Netzwerk Boden tagte in Dresden

Neue Mitglieder müssen Qualitätsstandards erfüllen


Das Netzwerk Boden, ein exklusiver Zusammenschluss von Handwerksbetrieben, Industriebetrieben und Architekten, will sich weiter verstärken. Mitmachen kann aber nicht jeder. Wer in den Kreis aufgenommen werden möchte, muss hohen Qualitätsansprüchen genügen.

Das Netzwerk Boden entstand 2016 aus einem Zusammenschluss der beiden Gruppierungen Objekteure im Forum (OiF) und Decor-Union/Objectmaster. Gesellschafter sind zu je 50 % Uzin Utz und die Hannoveraner Kooperation Decor-Union. In einem Strategiepapier hat der Verbund drei Zielgruppen definiert: Handwerker, Hersteller und Architekten. "Wir brauchen mehr Mitglieder", formulierte Geschäftsführer Beat Ludin auf der Tagung in Dresden den Wunsch nach Expansion. Weiße Flecken auf der Landkarte gibt es vor allem im Osten und im mittleren Deutschland. Wer aber ein echtes Netzwerk sein will, braucht flächendeckende Ausdehnung.

Dazu will man nicht nur auf Interessierte warten, sondern selber aktiv werden. Zur Akquise wurde deshalb Katharina Pas von der Decor-Union verpflichtet. Argumentative Unterstützung leisten ein Video mit Aussagen von Branchenteilnehmern zu den Vorteilen des Netzwerkes und eine Info-Broschüre. Pas, deren vorherige Stationen unter anderem die Bodenbelagsgroßhandels-Kooperation Copa und Großhändler Jordan waren, ist zudem künftig für Qualitätssicherung, Umsetzung der Strategie, Fortbindungsmaßnahmen und individuelle Unterstützung der Mitglieder zuständig.

Zum Zeitpunkt der Jahrestagung waren 68 Mitglieder beim Netzwerk Boden verzeichnet. Der Parketthersteller Jaso allerdings zieht sich zum Jahresende zurück. Als "wünschenswerte Größe" des Netzwerks nennt Beat Ludin rund 100 Anschlusshäuser. Bis Ende 2019 könnten es 80 sein. Das ist nur eine moderate Steigerung, hat aber Gründe. "Es sollen durchweg aktive Mitglieder sein, die in unseren Arbeitskreisen auch tatsächlich mitwirken." Bisher sei die Quote engagierter Mitglieder mit 86 % sehr erfreulich. Übrigens: eine einseitige Stärkung auf Industrieseite ist nicht das vornehmliche Ziel.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Qualität in Bezug auf Produkte und Arbeitsausführung. Hier hat sich das Netzwerk Boden eigene Standards gesetzt, die die Mitglieder erfüllen müssen. Das wird regelmäßig überprüft. Welche Auflagen zu beachten sind und zu wie viel Prozent sie erreicht werden, kann ein Mitglied im Intranet (NB-Manager) des Netzwerkes einsehen. Pünktliche Zahlung der Jahresbeiträge reicht nicht. Zuletzt blieben fünf ungenannte Mitglieder unterhalb der Qualitätsanforderungen. Sie wurden vorübergehend von der Homepage des Netzwerks Boden entfernt.

Welchen Zweck erfüllt das Netzwerk Boden?

"Die Auflösung der OiF und direkte Mitgliedschaft im Netzwerk Boden war eine sinnvolle Sache", sagt Regina Hebbeln-Röttjer von der Decor-Union. Weil einige von der OiF ursprünglich nicht mit einer Verbundgruppe im Boot sitzen wollten, habe man Überzeugungsarbeit und Klarstellung der Finanzierung leisten müssen. OiF-Kommanditisten seien aber nicht automatisch beim Netzwerk dabei, sondern müssten sich selber darum kümmern. Ludin ergänzt: "Wenn unterschiedliche Organisationen fusionieren, geht das nur auf Basis von Vertrauen." In der nächsten Phase werde man den Netzwerk-Beirat aus der Begleitung der Fusion wieder herausnehmen. Darüber hinaus gelte es, den Beirat zu verjüngen. "Wir wollen kein Altherrenclub werden, sondern mit jungen Leuten Antworten auf die Herausforderung der Zeit geben."

Was kann das Netzwerk Boden seinen Teilnehmern bieten? Angestrebt wird ein Mix unterschiedlich gelagerter und großer Unternehmen. Ein Beispiel ist der 15-köpfige Betrieb von Parkettleger Klaus Bauer aus Kothen/Motten: "Wir arbeiten bundesweit und nutzen das Netzwerk unter anderem, um vertrauensvolle Kontakte zu Kollegen zu halten, die wir als Subunternehmer einsetzen können. Auch der direkte Kontakt zur Industrie ist vorteilhaft, um Fragen und Probleme im persönlichen Gespräch zu klären."

Den Innungen will das Netzwerk Boden erklärtermaßen keine Konkurrenz machen. Dass es trotzdem Aufgaben wahrnimmt, die auch in den Bereich der Handwerksorganisationen fallen, mag am mitunter schwindenden, ehrenamtlichen Engagement in manchen Innungen liegen. Unterstützung gewährte das Netzwerk zum Beispiel der Aktion "Meisterlich unterwegs - Parkettleger on Tour", die unter Leitung von Ernst Müller, Lehrer der Gewerblichen Schule Ehingen, einen Tafelboden im Schloss Hubertusberg in Wermsdorf installierte.

