Murexin: Interview des Monats

"Wir wollen unter die Top 5 in Deutschland"


Obwohl sich Murexin erst seit sechs Jahren stärker bei Verlegewerkstoffen auf dem deutschen Markt engagiert, sind die Österreicher beileibe kein neuer Marktteilnehmer. Bereits seit 1931 ist der österreichische Marktführer aus Wiener Neustadt in der Bauchemie aktiv. Da die in Deutschland abgesetzten Mengen steigen, sind organisatorische und strukturelle Maßnahmen im Gespräch. -FussbodenTechnik sprach darüber mit Peter Reischer (Vertriebsleiter Österreich, Deutschland und Italien), Mario Blank (Vertriebsleiter Deutschland Klebetechnik), Gernot Wagner (Leiter Produktmanagement, Anwendungstechnik und Marketing) und Waltraud Potzmann (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit).

FussbodenTechnik: Welche Bedeutung hat der deutsche Markt für den österreichischen Verlegewerkstoffhersteller Murexin?

Gernot Wagner: Für uns ist der deutsche Markt interessant, weil die Qualitätsanforderungen und -standards auf diesem und dem österreichischen Markt ähnlich sind. Es gibt in der Struktur einige Parallelen: In beiden Ländern sind viele Anforderungen normativ geregelt. Insgesamt sehen wir den deutschen Markt für uns als sehr zukunftsweisend.

Mario Blank: Vor dem Hintergrund, dass Murexin in Österreich Marktführer ist, bietet der deutsche Markt zusätzliches Potenzial. Das Unternehmen hat sich vor sechs Jahren entschlossen, das Engagement auf dem deutschen Markt neu zu strukturieren und zu beleben. Eine wesentliche Rolle spielt sicherlich die Grenznähe von Österreich und Deutschland. Lieferungen vom Produktionsstandort Wiener Neustadt in Österreich in den süddeutschen Raum sind bereits innerhalb von 24 Stunden möglich. In allen anderen deutschen Bundesländern erreichen wir einen 48-Stunden-Rhythmus.

FT: Wie wirkt sich der Marktauftritt in Deutschland für Murexin aus?

Wagner: Wir profitieren tatsächlich wechselseitig. Es gibt in Deutschland Vorgaben, die wir auch in anderen Märkten einsetzen. Beispiele sind das Label Emicode EC 1 aus Deutschland, aber auch das teilweise noch strengere österreichische Ökolabel. Um ein Beispiel zu nennen: Das Qualitätsniveau in der Untergrundvorbereitung ist sowohl in Österreich als auch in Deutschland bei den Produktanforderungen vergleichsweise hoch. Dem tragen wir durch entsprechende Produkte Rechnung.

FT: Wie unterscheiden sich die Vertriebswege?

Blank: Wir vertreiben in Deutschland zu 80 % über den Fachgroßhandel und 20 % im Direktvertrieb an Objekteure. Teilweise gibt es Regionen in Deutschland, wo Murexin noch keinen Händler gewinnen konnte. Dort halten wir die Margen hoch, um diese zu einem späteren Zeitpunkt an einen Händler abzugeben. In Österreich ist die prozentuale Absatzverteilung genau umgekehrt. Da es keine so große Großhandelsdichte wie in Deutschland gibt, verkauft Murexin in Österreich in der Regel direkt an den Verarbeiter.

Wagner: Das wirkt sich natürlich auf unsere Logistik aus: Wir unterhalten in Österreich sechs Niederlassungen mit Lager, eigenem Fuhrpark und Auslieferung.

FT: In Österreich ist Murexin Marktführer. Was ist Ihr Ziel für den deutschen Markt?

Blank: Mein persönliches Ziel in Deutschland sind die Top 5 bei den Verlegewerkstoffherstellern, speziell im Parkettsektor. Wir sind mit den Verlegewerkstoffen für Parkett sehr innovativ und tätigen derzeit 70 % unserer Umsätze mit Parkettlegern und 30 % mit Bodenlegern.

FT: Wie gelingt es, unter die Top 5 zu kommen? Und: An welcher Position sehen Sie sich aktuell?

