Fachverband Matratzenindustrie e.V.

Stiftung Warentest und Bett1.de – Maulkorb für den Matratzenverband


Köln. Die Auseinandersetzung um die Matratzentests der Stiftung Warentest geht in die nächste Runde: Nachdem der Fachverband Matratzenindustrie massive Kritik an der StiWa äußerte, wurde er von Bett1.de-Inhaber Adam Szpyt verklagt. Das Landgericht Köln gab ihm in einigen Punkten Recht - aber nicht in allen.

Kann oder darf ein Verband für die gesamte Branche sprechen? Welche Kritik an der StiWa ist begründet, welche Aussagen über eine bestimmte Matratze sind erlaubt? Das Landgericht Köln hat in einer einstweiligen Verfügung klare Grenzen gezogen, die der Fachverband Matratzenindustrie vorerst nicht überschreiten darf. "Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist teilweise begründet", urteilten die Kölner Richter. Das sind die wichtigsten Punkte:

- Der Verband darf nicht so tun, als spreche er für die gesamte Branche. Das sei irreführend und damit unlauter, so das Gericht.
- Es darf nicht behauptet werden, die Stiftung Warentest beziehe den Preis ins Testeregbnis ein. Das sei unrichtig.
- Die Bodyguard-Matratze darf außerdem nicht als "Einheitsmatratze" oder "Eine-für-alle-Matratze" bezeichnet oder als "überholtes" Produkt dargestellt werden.

Dem Urteil vorausgegangen war eine umfangreiche Fachpresseinformation zur "Initiative für mehr Transparenz und Neutralität bei der Stiftung Warentest", die der Matratzenverband Ende September veröffentlicht hatte (siehe Oktober-Ausgabe der Haustex); dagegen richtete sich die Klage. Ausgelöst wurde die Pressemitteilung durch den jüngsten Matratzentest der StiWa, in dem die Topmodelle der vergangenen zehn Jahre untersucht worden waren. Das Modell "Bodyguard" von Bett1.de wurde dabei erneut als Testsieger gekürt. Nach Ansicht des Verbandes weist der Test einige Ungereimtheiten auf, die er in der Pressemitteilung ausführlich erläuterte.

Daran nahm das Landgericht nicht grundsätzlich Anstoß: Soweit der Matratzenverband "dieses Testergebnis und die zugrunde liegenden Testbedingungen sowie - kriterien kritisch bewertet und hinterfragt, handelt er zum einen im Rahmen seiner Aufgabe als Fachverband der Matratzenindustrie und zum anderen ist es statthaft, Testergebnisse auch einer anerkannten Organisation wie der Stiftung Warentest kritisch zu hinterfragen", urteilten die Richter. "Dabei ist es Teil der Meinungsfreiheit, wenn die Gewichtung von Testkriterien als nicht sachgerecht und intransparent bewertet werden, solange in diesem Zusammenhang keine verfälschenden Angaben gemacht werden." Auch eine deutliche, sogar scharfe Formulierung sei im Interesse der Meinungsfreiheit hinzunehmen.

Doch zahlreiche Aussagen darf der Verband nun nicht mehr machen. "Wir werden uns dagegen zur Wehr setzen", kündigte Geschäftsführer Dr. Ulrich Leifeld an, will aber Vorsicht walten lassen. "Auch wenn es sich bei der einstweiligen Verfügung lediglich um eine vorläufige Regelung handelt, ist diese streng zu beachten."

Insbesondere die Passagen über die Bodyguard-Matratze sahen die Richter kritisch, etwa die Bezeichnung als "Einheitsmatratze" oder "Eine-für-alle-Matratze" durch den Verband: "Es ist weder ersichtlich, dass es sich hier um eine in der Branche anerkannte Kategorisierung handelt, noch dass sich die Matratze der Antragstellerin gegenüber anderen Produkten der Branche im Sinne der Kategorisierung abhebt", heißt es in der Urteilsbegründung. "Durch die Kategorisierung der Matratze wird der Eindruck erweckt, dass dieser gegenüber Wettbewerbsprodukten ein Nachteil anhaftet."

Außerdem beanstandeten die Richter, dass die Matratze von Bett1.de als "überholtes" und damit veraltetes Produkt dargestellt worden sei: "Allein die Tatsache, dass die Matratze der Antragstellerin seit dem ersten Test der Stiftung Warentest nicht verändert worden ist, rechtfertigt eine solche Einordnung nicht, da nicht ersichtlich ist, welche von Verbrauchern aktuell erwarteten Merkmale die Matratze in technischer Hinsicht nicht aufweisen soll", so das Gericht.

Dass der Matratzenverband für sich reklamiere, die gesamte Brache zu repräsentieren, wird einerseits von der Richtern beanstandet, dies bedeute aus ihrer Sicht allerdings nicht, dass ihm aus diesem Grund alle Äußerungen zu untersagen seien. wie es der Kläger offenbar angestrebt hatte. Namentlich genannt werden im Urteil der Verband, dessen Geschäftsführer Dr. Ulrich Leifeld sowie Thomas Bußkamp als Vorstandsvorsitzender und Lars Brunsø als dessen Stellvertreter. Ihnen droht bei Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verfügung ein Strafgeld von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise bis zu sechs Monate Ordnungshaft. Der Streitwert wurde auf 382.000 Euro festgelegt, die Kosten des Verfahrens tragen zu 46 Prozent der Kläger, zu 34 Prozent der Verband und zu jeweils zehn Prozent die genannten Vorstandsvertreter.
aus Haustex 11/18 (Wirtschaft)