Haustex-Interview mit VDB-Geschäftsführer Axel Augustin

Werbliche Nadelstiche gegen Einheitsmatratzen


Haustex: Herr Augustin, in der Einladung zur nächsten VDB-Tagung findet sich ein Punkt "Neue VDB-Kampagne Jeder schläft anders". Was verbirgt sich dahinter?

Axel Augustin: Das VDB-Präsidium war sich im letzten Jahr schon einig, dass die Branche Flagge gegen die ständigen Angriffe von außen zeigen sollte. Schließlich sprechen Stiftung Warentest und die Anbieter von One-Size-Matratzen dem Bettenfachhandel ja praktisch seine Existenzberechtigung ab. Die VDB-Mitgliederversammlung hat daher 2017 beschlossen, ein Konzept für eine Kampagne ausarbeiten zu lassen, damit die Branche medial sichtbarer wird.

Haustex: Hat die Branche hier nicht zu lange geschlafen?

Axel Augustin: Darüber kann man sicher streiten. Wir haben ja bereits seit Jahren versucht, mit unseren bescheidenen Mitteln gegenzusteuern. Der VDB hat Pressearbeit pro individuelle Schlaflösungen gemacht, die immerhin millionenfach in Zeitungen abgedruckt wurde. Und wir haben in Kooperation mit den Einkaufsverbänden renommierte Professoren und Experten zu entsprechenden Stellungnahmen motiviert und diese medial verbreitet. Erst im letzten Frühjahr hat sich zum Beispiel der Rat der Möbelsachverständigen eindeutig in unserem Sinne positioniert.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es zumindest vor zwei oder drei Jahren noch sehr viele Stimmen gab, die vor allem das Thema "Stiftung Warentest" lieber totschweigen wollten. Mittlerweile ist aber klar, dass die Situation nicht von allein besser wird. Die Stiftung Warentest bleibt ja bei ihrer fragwürdigen Haltung zu individuellen Schlaflösungen, und auch die Einheitsmatratzen werden sicher nicht mehr vom Markt verschwinden. Ganz im Gegenteil gehe ich sogar davon aus, dass Casper, Emma & Co. mit ihren immensen Werbe-Budgets weiter Marktanteile gewinnen werden.

Haustex: Der Leidensdruck in der Branche hat also zugenommen?

Axel Augustin: Richtig! Mittlerweile hat ja jeder Bettenhändler von Bekannten oder ehemaligen Kunden gehört, die beispielsweise die "beste jemals getestete Matratze" gekauft haben. Das Resultat sieht man doch an den Umsätzen, die seit etwa drei Jahren im Bereich der Bettsysteme kontinuierlich zurückgehen.

Haustex: Will der VDB jetzt also mit Bett1 oder Casper um die Werbezeit vor der Tagesschau konkurrieren?

Axel Augustin: Schön wäre es, aber das ist sicher total unrealistisch. So viel Budget wird die Branche kaum aufbringen. Aber wir wollen unsere Leistungen und Angebote wenigstens ein Stück weit aus der medialen Unsichtbarkeit holen. Es gibt ja immer noch Abstufungen zwischen Untätigkeit und totaler Medienpräsenz. Wir halten mittlerweile es für besser "werbliche Nadelstiche zu setzen", als gar nichts zu tun und den Kopf in den Sand zu stecken.

Haustex: Aber es gibt doch bereits vereinzelt TV-Werbung von großen Betten-Marken. Und auch viele Händler machen vor Ort Werbung.

Axel Augustin: Ja, doch bei dieser Werbung steht praktisch immer das einzelne Produkt oder das Angebot des jeweiligen Händlers im Mittelpunkt der Kommunikation. Das ist nachvollziehbar, hilft uns aber als Branche bezüglich der Grundproblematik nur bedingt weiter. Wir waren uns in der eingesetzten Arbeitsgruppe schnell einig, dass wir einen Kontrapunkt speziell gegen die derzeit so stark propagierte Gleichmacherei setzen müssen. Pro Individualität im Bett. Motto: Jeder Mensch ist anders und deshalb braucht er auch ein individuell angepasstes Bett. Wir wollen diese Kern-Botschaft stärker publik machen und in die Köpfe der Verbraucher einpflanzen. Ansonsten werden wir noch mehr Kunden an die Anbieter von Einheitsmatratzen verlieren.

Haustex: Sie haben gerade eine VDB-Arbeitsgruppe erwähnt. Wer war darin vertreten?