Blank: Die Einschätzung unserer derzeitigen Position ist schwierig. Ich sehe uns nach sechs Jahren immer noch als Newcomer auf dem deutschen Markt. Der Markt der Verlegewerkstoffe lebt weiter von der Verdrängung, was uns aktuell sehr erfolgreich gelingt. Wir kommen weiter über unser bestehendes Großhandelsnetzwerk, das wir nach und nach ausbauen. Wir stocken sukzessive unsere Vertriebsmannschaft auf. Im März und April dieses Jahres haben wir jeweils einen neuen Außendienstmitarbeiter eingestellt. Wir verkleinern die Vertriebsgebiete, damit wir näher am Kunden sind, sodass eine intensivere Marktbearbeitung möglich ist. Unser Ziel ist es, weitere Bodenbelagsgroßhändler zu akquirieren. Daneben können wir uns auf unser Backoffice in der Murexin-Zentrale verlassen.

FT: Ist Ihr siebenköpfiges Außendienst-Team groß genug, um ganz Deutschland abzudecken?

Blank: In Süddeutschland sind wir zusätzlich zur Klebetechnik für Parkett und Bodenbeläge auch mit unserem eigenständigen Fliesenverlegesegment sehr stark vertreten. Fünf weitere Außendienstmitarbeiter betreuen Bayern und Baden-Württemberg ausschließlich für die Fliesenverlegung. Für die von mir geleitete Klebetechnik kommen noch sieben Außendienstmitarbeiter hinzu. Wir setzen auf ein gesundes Wachstum.

FT: Geben Ihre Klebetechnik-Mitarbeiter auch anwendungstechnische Empfehlungen auf der Baustelle?

Blank: Meine Mitarbeiter sind in der Lage, eine anwendungstechnische Aufbauempfehlung zu geben. In schriftlicher Form erhalten unsere Kunden Aufbauempfehlungen von Richard Hlubek, unserem Leiter der Anwendungstechnik. Wir sind in der Beratung sehr flexibel und schnell. Unsere Handwerkerkunden profitieren von sicheren Aussagen, auf die sie sich verlassen können.

FT: Wie ist der aktuelle Stand in Deutschland und wie sehen die nächsten Entwicklungsschritte aus?

Blank: Wir sind in jedem deutschen Bundesland mit einem Außendienstmitarbeiter vertreten und beliefern Großhändler im Parkett- oder Bodenbelagssektor. Wir haben uns einen sehr guten Namen in Deutschland gemacht. Alle Produkte für den deutschen Markt sind zertifiziert. Das war unumgänglich und ist uns relativ rasch gelungen. Wir haben nach wie vor noch Potenzial beim Großhandel für Bodenleger. Da müssen wir noch aktiver werden.

FT: Man hört in der Branche, dass Sie möglicherweise in Deutschland eine eigene Gesellschaft gründen wollen. Könnte das ein nächster Schritt sein?

Peter Reischer: Es gibt Überlegungen, in den kommenden Jahren eine Gesellschaft in Deutschland zu gründen. Je größer unser Volumen in Deutschland wird, desto anspruchsvoller gestaltet sich die Steuerung von der Zentrale in Wiener Neustadt aus. Die Details stehen allerdings noch nicht fest.

FT: Wäre eine deutsche Gesellschaft auch mit einem eigenen Lager oder Produktion verbunden?

Reischer: Überlegungen werden dahingehend schon angestellt. Wir sind mit unserer österreichischen Produktion bereits sehr gut ausgelastet. Weitere Produktionen sind in Ungarn und Slowenien beheimatet und damit zu weit vom deutschen Markt entfernt.

FT: Wie sieht Ihre Strategie aus, um weitere Marktanteile in Deutschland zu gewinnen?

