"Parkettleger – meisterlich on tour": Außergewöhnliches Gemeinschaftsprojekt

Neuer Glanz für den Spiegelsaal im Jagdschloss Hubertusburg


12.000 Einzelteile, 780 Platten und der "Heinrichs-Orden" als großformatige, handcolorierte Intarsie: Mit der Verlegung von 120 m2 Tafelparkett im Spiegelsaal des Jagdschlosses Hubertusburg in Wermsdorf haben die "Parkettleger on tour", eine ambitionierte Gruppe aus Meistern, Gesellen und Auszubildenden um Ernst Müller, ein außergewöhnliches Projekt realisiert. Dafür wurden sie mit fürstlichem Applaus belohnt.

Es ist herausragend, was die 15 Handwerker der Gruppierung "Parkettleger - meisterlich on tour" um Ausbilder Ernst Müller von der GBS Ehingen, bei ihrem diesjährigen Gemeinschaftsprojekt geleistet haben: In vier Tagen verlegten sie im Jadgschloss Hubertusburg, der einstigen Jagdresidenz des sächsischen Adelshauses Wettin in Wermsdorf zwischen Leipzig und Dresden, 120 m2 herrschaftliches Parkett.

Der imposante Bau, das größte Landschloss Europas, wurde als Steingutfabrik, Militärmagazin, Lazarett, Strafanstalt und nach mehreren Umbauten bis 1990 als Klinik und Psychiatrie genutzt. Jetzt ruht es im Dornröschenschlaf und soll nach und nach renoviert werden. 70 Mio. EUR hat der Freistaat Sachsen bereits in die Renovierung des vorderen Gebäudes inklusive Kapelle und die Instandsetzung der gesamten Dachflächen investiert. Ein Vielfaches ist jedoch nötig, denn allein die Gutachten der Denkmalämter zur Befundung verschlingen Unsummen. Womit allerdings noch keine produktive Leistung in der Sanierung erfolgt ist...

Medienwirksames
Zeichen für die
Leistung des Parkettleger-Handwerks

Hierzu haben die "Parkettleger - meisterlich on tour" einen wesentlichen Beitrag geleistet - und dafür Freizeit und Urlaub geopfert. Ihr Ziel ist einerseits eine Option zur Gestaltung eines neuen Bodenbelags darzulegen, um so den Fokus von Politik und Invesstoren auf die Notwendigkeit von Finanzmitteln für Renovierungsmaßnahmen zu lenken. Andererseits wollen sie auch ein medienwirksames Zeichen für die Leistungskraft des Parkettleger-Handwerks setzen.

Viele Parkettleger kommen selten oder nie an Aufträge in historischen Gebäuden und können sich daher nur begrenzt mit der traditionellen Handwerkskunst profilieren, mit der sie sich von anderen bodenlegenden Berufsgruppen abheben. Deshalb ist es Organisator Ernst Müller, technischer Lehrer an den gewerblichen Berufsschulen in Ehingen und Dozent im Meisterkurs sowie selbst Parkettlegermeister mit Leib und Seele, wichtig, jungen und junggebliebenen Parkettlegern mit Work Camps an sozialen Projekten immer wieder Chancen zu bieten, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Unterstützung in der Objektauswahl und der Organisation vor Ort hatte Müller durch Steve Klose, seinem ehemaligen Meisterschüler und jetzigen Kollegen im Meisterkurs sowie engagiertem Lokalpolitiker in Dahlen. Er baute die Kontakte zu Politikern und Behörden vor Ort auf, so dass die Hürden des Denkmalamtes überwunden werden konnten. Eine Auflage war die Verlegung auf Spanplatte, damit die "historische Substanz" unberührt bleibt. Die Schirmherrschaft für die Aktion übernahm Sachsens Finanzminister Dr. Matthias Haß und garantierte so mediales Interesse.

