Balta Industries NV

Balta fokussiert auf große Kunden


Balta justiert seine Vertriebsstrategie neu. Europas größter Hersteller von textilen Belägen reagiert auf die anhaltende Schwäche von Teppichboden im Handel und konzentriert sich noch stärker auf größere Partner.

Es könnte momentan besser laufen für Balta. Europas größter Hersteller textiler Bodenbeläge kämpft mit einigen Unwägbarkeiten. Da ist beispielsweise der Aktienkurs des Unternehmens, der sich seit dem Börsengang Mitte Juni 2017 fast halbiert hat. Im ersten Quartal 2018 haben die Belgier zwar 4,3 % mehr umgesetzt als im Vergleichszeitraum. Ohne den Anfang 2017 übernommenen US-amerikanischen Teppichfliesenhersteller Bentley Mills hätte der Konzern jedoch einen Umsatzrückgang in Höhe von 10,4 % hinnehmen müssen.

In Europa muss Vertriebsdirektor Luc Jongbloet, der weltweit die Business Unit Teppichboden, Teppichfliesen und Nadelvlies unter den Marken ITC, Balta, Arc Edition und Captiqs verantwortet, zusätzliche Hürden nehmen: Großbritannien steht als wichtigster europäischer Markt erheblich unter Druck. Brexit-Verunsicherung und Preisaufschläge aufgrund von schlechten Wechselkursen und Rohstoffverteuerung verderben den Briten generell die Kauflaune im stationären Handel - speziell bei Produkten für die Inneneinrichtung. "Auch in Deutschland verkaufen unsere Kunden im Handel noch einmal weniger Teppichboden von der Rolle als zuvor", resümiert Jongbloet. Fachmärkte, Filialisten, Ketten, Baumärkte und Discounter kämpfen teilweise massiv mit sinkender Kundenfrequenz in den Ausstellungen.

Die Verantwortlichen bleiben trotzdem optimistisch. Denn trotz der ungünstigen Marktbedingungen verdiene Balta bei einem aktuellen Umsatz von 661 Mio. EUR Geld. Und das werde auch in Deutschland investiert: Einerseits fließen Mittel in die beiden als Wachstumsthemen identifizierten Marktbereiche Objektgeschäft und Teppichfliese. Andererseits passt Jongbloet seine Vertriebsstrategie in Deutschland, Österreich und der Schweiz den sich verändernden Realitäten an: Das neue Motto könne man mit "weniger ist mehr" bezeichnen, skizziert Jongbloet "Wir konzentrieren uns auf unsere langjährige und ausgeprägte Herstellerkompetenz und damit auf die DNA von Balta. Wir beliefern unsere Kunden gut und zuverlässig und sorgen für guten Margen bei besten Preisen. Punktuell bieten wir unseren Partnern natürlich auch Vermarktungs- und Vertriebsunterstützung."

Das bedeutet konkret: Balta fokussiert seine Vertriebsarbeit zukünftig auf große Kunden im Handel, deren Zentralen sowie auf große Projekte und geht nicht mehr tief in den Markt. Damit macht der Produzent seinen wichtigen Partnern vor allem im deutschen Großhandel weniger Konkurrenz und führt dem dreistufigen Vertrieb Kunden zu.

Mit dem Sortiment für den Objektbereich unter dem Namen Arc Edition wolle man im deutschsprachigen Raum keine Marke sein. Die Bezeichnung soll lediglich Architekten signalisieren, dass Balta auch auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Produkte anbietet. Das sei beispielsweise bei global agierenden Hotelketten von Vorteil. An diesen Ausschreibungen beteiligten sich Großhändler aber in der Regel nicht; somit gebe es keine Konkurrenz.

Die Flamen forcieren gleichzeitig den Ansatz, breit im Markt aufgestellt, also in allen Vertriebskanälen aktiv zu sein, in denen textile Bodenbeläge nachgefragt werden: in Fachhandel, Fachmärkten, Ketten/Filialisten, Großhandel, Discount und DIY, aber auch im Messe- und Projektgeschäft wie z.B. dem Caravanbau.

Die neue Strategie beinhaltet auch, dass die bisher in der D/A/CH-Region von zwei Teams getrennt vermarkteten Produktsegmente Polyamid- und Polypropylenbeläge unter den Marken ITC und Balta zusammengeführt werden. Dem 49-jährige Arnold Skiba, bisher ausschließlich verantwortlich für ITC, ist im März 2018 als Vertriebsdirektor die Gesamtvertriebsleitung für D/A/CH übertragen worden. Nicht mehr im Unternehmen ist hingegen Jens Grefe. Er hatte die D/A/CH-Verkaufsleitung Balta inne und ist Anfang Juni 2018 zu Wettbewerber Associated Weavers gewechselt.

