Heidelberg und Soest: Finishing-Maschinen für Kleinmengen

Parkett bearbeiten und beschichten ab Losgröße 1


Zwei Unternehmen, ein gemeinsames Ziel: Parkettherstellern und großen Fachhändlern eine komplette Anlage zur Oberflächenbearbeitung zu bieten, einschließlich der benötigten Beschichtungen. Und das für eine Fertigung ab Losgröße 1. Seit drei Jahren unterhält das deutsche Chemieunternehmen Heidelberg Coatings eine Kooperation mit dem niederländischen Maschinenbauer Soest Ingenieursbureau.

Wenn sich Hersteller von Oberflächenbeschichtungen mit Anlagenbauern auf Vertriebsebene zusammentun, entsteht in jedem Fall eine Win-win-Situation. Beide können bei ihren weltweiten Kontakten und Kunden ein Gesamtpaket in den Ring werfen, das alle Geräte und Mittel umfasst, die für eine Bearbeitung von rohen Parkettstäben und Dielen gebraucht werden. Genau das tun der deutsche Lackproduzent Heidelberg Coatings und der nahe Amsterdam ansässige Anlagenbauer Soest. Seit sie vor drei Jahren gemeinsam einen Messeauftritt in Polen bestückten, haben sie die
Kooperation intensiviert und können heute erfolgreiche Synergieeffekte einfahren. Das bestätigt Tassilo Hochstein, Geschäftsführer von Heidelberg Coatings.

Nicht die Produktion großer Mengen ist die Herausforderung sondern die auftragsbezogene Fertigung. Die häufig geforderte Losgröße 1 ist es. Genau wie die Musterfertigung wird sie mit Maschinen bedient, deren Größe kompakt bleibt, aber dennoch industriellen Prozessen entsprechen soll. "Kundenanforderungen werden immer spezieller", sagt Hochstein. "Es geht nicht allein um eine Anlage oder nur den Lack. Jeder Parketthersteller hat individuelle Anforderungen. In der Zusammenarbeit mit dem Anlagenhersteller haben wir die Möglichkeit, dem Kunden maßgeschneiderte Lösungen anzubieten und gegebenenfalls zeitnah auf neue Kundenanforderungen zu reagieren."

Anlagen vom Soest Ingenieursbureau

Es gibt nicht viele Maschinenbauer in Europa, die sich auf solide, kompakte Anlagen zur Parkettbearbeitung spezialisiert haben. Das vor 35 Jahren gegründete Soest Ingenieursbureau begann als Vertretung für den spanischen Maschinenproduzenten Barberan. Heute konzipiert das Familienunternehmen unter der Leitung von Richard van Soest (Vertrieb und Finanzen) und David van Soest (Technik und Produktion) eigene Anlagen in Wormerveer, in der Nähe des Amsterdamer Flughafens.

Dort ist der Vorführraum das Herzstück des Unternehmens. Alle Maschinen sind aufgebaut und können getestet werden. "Weil der Parkettmarkt sich in Richtung flexibler, kommissionsweise georderter Produktion kleiner Losgrößen verschoben hat, konzentrieren wir uns ganz auf den Fußboden", erklärt Richard van Soest. Und das gilt nicht nur für die Beschichtung, sondern den kompletten Fertigungsprozess. Verleimen und Pressen, Schleifen, Altern und Strukturbürsten, dann Walzenauftrag (Single bzw. Reverse) oder Spritzmaschine für profilierte Oberflächen, Vertreibereinheiten und UV-IR-Trocknung, am Ende neuerdings sogar eine Parkett-Verpackungsmaschine - mehr braucht man nicht an Geräten, um ein Parkett endzubearbeiten. Und wenn doch, ist Soest auch darauf vorbereitet. "Wir sind mit unserem 12-Personen-Betrieb in der Lage, Maschinen und Zusatzgeräte nach Wunsch zu konzipieren und zu bauen."