Reischer: Wir legen großen Wert auf Service und sind dort stark aufgestellt. Unsere vergleichsweise kleine Unternehmensgröße sorgt für kurze Entscheidungswege - und wir entscheiden sehr schnell. Wir haben zusätzlich ein gutes Meldebestandswesen, sodass unsere Produkte über das gesamte Sortiment schnell verfügbar sind. Wir sind mit unserem Außendienst sehr nah am Kunden, wir haben die anwendungstechnische Unterstützung und eine perfekte Artikeldokumentation. Das zeichnet uns sicher aus. Bei den Produkten können wir ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis bieten und in den Kernproduktgruppen qualitativ mit den Marktführern mithalten.

Blank: Wir werden zwar nicht der Innovationsführer sein, aber wir werden innovativ sein. Wir verfügen bereits über einige Produkte, bei denen wir punktuell Alleinstellungsmerkmale besitzen. Zur Vertriebsstrategie ist unsere Großhandelstreue wichtig: Die Marke Murexin wird im deutschen Markt nicht im DIY-Geschäft vertrieben. Murexin-Produkte sind ausschließlich über den Fachgroßhandel erhältlich, parallel dazu gibt es Private-Label-Produkte.

Die von Peter Reischer genannten kurzen Entscheidungswege wirken sich in der Praxis unmittelbar aus: Wenn ein Kunde ein besonderes Produkt braucht, wird dieses innerhalb kürzester Zeit durch Gernot Wagner und sein Team umgesetzt. Diesem wichtigen Baustein haben wir es zu verdanken, dass wir nach sechs Jahren auf dem deutschen Markt so erfolgreich sind.

FT: Können Sie sagen, wie viele Murexin-Produkte aus Österreich auf dem deutschen Markt geführt werden? Oder greifen Sie auf das komplette Sortiment zu?

Blank: Wir greifen auf das komplette Produktsortiment der Klebetechnik Österreich zu, aber umgekehrt genauso. Die Innovationen, die wir für den deutschen Markt produzieren lassen, nehmen auch die österreichischen Kollegen sehr gerne auf. Das ist ein Geben und Nehmen. Wir sind auf dem deutschen Markt sehr erfolgreich mit 2K-PU-Parkettklebern. Da wir unsere Zahlen an den Industrieverband Klebstoffe melden, kann ich erkennen, dass wir in Deutschland mit einem Marktanteil von 20 % zu den beiden führenden Anbietern in diesem Segment zählen.

Reischer: Wir sind in Deutschland mit unseren Fliesen- und Klebetechnik-Produkten erfolgreich. Bei beiden wird auf das gesamte Sortiment zugegriffen. In Einzelfällen kommen auch Produkte aus der Farb- und Anstrichtechnik sowie aus der Beschichtungstechnik zum Einsatz, die wir ebenfalls im Portfolio haben.

FT: Wie viele Mitarbeiter zählt die Entwicklungsabteilung von Murexin?

Wagner: Murexin beschäftigt 17 Mitarbeiter in der Entwicklung. Wir verfügen über ein modernes Labor, das 2007 neu gebaut worden ist. Im Mittelpunkt steht weniger die Grundlagenlagenforschung als vielmehr das Formulieren von Rohstoffen. Gerade bei den MSP-Verlegewerkstoffen, sprich Silan, wollen wir neue Produkte kreieren und neue Anwendungsbereiche hinzugewinnen. Das könnte neue Grundierungen, Estrichzusatzmittel sowie Estrichverdübelungen betreffen.

Blank: Ich könnte mir auch vorstellen, dass es in der Pulverproduktion neue Technologien geben wird. Denkbar wären staubärmere und leichtere Nivelliermassen, die den Verarbeitern einen größeren Tragekomfort bieten werden.

FT: Geht es auch darum, bestimmte Rohstoffe zu ersetzen?

Wagner: Das ist auch eine Motivation. In der Klebetechnik werden bestimmte Bindemittel ersetzt. In den letzten Jahren hat sich sehr viel getan, aber es wird noch mehr möglich sein. Das betrifft den Ersatz von Epoxidharzen und Polyurethanen. Bestandteile wie Isocyanate stehen immer mehr in der Kritik.

