EPLF: Ludger Schindler und Paul De Cock im Interview

"Der Markt verändert sich in seinen Grundfesten"


Im EPLF endete eine Ära: Nach 16 Jahren übergab Ludger Schindler das Präsidenten-Amt an Paul De Cock. Der Belgier übernimmt die grundlegende Zielrichtung seines Vorgängers, will aber auch neue Akzente setzen. Erstes Signal: der Umzug von Bielefeld nach Brüssel. Parkett Magazin sprach mit dem Ehrenpräsidenten und seinem Nachfolger.

Herr Schindler, Sie übergeben ein gut bestelltes Haus. Welche Aufgaben sind gelöst, was geben Sie Ihrem Nachfolger mit?

Ludger Schindler: 16 Jahre durfte ich die strategische Leitlinie unseres Verbandes weitgehend mitgestalten. Und ich bin stolz darauf, dass wir heute der größte Verband unserer Art sind, dass der weitaus größte Teil der weltweiten Produktion aus Europa kommt und die hohen Maßstäbe an ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit erfüllt. Das EPLF-Logo und die technischen Standards, die wir mitgeprägt haben, sind überall auf der Welt anerkanntes Zeichen für beste Qualität. Diese Stellung konsequent weiterzuentwickeln, ist sicher eine große Herausforderung - vor allem, weil sich unser Markt in seinen Grundfesten verändert. Endkunden wollen einen modernen Boden, der allen ihren Nutzungsanforderungen entspricht - nicht nur Boden einer bestimmten Kategorie.

Herr De Cock, Laminat gerät vor allem durch Designbeläge zunehmend unter Druck - zumindest auf dem westeuropäischen Markt. Was kann der EPLF tun, um hier eine weitere Erosion der Marktanteile zu stoppen?

Paul De Cock: Die Konjunktur der Designböden geht nicht nur gegen Laminat. Aber: Unsere Märkte verändern sich. Der Endkunde hat neue Ansprüche an seinen präferierten Bodenbelag. Durch die Marktforschung des EPLF und die Marktnähe unserer Mitgliedsunternehmen wissen wir, worauf es beim Boden der Zukunft ankommt. Wir müssen also nicht auf Designboden reagieren, sondern im Sinne der Erfüllung dieser Kundenwünsche unsere Laminatböden weiterentwickeln. Ich bin sehr optimistisch, dass uns das auch gelingen wird.

Welche Märkte bieten Ihnen Kompensation zum schwächelnden Westeuropa, wo sehen Sie die besten Perspektiven?

De Cock: Europa ist zwar der größte Einzelmarkt, aber die Mitgliedsunternehmen des EPLF sind weltweit aufgestellt. Durch unsere Normungs- und Aufklärungsarbeit haben wir dazu beigetragen, dass europäisches Laminat überall auf dem Globus die besten Chancen hat. Der EPLF analysiert die geografischen Optionen genau. Parallel ist es aber immer wieder wichtig, die europäischen Endkunden von unserem Boden zu überzeugen. Nur mit europäischem Laminat sichern sie Arbeitsplätze in ihrem Umfeld, bekommen sie wohngesunde Produkte mit langer Lebensdauer.

Wo sehen Sie generell Ihre wichtigste Aufgabe für die Zukunft?

De Cock: Unser Verbandsziel ist es, den Innovationsvorsprung und damit den Führungsanspruch des europäischen Laminats weiter zu festigen und auszubauen. Wir wollen aktiv die Impulse für das Laminat der Zukunft setzen. Und wir wollen gemeinsam erreichen, dass sich nachhaltige Produktqualität, zukunftsfähiges Design und innovative Technologien dauerhaft auf allen Märkten durchsetzen. Darum engagieren wir uns für mehr Produktsicherheit und -klarheit. Unsere hohen Ansprüche an uns selbst und unsere Produkte definieren den deutlichen Abstand, den wir gegenüber dem außereuropäischen Wettbewerb erarbeitet haben. Das müssen wir weiter praktizieren und immer wieder deutlich in alle Märkte kommunizieren.

Welche Argumente sollten stärker
für Laminat genutzt werden?

De Cock: Ich habe einen Teil eben genannt: Nachhaltige Qualität, wohngesunde Produkte, beste Nutzungseigenschaften, vielfältigstes Oberflächendesign, Langlebigkeit.

Die Digitalisierung verändert alle Märkte nachhaltig. Was werden Sie unternehmen, um diese Entwicklung für den EPLF und vor allem für seine Mitgliedsunternehmen zu nutzen?

De Cock: Die Digitalisierung bringt eine neue Transparenz in die Märkte. Das kann uns helfen, die Qualität von europäischem Laminat noch besser zu vermitteln, dem Endkunden überall auf der Welt Orientierung zu geben. Denn viele fallen noch auf Fälschungen und dubiose Kennzeichnungen herein. Darüber hinaus bringt die Digitalisierung natürlich Chancen für eine effiziente Produktion, eine höhere Marktnähe und optimierte Prozesse. Da viele der EPLF-Mitgliedsunternehmen bereits heute sehr moderne Fertigungen haben, können sie auch von den neuen digitalen Möglichkeiten am besten profitieren. Und letztlich bietet die Digitalisierung auch Optionen, die Kompetenz unserer Mitarbeiter noch konsequenter zu entwickeln.

Herr Schindler, Sie haben den Laminate Innovation Award ins Leben gerufen. Was bringt das in einem Markt, in dem alle nur über Preise reden?