Was ist das Besondere an den Soest-Maschinen? "Unser Hintergrund sind große Anlagen. Die haben wir kleiner gemacht, doch Robustheit und Stabilität sind geblieben", betont David van Soest. Das sieht man an den massiven Metallgestellen. Bei den Auftragswalzen wurde ein großer Durchmesser gewählt, für gleichmäßigere Beschichtung. Achse und Antriebslager sind von schwerer Ausführung, getreu der Philosophie "Die Maschine muss kräftiger sein, als das Holz". Andere Komponenten der Maschinen, beispielsweise Regler von Siemens, sind Markenartikel, die man überall in der Welt nachbestellen kann. Das erlaubt dem Anlagenbetreiber, Reparaturen selbst durchzuführen. "Wir wollen unseren Gewinn nicht mit Ersatzteileverkauf machen", erklärt Richard van Soest dieses kundenfreundliche Prinzip der Maschinenkonstruktion.

Gut 90 % der Soest-Maschinen gehen in den Export, überwiegend innerhalb Europas. Meist an Parketthersteller mit einer Belegschaft von rund 50 Leuten. Aber auch an große Produzenten wurde schon geliefert, etwa nach Indonesien. Schulung in den Niederlanden, Installation der Maschinen vor Ort - das gehört zum obligatorischen Service. "Wir verkaufen eben nicht nur Anlagen, sondern einen gesamten Prozess", heißt es von Soest. Und hier kommt automatisch der Chemiehersteller Heidelberg Coatings ins Spiel.

Parkettveredelung mit Farbe,
UV-Lack, UV-Ölen und Wachsen

Bei der Vielzahl technischer und chemischer Möglichkeiten suchen Holzbodenhersteller und große Händler Beschichtungssysteme, die zwar individuell gestaltet werden können, gleichzeitig aber einen sicheren Produktionsablauf bieten. Gut, wenn man dazu eine Anlage hat, auf der das schon getestet wurde. "Wir erhalten viele Anfragen, die wir gemeinsam mit Soest bearbeiten können", sagt Tassilo Hochstein. "Beispielsweise Öl- oder Kombinationssysteme, die sich mit UV oder LED oberflächlich trocknen lassen und die erst in der Verpackung völlig aushärten." Bezüglich der LED-Härtung würde eine verkaufsreife Lösung mit rationellem Vorschub aber erst zur Ligna 2019 vorliegen, heißt es.

Öle und Wachse sind die angesagten Oberflächenbeschichtungen. Naturnah soll der Boden wirken, trotzdem reparaturfähig bleiben und in der Schutzfunktion einem Lacksystem nahekommen. Mit seiner Marke Prolignum gibt Heidelberg Coatings die passende Antwort. HD-Natur nennt das Unternehmen seine Serie an Hartöl, Hartwachsöl, Hartwachs, 2K-Ölfinish, Parkettöl und Heliocure UV-Ölwachs.

Was die ganze Sache farbenfroh und individuell macht, ist das dazugehörige Color-Set. Es besteht aus 11 x 250 ml standardisierten Farbkonzentraten und einem 250 ml Verzögerer-Gebinde, das eine längere Bearbeitungszeit erlaubt. Weil die Konzentrate untereinander gemischt werden können, sind der Kreativität des Anwenders kaum Grenzen gesetzt. Will man Fußböden oder Treppenstufen auf der Baustelle farbig behandeln, wird dazu das HD-Natur Hartwachsöl Color empfohlen. Ist der Einsatz der Farbkonzentrate in einer Beschichtungslinie geplant, steht zum Walzen das lösemittelarme HD-Natur Helio-
cure UV-Wachs zur Verfügung.

Ein attraktives Betätigungsfeld sehen Anlagenbauer und Beschichter in Fußböden und Wandbelag aus rückgewonnenem Altholz, auf Englisch "reclaimed timber". Dabei kann es sich um Holzbalken aus Abrisshäusern, um Eisenbahnschwellen oder in Stauseen versenkte Baumstämme handeln. Hier lässt sich mit besonderen Farben spielen und die Beschichtung soll in der Regel möglichst unauffällig oder gar unsichtbar wirken.

Und noch ein interessanter, unerwarteter Kunde ist auf den Plan getreten. "Laminatbodenhersteller kommen auf uns zu", teilt Anlagenbauer Soest mit. "Sie fragen sich, ob eine Laminatoberfläche so geölt oder lackiert werden kann, dass die künstliche Holzpore eine noch natürlichere Anmutung erhält." Das ist ein Fall für das Chemielabor, denn solch eine Beschichtung muss auf der Laminatoberfläche sicher haften können. Derzeit befindet sich dieser Ansatz in der Erprobung. | Henrik Stoldt
aus Parkett Magazin 04/18 (Wirtschaft)