Blank: Ich hatte eingangs das auf dem österreichischen Markt bekannte Ökolabel erwähnt. In Österreich dürfen Epoxidharze bereits nicht mehr in öffentlichen Gebäuden eingesetzt werden. Zum Absperren von Restfeuchte und zur Untergrundverfestigung setzen wir seit drei Jahren Silangrundierungen ein. Davon profitieren wir auf dem deutschen Markt, weil es im Moment so aussieht, dass auch bei uns Epoxidharzsysteme verboten werden. Wir haben den Vorteil, auf die jahrelangen Erfahrungen aus Österreich zurückgreifen zu können.

Reischer: Unser Vorteil ist, dass wir in unseren Kernproduktgruppen selbst entwickeln und produzieren. Wir generieren mehr als 70 % unseres Umsatzes mit selbstproduzierten Produkten. Die restlichen 30 % sind Handelsprodukte wie Werkzeuge, Fliesenabschlussschienen, Abdichtungsmanschetten und Unterlagsbahnen, um nur einige Beispiele zu nennen.

FT: Sieht sich Murexin als Vollsortimenter für Verlegewerkstoffe?

Blank: Ja, definitiv. Eigentlich noch mehr als das, weil wir uns auch aus den Sortimenten der Estrich- und Abdichtungstechnik bedienen können. Auf diese Weise können wir auch Lösungen für Spezialanwendungen anbieten. Es gibt manchmal extreme Untergründe, die eines besonderen Aufbaus bedürfen. Das ist sicherlich ein großer Vorteil für unsere Verarbeiter.

FT: Wenn man mit Murexin-Mitarbeitern spricht, hat man immer das Gefühl, dass man entspannt miteinander umgeht. Gibt es eine besondere Leichtigkeit bzw. ein Wir-Gefühl?

Reischer: Ja, das ist tatsächlich so. Wir sind durch und durch ein familiengeführtes Unternehmen. Wir versuchen uns nicht nur per E-Mail oder Handy auszutauschen, sondern möglichst im persönlichen Kontakt. Das zeichnet uns aus und gilt vom Eigentümer herunter bis in die einzelnen Abteilungen. Wir stellen uns unseren Herausforderungen gemeinsam. Das führt vielleicht zu dem Eindruck, dass es bei uns sehr familiär und mit einer gewissen Leichtigkeit zugeht.

Blank: Dieser positive Eindruck freut mich natürlich. Wir achten bei neuen Mitarbeitern darauf, dass sie auch menschlich zu Murexin passen. Das macht uns erfolgreich und auch sympathisch nach außen.

Waltraud Potzmann: Es passt an dieser Stelle recht gut, darum möchte ich ergänzen, dass auch Frauen bei Murexin große Berufschancen haben, weil bei uns Familie und Beruf vereinbart werden können. Bei uns gibt es viele Frauen, die halbtags beschäftigt sind. Sie werden genauso wertgeschätzt wie Vollzeit-Kollegen. Das ist sicherlich ein positives Vorbild für viele Unternehmen.

Hintergrund: Murexin gehört zur Schmid Holding
Als Unternehmen der Schmid Industrie Holding ist Murexin in einem traditionsreichen, österreichischen Konzern beheimatet. Zu dieser Familie zählen Unternehmen wie Baumit, Austrotherm, Furtenbach, Wopfinger Transportbeton, Lorencic, Wolf Plastics und Ortner. Die Schmid Industrie Holding erzielte 2017 mit ungefähr 5.600 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 1,7 Mrd. EUR.

Murexin beschäftigt 400 Mitarbeiter und unterhält Niederlassungen in Wien, Innsbruck, Hallein, Graz und Klagenfurt. Europaweit lag der Murexin-Umsatz im vergangenen Jahr bei ungefähr 100 Mio. EUR. Das 1931 gegründete Unternehmen verfügt mit rund 3.000 Produkten über sechs Haupt-Produktsparten:

-Parkett- und Klebetechnik
-Fliesenverlegetechnik
-Beschichtungstechnik
-Abdichtungstechnik
-Estrich- und Mörteltechnik
-Farb- und Anstrichtechnik
aus FussbodenTechnik 04/18 (Wirtschaft)