Skiba zur Seite steht Verkaufsleiter Peter Heyndrickx. Der 48-Jährige führt das Nadelvliesgeschäft in D/A/CH, verantwortet in Belgien und Luxemburg alle Marken der Business Unit und fungiert in der Konzernzentrale als Bindeglied zwischen Innen- und Außendienst, Key Accounts und Verkaufsleitung. Beide sind schon viele Jahre für Balta bzw. den übernommenen Hersteller Domo tätig. Im Vertrieb beschäftigt Balta in D/A/CH neben Skiba und Heyndrickx noch drei Außendienstmitarbeiter, davon einer in der Schweiz. "Wir haben uns mit dieser personellen Besetzung dem veränderten Betreuungs- und Servicebedarf unserer großen Handelskunden effektiv angepasst", erklärt Jongbloet.

Die Aktivitäten ausweiten wird Balta hingegen in den Vertriebskanälen Großhandel und Großobjekte sowie im Produktsegment Teppichfliese. "Der deutsche Großhandel macht seine Sache trotz Konzentrationsprozess und Marktverdrängung aus unserer Sicht besser und befindet sich in einer Aufwärtsbewegung", schätz Jongbloet ein. Der dreistufige Vertrieb sei vom Frequenzproblem der Flächenanbieter weniger stark betroffen. Er profitiere von der guten Auftragslage seiner Kunden, der Verarbeiter, und ist über sie nah am Markt, am Endverbraucher, meint der Vertriebsdirektor.

In diesem Zusammenhang lobt er die Entwicklung der Copa. Hatte der Flame in der Vergangenheit mehr Vermarktungseffektivität innerhalb der Einkaufsgruppe angemahnt, findet Jongbloet, dass der geschrumpfte Zusammenschluss seit vergangenem Jahr besser funktioniere: "Der geschäftsführende Vorstand Josef Führes hat es trotz oder gerade wegen der schwieriger gewordenen Marktsituation geschafft, einen Mentalitätswandel bei den verbliebenen Mitgliedern zu erreichen." Sie zögen jetzt an einem Strang.

Balta beteiligt sich deswegen sowohl am Kernsortiment der 2017 neu aufgelegten Handelskollektion als auch an der neuen Objektkollektion der Copa, die im September 2018 in den Markt geht, mit mehreren Qualitäten. "Das sind wichtige Dinge für uns, und die ersten Ergebnisse sind auch gut. Wir haben - im Unterschied zu früher - klar machen können, dass alle Copa-Mitglieder die selben Bedingungen erhalten und alle in die gemeinsame Kollektion investieren müssen. Wir zahlen nur, wenn die Mitglieder mit unseren Produkten Umsatz machen. Je mehr sie machen, desto mehr verdienen sie auch mit uns."

Die neue Copa-Objektkollektion spiegelt den Trend zu Teppichfliesen wider: Rund 40 % der Qualitäten sind modular. Auch der Balta-Konzern investiert seit einigen Jahren in diesen Produktbereich. Er ist heute in drei Bereiche aufgeteilt: Das reine Objektgeschäft der Tochter Modulyss, die seit Jahresbeginn auch in Deutschland in Eigenregie vertreibt. Das Handelsgeschäft unter der Marke Balta mit dem Sortimenten LCT (Luxury Carpet Tiles) First und LCT Pro sowie das direkte Projektgeschäft an Architekten und große Verarbeiter unter Arc Edition.

Zum Jahresende wird die Objektkollektion E-ssentiel zur Konzeptserie erweitert: Dann sind die fünf Qualitäten E-major (1/10’’ Velours), E-grid (1/12’’ Schlinge), E-rock (1/12’’ Schlinge), E-weave (5/64’’ Schlinge) und E-touch (1/8’’ Saxony-Frisé) in 39 Farben neben Bahnenware auch als Fliesen und Planken in den Formaten 50 x 50 sowie 25 x 100 cm verfügbar. Weitere Besonderheit: Die Qualität E-weave ist getuftet, aber in einem überzeugenden Web-Look gestaltet, verfügt über die Brandschutzklasse Cfl-s1 und ist auch für die Outdoor-Verwendung geeignet.

"Wir setzen bei dieser Konzept-Kollektion ausschließlich auf solution-dyed Polyamid-Produkte mit der Beanspruchsklasse 33", erklärt Vertriebsdirektor Skiba. Das sei vor allem in Deutschland wegen Fleckenschutz, Farbkonstanz und Lichtechtheit sehr wichtig. Erste Projekte im Segment Hospitality mit kombinierter Verlegung Bahnenware/Fliese seien bereits angelaufen. Ergänzt wird zudem im Bereich der klassischen Auslegeware die ITC-Kollektion Wild Luxury mit einigen neuen Frisé- und Micro Saxony-Qualitäten.

Über den Sommer wird die Gruppe am Standort in Tielt den in die Jahre gekommenen Showroom umbauen und modernisieren. Er soll vor allem größer werden, damit alle Produktsortimente - von der klassischen Tuftingbahnenware über Teppichfliesen bis hin zu Nadelvliesbelägen - unter einem Dach Platz finden. | jochen.lange@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 09/18 (Wirtschaft)