vortrag "CM- und KRL-Messung im Vergleich - Praxiserfahrungen" verglich Dr. Frank Radtke, CPM Chemisch-Physikalische Messtechnik, die beiden Feuchtemessmethoden für Estriche. Er berichtete über seine Praxiserfahrungen als Messtechniker im Vergleich von CM- und KRL-Methode und zog dazu auch die Messdaten einer Messreihe der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe hinzu.

Er kritisierte bei der KRL-Methode die Sensoren der Messgeräte und wies darauf hin, dass diese viel zu oft kalibriert werden müssten. Dies wäre zu zeitintensiv für die Baustelle. Die KRL-Methode sei hervorragend geeignet für die Schadensanalyse und damit verbunden die Nutzung im Labor. Es kam im Publikum zur Diskussion über die KRL-Methode. So kritisierten einzelne Tagungsteilnehmer die TKB für die Gleichsetzung von Zement- und Calciumsulfatestrich bei Messungen.

Daneben wandte sich Radtke bezüglich der CM-Methode mit einer Bitte an das Publikum: Handwerker müssten ihre Angst überwinden, zu tiefe Löcher zu schlagen. Für eine korrekte Messung brauche man Material aus dem gesamten Estrichquerschnitt. Dieser sei aber nicht gegeben, wenn Verarbeiter das Einschlagen des Estrichs beenden würden, weil sie Angst hätten, die Fußbodenheizung zu beschädigen. Es entstünden durch falsche Messergebnisse automatisch Schäden wegen Feuchtigkeit.


Wolfgang Retsch
Konsequenzen der neuen DIN 18533

Wolfgang Retsch, Arbeitskreis-Obmann Abdichtungen im BEB, erläuterte "Die Konsequenzen der neuen DIN 18533 für die Abdichtung der Bodenplatte." Neu sei, dass nun das gesamte Bauteil betrachtet werde, statt einzelne Teile. Dies ist für die Abdichtung entscheidend. Nun ist der Planer für die korrekte Wahl der Abdichtung verantwortlich, da er das gesamte Bauwerk im Blick hat.

Retsch sprach über Wassereinwirkungs-, Raumnutzungs- und Rissklassen im Untergrund. Sein Hauptaugenmerk lag allerdings auf dem Thema Bodenfeuchte. Je nachdem, welche Situation der Handwerker vorfindet, muss eine passende Abdichtung gewählt werden. Retsch erinnerte die Handwerker daran, dass sie frühzeitig den Planer auf die Norm hinweisen müssten, wenn sie bemerken würden, dass eine Abdichtung nicht ausreichend für den vorgefundenen Untergrund sei. Das könne als besondere Leistung abgerechnet werden.


Dr. Dirk Niepmann
Innere Trocknung

Dr. Dirk Niepmann von Imerys Aluminates erläuterte die "Innere Trocknung - eine wenig beachtete Eigenschaft." Er berechnete exemplarisch die Luftmenge, die verschiedene genormte Estriche benötigten, damit deren Restfeuchte vollständig getrocknet sei. Ein aktuelles Problem seien für ihn die neuen Nullenergiehäuser, die nur geringe Luftwechselraten voraussetzen. Damit würden die Transportprozesse der Feuchtigkeit im Inneren des Estrichs viel länger benötigen. Dies führe zu einer längeren Trocknung. Daher werde in Zukunft noch stärker auf Additive zur Trocknungsbeschleunigung zurückgegriffen werden müssen.

Die Ergebnisse interner Szenarien zeigten, dass aluminathaltige Bindemittel und die dadurch forcierte innere Trocknung diesem Problem entgegenwirken können.


Frank Häberer
Erfahrungen mit dem neuen Bauvertragsrecht

Am Ende schilderte Rechtsanwalt Frank Häberer seine "Erfahrungen mit dem neuen Bauvertragsrecht - 10 Monate nach der Einführung." Er gab zu, dass es noch keine Erfahrung gebe, referierte jedoch über die verschiedenen Entwicklungen, die sich abzeichnen würden.

So sprach er über die Möglichkeit, einen Vertrag wegen außerordentlichem Grund zu kündigen, wie Abschlagsleistungen gefordert werden könnten, wie Leistungsbeschreibungen verstanden werden müssten und wie bei einem Änderungsbegehren gehandelt werden müsse. Häberer rundete seine Informationen durch konkrete Tipps ab: "Prozesse gewinnt man im Bauvertragsrecht vor allem mit starken Baustellen-Dokumentationen und vollständigen Schriftwechseln."

Antje Hannig schloss die Veranstaltung mit der Ankündigung des Termins des nächsten Fließestrichforums: 22. Oktober 2019 in Bamberg.
aus FussbodenTechnik 01/19 (Wirtschaft)