Schindler: Die Qualität von europäischem Laminat macht es zum weltweit führenden Bodenbelag - mit einem ausgezeichnetem Preis-/Leistungsverhältnis. Aber erst konsequente Innovation macht es zukunftsfähig in einem sich verändernden Markt. Deshalb haben wir den Fokus der Verbandsarbeit in den letzten Jahren klar auf Innovation ausgerichtet. Dafür hat der EPLF bereits im letzten Jahr in seinem Innovations-Manifest die Leitlinien formuliert. Mit dem jährlichen Innovations-Forum geben Experten unseren Mitgliedsunternehmen zudem wichtige Impulse für die eigene Entwicklungsarbeit.

Auf der diesjährigen Hauptversammlung hat der EPLF nun beschlossen, wichtige Beispiele in den Kategorien Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Mitarbeiterentwicklung mit dem Laminate Innovation-Award auszuzeichnen. Wir geben damit Innovatoren eine wirkungsvolle Plattform.

Laminat ist ein ausgereiftes Produkt. Gibt es überhaupt noch Möglichkeiten für echte Innovationen?

Schindler: Europäisches Laminat entwickelt sich stets weiter, Innovation ist von jeher unsere Stärke. Der Kundennutzen treibt uns immer wieder an. Daraus leiten wir Entwicklungspotentiale ab. Zum Beispiel haben wir zwei neue technischen Arbeitsgruppen gebildet, die sich intensiv mit den Themen "Mikrokratzer/Poliereffekt" sowie "Beständigkeit bei stehendem Wasser" beschäftigen. Hier wollen wir Begriffsdefinitionen erarbeiten, praxisbezogene Klassifizierungen erstellen und Testmethoden für die Produktbewertung entwickeln. Wir sind beim Laminat noch lange nicht am Ende der Innovationsmöglichkeiten angekommen.

Sie haben gesagt, dass die Märkte zusammenwachsen, die Bodenkategorien verschmelzen. Das sieht man auch bei den EPLF-Mitgliedern. Viele bieten inzwischen mehrere Produkttypen an. Kannibalisieren sich diese nicht?

Schindler: Wenn die Kategorien verschmelzen, können sie sich nicht kannibalisieren, sondern werden voneinander lernen. Laminat ist sehr wandlungsfähig und hat dadurch viele Leben. Deshalb mache ich mir da gar keine Sorgen, weder für das Laminat noch für die anderen Sortimente unserer Mitgliedsunternehmen.

Und macht vor diesem Hintergrund ein Verband allein für Laminat noch Sinn? Welche Perspektiven hat er?

Schindler: Der EPLF hat schon immer konstruktiv mit den anderen Bodenbelags-Verbänden zusammengearbeitet. Auf der Jahreshauptversammlung haben wir beschlossen, eine European Floor Covering Association (EuFCA) zu gründen, zusammen mit dem ECRA (European Carpet and Rug Association), dem ERFMI (European Resilient Flooring Manufacturers Institute) und dem MMFA (Multilayer Modular Flooring Association). So schaffen wir eine gemeinsame Ebene und können unsere Interessen zusammen wirkungsvoller vertreten.

Der Sitz des neuen Dachverbandes wird Brüssel sein und auch der EPLF wird in den nächsten Monaten dorthin umziehen, weil hier die europäischen Netzwerke zusammenlaufen. In Brüssel sind wir am Puls der politischen Entscheidungsfindung und Gesetzgebungsverfahren. Da muss der EPLF ein entscheidendes Wort mitreden. Gleichwohl geht es aber weiterhin ebenso um die Nähe zu unseren Mitgliedsunternehmen. Auch das muss die Verbandsorganisation sicherstellen.

Kollidieren in einem übergeordneten Verband nicht Einzelinteressen - oder gehen unter?

De Cock: Im Gegenteil: Innerhalb des EPLF können sich alle Branchenakteure auf gleicher Augenhöhe begegnen. Das ist die Basis für eine produktive Verbandsarbeit. Nur so können wir auch unsere gemeinsamen Ziele erreichen. Im Rahmen der kartellrechtlichen Vorgaben agieren wir für alle unsere Mitglieder als Expertennetzwerk, Informationsplattform und Dialogebene. Darüber hinaus können wir mit vereinten Kräften gegen Wettbewerbsverzerrungen auf den Regionalmärkten innerhalb und außerhalb Europas vorgehen. Das wäre von einem Einzelunternehmen gar nicht zu bewerkstelligen.

Ihre Mitgliedsunternehmen sind sehr unterschiedlich - Mittelständler, internationale Konzerne, Technologieunternehmen und kleine Zulieferer. Wie schaffen Sie es, gemeinsame Interessen aller zu definieren?

De Cock: Wir haben ein sehr starkes gemeinsames Interesse: europäisches Laminat in seiner Führungsposition zu stärken. Das verbindet. Aber: Es ist deshalb auch meine wichtigste Aufgabe als Präsident, diese Gemeinsamkeiten über alle Unterschiede zu stellen. Deshalb will ich immer im Dialog bleiben mit den einzelnen Mitgliedsunternehmen, werde aktiv den Kontakt suchen und die Themen in die Verbandspolitik einfließen lassen. Vielfalt ist eine Stärke, wenn es eine starke gemeinsame Basis gibt.

Wenn wir in zehn Jahren ein solches Interview wieder führen - wo steht dann der EPLF, und Laminat?

De Cock: Hoffentlich da, wo wir heute stehen: Der erfolgreichste Bodenbelag der Welt, vertreten vom Verband mit den absatzstärksten Mitgliedsunternehmen der Welt, ist gleichzeitig derjenige mit der höchsten Innovations- und Überzeugungskraft für Endkunden in aller Welt. Damit wir das bleiben können, müssen wir uns in einem wandelnden Markt immer wieder neu aufstellen. | Die Fragen stellte Claudia Weidt
aus Parkett Magazin 06/18 (Wirtschaft)