Hohe Anforderungen an Organisation -
und Fingerspitzengefühl

Nach halbjähriger Vorbereitung des Projekts legt das Team los. Für Material sowie Unterkunft und Verpflegung hatten sich Sponsoren aus Industrie, Handel und Handwerk gefunden. Teammitglied Christian Ellsässer hatte seine Kontakte zu Hersteller Bauwerk genutzt und das Sponsoring von Unopark-Parkettstäben bewerkstelligt. "Die Zweischicht-Stäbe haben Vorteile bei der Dimensionsstabilität im unbeheizten Objekt, braucht aber als Nut-Feder-Stab beim Zuschneiden fürs Muster etwas mehr Vorüberlegung als Nut-Nut-Stäbe", erklärt Müller, der auch für das Muster des Tafelparketts verantwortlich zeichnete. Zwei Kriterien waren für ihn dabei entscheidend: Erstens die rasche Umsetzbarkeit vor Ort und zweitens eine effektive Nutzung des vorhandenen Materials.

Herzstück des neuen Parketts bildet die farbig kolorierte Intarsie mit dem Motiv des "Heinrichs-Ordens". Der sächsische Kurfürst August II. und polnische König August III. hatte diesen ältesten militärischen Verdienstorden in Deutschland 1773 gestiftet und erstmals in diesem Saal verliehen. Für das Tafelparkett wurden aus 12.000 Einzelteilen in vier Holzarten zudem 780 Platten angefertigt und mit einer fantastischen Flächenwirkung verlegt: Winkel aus Kirsche und Ahorn scheinen über einem Grund aus Eiche und Nussbaum hinweg zu schweben. Nur mit strukturierten Arbeitsabläufen und perfekten Serienschnitten lassen sich in kurzer Zeit so viele einzelne Elemente fertigen.

Im 46 m langen Flur und den zum Garten hin angrenzenden Räumen wird das Parkett auf einem Teilbereich von 120 m2 gelegt. Ursprünglich war alles ein Raum, wie Bilder zeigen, der über 500 m2 große Spiegelsaal nach Versailler Vorbild. Die Verlegung ist so konzipiert, dass sie einen Eindruck von der Gesamtfläche vermittelt und mit Entfernen der Wände fortgesetzt werden könnte. In der rechnerischen Mitte des früheren Saals wurde die Intarsie mit einem Durchmesser von etwa 4 m platziert. Müller hatte die Einlage mit den Azubis im Unterricht in Ehingen und in seiner heimischen Werkstatt bereits vorgefertigt. Dennoch ist die Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten aufwändig. Speziell die farbige Gestaltung erfordert Sachverstand und Fingerspitzengefühl. Nur so lässt sich die Kapillarwirkung des Holzes überlisten.

In der Gestaltung der Gesamtfläche ist auch berücksichtigt, dass später eventuell eine Wandvertäfelung angebracht wird. So wird an einigen Stellen das Tafelparkett nochmals ausgefräst und ein Kassettenmotiv als Spiegelung der Wand eingelegt. "Das ist schneller und präziser, als die Spiegelung der Kassetten gleich zu legen", erklärt Müller.

Während der Arbeiten kamen immer wieder Besuchergruppen im Rahmen einer Schlossführung auf die Baustelle und schauten den Handwerkern interessiert zu. Wermsdorfs Bürgermeister Matthias Müller war sehr oft zur Stelle, organisierte rasche Hilfe, wenn mal der Strom ausfällt. Beeindruckt von der Leistung und den schnellen Fortschritten zeigte sich auch Daniela Hollburg, die als Fachbereichsleiterin im zentralen Flächenmanagement eine mögliche Nutzung des Objekts auslotet und hofft, dass die Aktion private Investoren mobilisieren kann.

Verdienter Applaus für die Parkettleger

Der Zeitplan war sportlich, aber machbar. Kurz vor der offiziellen Übergabe wurde noch geölt und poliert. Zur feierlichen Übergabe des Parketts mit lokaler Prominenz, Gästen aus Politik und Adel und zahlreichen Medien reisten sogar Prinz Alexander, Prinzessin Gisela und Prinz Clemens aus Mexiko an. Der Prinz ist heute der Vorstand des Fürstenhauses Wettin und Vorstand der Stiftung "St. Heinrichs Orden". Wie der sächsische Finanzminister war die prinzliche Familie begeistert von der Idee und der Ausführung des Parkettbodens.

Für die "Parkettleger - meisterlich on Tour" ist klar, dass sie 2019 ein neues Projekt angehen - voraussichtlich im Raum Rhein-Neckar, wie Christian Elsässer verriet, der dann vor Ort die Fäden zieht. | Silvia Mändle
aus Parkett Magazin 01/19 (Wirtschaft)