Axel Augustin: Die Gruppe wurde vom VDB-Präsidium ausgewählt. Als Händler waren VDB-Präsident Marc Böhle (Rumöller, Hamburg) und Robert Waloßek (Bettenrid, München) dabei, außerdem die drei Einkaufsverbände ABK, Bettenring und MZE in Person der Herren Fehr, Stauner und Dr. Süß. Unter der Moderation des erfahrenen BBE-Beraters Sebastian Deppe haben wir uns mehrfach getroffen, Ziele festgelegt und letztendlich in einem Pitch mit mehreren Agenturen einen Vorschlag ausgewählt. Das Ergebnis hat das VDB-Präsidium dann so überzeugt, dass wir die Kampagne nun mit großer Zuversicht auf der VDB-Tagung in Braunschweig vorstellen werden.

Haustex: Das klingt ja nach einer echten Branchenkampagne.

Axel Augustin: Das sehe ich genauso. Erst einmal finde ich es toll, dass sich die drei Einkaufsverbände in dem Arbeitskreis engagiert und ein gemeinsames Ergebnis erzielt haben. Tatsächlich ist die Kampagne so konzipiert, dass sie auch von einem Industrieverband kommen könnte. Schließlich sind ja auch unsere Lieferanten davon abhängig, dass der Bettenhandel hochwertige, individuelle Schlaflösungen verkauft.

Haustex: Wer darf denn bei der Kampagne mitmachen?

Axel Augustin: Letzte Einzelheiten sind noch in der Abstimmung, aber grundsätzlich wollen wir die Teilnehmer auf den Kreis der VDB-Mitglieder beschränken. Schließlich bezahlen wir die Erstellung der Kampagne aus dem VDB-Etat. Aber natürlich sind interessierte Bettenhändler eingeladen, sich dem VDB anzuschließen. Der gestaffelte VDB-Jahresbeitrag liegt ja meist deutlich unter 300 Euro und ist damit billiger als jede Anzeige in der Tageszeitung.

Haustex: Kann der VDB eine solche Kampagne denn überhaupt aus seinem Etat oder Vermögen alleine stemmen?

Axel Augustin: Leider nein. Ich erlebe selbst allerdings, dass unsere finanziellen Möglichkeiten völlig falsch eingeschätzt werden. Externe glauben oft, wir könnten für unsere Arbeit mit sechsstelligen Budgets arbeiten. Tatsächlich haben wir lediglich einen Jahresetat im unteren fünfstelligen Bereich, mit dem wir von Personalkosten über Raummiete und die Kosten der Jahrestagung alles bestreiten müssen. Als reiner Interessenverband fehlt uns ja z.B. die Möglichkeit, im Warengeschäft Geld zu verdienen.

Als Folge müssen wir für das Ausrollen der Kampagne weitere Mittel einsammeln. Die Vorlagen für die Werbung werden voraussichtlich für alle VDB-Mitglieder kostenfrei nutzbar sein, aber teuer sind ja in erster Linie die damit verbundenen Schaltkosten. Hier müssen wir die Mitglieder und weitere Unterstützer überzeugen, auch eigenes Geld in die Hand zu nehmen. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir dafür gute Argumente haben.

Haustex: Haben Sie keine Angst vor Trittbrettfahrern?

A: Komplett verhindern kann man das sicher nicht. Aber die Kampagne soll vor allem auf Internet-Plattformen wie Instagram oder Immobilien Scout 24 laufen. Wenn der Kunde die Anzeige anklickt, landet er auf einer Kampagnen-Website mit allen wichtigen Argumenten und natürlich den Links zu den aktiven Unterstützern. Der Vorteil bei Internet-Werbung ist zudem, dass nur an solchen Orten Anzeigen geschaltet werden, in denen auch aktive Unterstützer sind. Wenn wir zum Beispiel in Leipzig oder Saarbrücken keinen aktiven Partner haben, wird dort auch kein Werbegeld ausgegeben.

Haustex: Wann soll die Kampagne starten?

Axel Augustin: Bis zur VDB-Tagung im April in Braunschweig sollen alle noch offenen Details geklärt und den Mitgliedern vorgestellt werden. Konkret starten wollen wir dann im Herbst diesen Jahres.Köln. Wie kann sich der Bettenfachhandel der Werbemacht von Emma, Casper & Co. entgegenstellen? Der VDB stellt auf seiner Verbandstagung im April ein Konzept für Online-Werbung vor, das die Individualität im Bett in den Fokus rückt. Motto: Jeder Mensch ist anders und braucht ein individuell angepasstes Bett. VDB-Geschäftsführer Axel Augustin erläutert im Haustex-Interview die Ziele der Kampagne vor Ihrer Premiere.
aus Haustex 03/18 (Wirtschaft)