In diesem Sinne will das Netzwerk mehr als nur wirtschaftliche Vorteile erzeugen. Ludin: "Natürlich suchen wir Betriebe, die bei unseren Industriepartnern kaufen, aber wir gehen neben dem ökonomischen auch einen philosophischen Weg." Darunter versteht der Geschäftsführer Projekte wie die Nachwuchs-Motivierung durch das Azubi-Camp für Parkett- und Bodenleger in Ehingen (Parkett Magazin hat darüber in der Ausgabe 05/18 berichtet). Auch das sogenannte "Notfall-Handbuch" fällt in diese Kategorie. Es beantwortet zum Beispiel die Frage: Was muss ein Betrieb tun, wenn der Unternehmensleiter plötzlich einen Herzanfall hat?

Als Marke im Objektbereich und in der Industrie verankern

Wissenstransfer ist eine weitere Priorität. Regina Hebbeln-Röttjer: "Wir verstehen uns als Kompetenzcenter mit Förderauftrag." Hohe handwerkliche Qualität soll Kern der Positionierung im Markt sein. Auf dieser Basis will das Netzwerk Boden bekannter werden. 3 bis 5 % Architekten haben schon einmal davon gehört, besagt eine Umfrage. Ludin: "Das möchten wir verbessern, zum Beispiel mit Facebook." Sogar Außenwirkung lasse sich über Social Media erzielen, doch der Endkunde sei nicht das Hauptziel. Vielmehr will sich das Netzwerk Boden als Marke im Objektbereich und in der Industrie verankern. "Unter diesem Aspekt wollen wir unsere Mitglieder professionalisieren."

Eigene App

Stark im Fokus auch das Thema Digitalisierung. Zwar ist die eigene Homepage noch nicht ganz vollständig, aber es gibt eine eigene App. Darin aufrufbar: Intranet mit Kommunikation nach außen, Datenbank, Produktinfos, Anmeldung für Veranstaltung, Gruppenchat, Austausch mit Kollegen und vieles mehr.

An ehrgeizigen Zielen mangelt es nicht. Mit einem eigenen Marktplatz könnte sich das Netzwerk Boden in Zukunft von der Non-Profit-Organisation zur B2B-Plattform mit wirtschaftlicher Berechtigung am Markt entwickeln. Beat Ludin: "Das Thema modularer Bau nimmt zu, da mag der ein oder andere Probleme bekommen. Wir fungieren als eine Scharnierstelle zwischen Industrie und Handwerk."

Mit elf Treffen im Jahr bestückte die Industrie unter dem Motto "Synergien Netzwerkpartner" zuletzt den aktivsten Arbeitskreis des Netzwerkes. Einen Großteil ihrer Marketingausgaben, 50 bis 95 %, verwenden Hersteller übrigens für das Geschäft bei privatwirtschaftlichen Aufträgen. Klar, dass es sie interessiert, wie sich Situation und Marktbedürfnisse unter Netzwerk-Objekteuren darstellen. Die Ergebnisse einer Umfrage: 93 % der Betriebe nennen ihre Auftragslage und Marge "gut bis sehr gut". Die Hälfte der Befragten macht rund 81 % ihres Umsatzes mit Bestandskunden. Im Mittel wird 22 % des Umsatzes dabei mit Privatkunden erwirtschaftet. In diesem Zusammenhang interessant wiederum das auf Privatkunden zielende Marketingbudget einiger Hersteller: Kährs 20 %, Gerflor 5 %, Pallmann 2%, Nora und Findeisen 0 %. 77 % der Objekteure bekunden, künftig ihren Umsatz steigern zu wollen. Ebenfalls 77 % halten Neukunden oder neue Objekte für wichtig und sehr wichtig. 23 % verdanken mindestens 20 % ihres Umsatzes öffentlichen Ausschreibungen (Mittelwert 12 %). Im Vergleich dazu die entsprechenden Anstrengungen von Industrieseite: Kährs unter 5 %, Gerflor 50 %, Uzin Utz 10 %, Nora 65 %, Findeisen unter 10 %. Übrigens: deutlich über die Hälfte der Objekteure arbeitete 2017/18 mit jeweils drei bis über sechs General- und Bauunternehmungen zusammen.

Stets beliebt sind errungene Auszeichnungen. Deshalb hat das Netzwerk Boden bereits im vergangenen Jahr den "Boden des Jahres 2017" prämiert: Marmoleum Cocoa von Forbo. Der nächste Netzwerk-Jahresboden 2018 wird 2019 auf der Münchner Bau öffentlich gekürt.
Henrik Stoldt

Umfrage unter Netzwerk-Objekteuren
93 % bewerten ihre Auftragslage mit "gut bis sehr gut"
50 % erzielen 81 % ihres Umsatzes mit Bestandskunden
77 % wollen künftig ihren Umsatz steigern
77 % halten Neukunden/Neuobjekte für wichtig und sehr wichtig
23 % verdanken mindestens 20 % ihres Umsatzes
öffentlichen Ausschreibungen
aus Parkett Magazin 06/18 (Wirtschaft)