Heimtextil Frankfurt

Deko, Gardine, Möbelstoffe: Schöner Schein in schwierigen Zeiten

Auf der Heimtextil konnten Besucher wieder schwelgen in schönen Stoffen, traumhaften Gardinen, luxuriösen Vorhängen, elfenzarten Transparentqualitäten, aufwändigen Stickereien, mutigen Statement-Designs, gedeckten Farben. Alles könnte also so schön sein

Die Gänge waren voll, die Besuchertische häufig besetzt, rund um das Deco Team-Forum wimmelte es meistens von Menschen: Die Stimmung auf der Heimtextil 2018 wirkte insgesamt optimistisch und alles mutete eher nach Aufbruch denn nach Resignation an. Aber im Gespräch wurde schnell klar: Den meisten Ausstellern sitzt das vergangene Geschäftsjahr gehörig in den Knochen, und wenn jemand von Stagnation sprach, schien das schon fast Anlass zur Freude. Gründe waren nicht wirklich fassbar. Für den einen war es das Wahljahr 2017, was erfahrungsgemäß immer schwieriger verlaufe. Der nächste beklagte den Preisverfall bei Heimtextilien. Wieder andere zuckten nur mit den Schultern und gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass der Wirtschaftsboom in 2018 endlich einmal in der Textilbranche ankomme.

Das Ende der gescheiterten Initiative textile Räume (ITR) schien da quasi ein Sinnbild zu sein für das große Stocken in der Branche. Letztes Jahr wurde noch mit wehenden Fahnen vorm Kölner Dom für mehr Stoff im Leben demonstriert, jetzt gab nur noch Grabgesänge. Die ITR ist Geschichte, was mit der dazugehörigen Webseite und der Marke GibDirStoff passieren soll, ist unklar. Wir finden es sehr schade, dass es der Branche nicht gelungen ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden, wie auch immer der auch ausgesehen haben könnte. Viel Arbeit und Geld ist nun verpufft - dabei klagen doch nahezu alle unisono über die schlechte Auftragslage im deutschen Markt. Bedauerlich, dass kein "Packen wir’s an" zustande kommt. Es wird wahrscheinlich lange dauern, bis sich wieder jemand mit einer branchenweiten Idee hervorwagt.

Aber es gab auch positive Stimmen auf den Ständen: Unternehmen, die sich über Zuwachsraten freuten, weil sie Nischen besetzt haben, die der Krise trotzen. Oder die sich auf Kernkompetenzen besinnen wie guten Service und Kundendienst. Die Mitteilung der Messe Frankfurt, dass die Leistungsschau für Wohn- und Objekttextilien 2018 erneut mit einem Aussteller- und Besucherplus endete und ihr für 2019 noch mehr Platz auf dem Gelände eingeräumt wird, lässt doch hoffen.

Im Theme Park, der zentral in Halle 6.0 gelegenen Trendshow, hieß es 2018 "The Future Is Urban". Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts sollen fast alle Menschen in der Stadt wohnen. Das Trendbuch der Heimtextil 2018 befasste sich damit, wie die Räume, in denen wir leben, arbeiten, einkaufen und Kontakte pflegen, durch unsere urbane Zukunft geprägt und gestaltet werden. In vier Trendthemen waren Besucher eingeladen, Strömungen bei den Lebensstilen mit den dazugehörigen Design-, Material- und Farbtrends zu erforschen: The Flexible Space zeigte wandelbare Räumen auf kleiner Fläche. The Healthy Space war Büros gewidmet, in denen die Natur Einzug hält. Mit dem Re-Made Space soll dem städtischen Abfallproblem entgegengewirkt werden. Und The Maker Space ermöglicht Selbstverwirklichung durch Kreativität.

Die auf der Messe gezeigten Stoffe unterlagen auch 2018 keinem für uns ersichtlichen strikten Trend: Zu sehen waren häufig pastellige Farben, viel in Rosé- oder Pink-Nuancen, aber auch kräftig-bunte Eyecatcher und klassische Designs. Durchweg war von den Herstellern zu hören, dass die Haptik der Stoffe zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Ruf nach Natur war darüber hinaus auch immer wieder zu vernehmen bei Haptik, Optik, Material und Design: Mutter Natur steht aktuell hoch im Kurs als Vorbild und Inspirationsquelle. Dschungel- und Tiermotive finden sich zahlreich, ebenfalls Blätter- und Blütendesigns - passend zum Heimtextil-Trend The Healthy Space: die Natur ins Haus holen.

Noch etwas fiel uns auf: Immer mehr Anbieter setzen auf die Verwendung von Recyclingprodukten. Schon gab es erste Kollektionen zu sehen, die ausschließlich aus wiederverwendetem Material bestanden. Auch hier war die Trendshow der Messe mit ihrem Re-Made Space schon ganz konkret in den Gängen wiederzufinden. |antje.lueckingsmeier@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 02/18 (Wirtschaft)