Kährs:

"Die Vermarktung von Parkett ist zu brav"


Die Parkettindustrie freut sich natürlich zu Recht über steigenden Absatz und steigende Umsätze durch gestiegene Nachfrage. "Wenn nicht jetzt, wann dann", könnte man auch kommentieren in Zeiten des Baubooms. Denn der Erfolg könnte ja viel größer sein, sowohl in Absatzmenge, Umsatz und Profitabilität. Die Parkettindustrie schaut verwundert zu, wie andere Bodenbelagsarten, deren Erfolg auf dem Imitieren der Optik Holz beruhen, vom Megatrend der Nachfrage nach der Optik Holz in einem viel höheren Maße vom Bauboom profitieren.

Die Endkunden, die Architekten, die Immobilienentwickler greifen verstärkt zur Optik Holz, aber nicht nur zum Original, sondern auch in Form von Imitaten wie PVC-Belägen, Keramikfliesen, und immer noch zu Laminatböden, wenn auch weniger. Nicht jeder dieser vielen einzelnen Entscheidungen pro Imitat liegt der Preisunterschied gegenüber dem Echten zugrunde, sondern die Entscheider gehen von maßgeblichen funktionalen Vorteilen dieser Imitate aus.

Dass sich in Baumarktprospekten direkt beobachten lässt, wie manche Parkettböden sogar preisgünstiger angeboten werden als PVC-Böden, lässt erahnen, dass nicht nur der Preis der Grund für die Entscheidung pro Imitat ist. Entscheider scheinen schlichtweg schlecht informiert zu sein über die funktionalen Fähigkeiten von Parkett und Holzfußböden. Die Tatsache, dass Parkett in seiner funktionalen Fähigkeit unterschätzt wird, ist ein Versäumnis der gesamten Parkettbranche. Sollte es nicht möglich sein, die Vorurteile der vermeintlichen funktionalen Unterlegenheit aufzuheben, so sollte es doch wenigstens das Ziel sein, die ökologischen Vorteile zu inszenieren.

Die Vermarktung von Parkett ist zu brav und viel zu wenig polarisierend. Es wird viel zu wenig und nicht aggressiv genug kommuniziert mit den offensichtlichen Werten des Echten und Gesunden. Ein Grund für diese Passivität liegt darin, dass bei vielen herstellenden und handeltreibenden Unternehmen hausgemachte Interessenkonflikte hinsichtlich des gesamten Sortiments an Bodenbelagsarten vorherrschen. Ein anderer Grund ist die mangelnde Wertschöpfung der Branche, was eine höhere Intensität der direkten Kommunikation zu den Entscheidern erschwert oder gar verhindert.

Rohstoffverknappung und Rohstoffpreiserhöhungen führen außerdem dazu, dass man zu glauben neigt, dass der Absatz nicht mehr signifikant wachsen kann. Doch das ist ein Trugschluss, denn betroffen von der Verknappung sind vor allem Landhausdielen, also großformatige Decklagen aus Eiche. Weniger knapp sind jedoch kleinformatige Parkettarten.

Auch wenn Landhausdielen aus Eiche ein knappes Gut sind, so ist es eine originäre Aufgabe der Parkettindustrie dafür zu sorgen, dass Alternativen aus anderen Holzarten angeboten werden können. Das wird nicht leichtfallen, denn bekanntermaßen hat die Parkettindustrie mit jeder anderen europäischen Hartholzart große Schwierigkeiten, zum Beispiel Stichworte Esche-Sterben oder sehr problematische Buche-Eigenschaften insbesondere bei großformatigen Decklagen. Durch die Eiche-Knappheit bricht eine neue Ära an, Innovationen sind geradezu ein Muss. Man darf gespannt sein, wer dieser massiven Herausforderung auf welche Weise begegnet.

Was ist der Parkettindustrie zu wünschen? Dass sie sich im größten Markt Europas, in Deutschland, weiterentwickelt zu einer Branche, die ihre vorteilhaften Werte besser vermarktet. Wenn durch den Bauboom mögliche Wachstumsszenarien von 10 % per anno im Absatz theoretisch realisierbar wären, aber nicht realisiert werden, weil Imitate das wesentliche Bodenbelagswachstum einnehmen, dann sollte die Parkettbranche wenigstens das Preisniveau endlich auf eine Höhe bringen, wie es in den meisten anderen Länder der Wertwahrnehmung der Käufer angemessen ist. Trotz Erhöhungen bei Landhausdielen sind die Marktpreise in Deutschland im Vergleich zum westlichen Europa viel zu niedrig. Nur Österreich hat noch niedrigere Preise. In Zeiten von Bauboom und horrend steigenden Immobilienpreisen muss man Preise auch für kleine Formate nach oben bringen.

Die Aussichten für Parkett? Die Aussichten sind gut, denn kurzfristig hilft der Bauboom und langfristig ist die Tatsache, dass kein Weg am Echten und Gesunden vorbei führt, eine sichere Bank für die Zukunft. Die Frage ist vielmehr, wie viel man aus dem Bauboom und der unabänderlichen gesellschaftlichen Entwicklung zu pro Naturmaterial macht. Imitate werden natürlich bleiben, wahrscheinlich in abgeänderter Form, denn niemand glaubt wohl allen Ernstes, dass man mit solchen Mengen an rohölbasierten Produkten weitermachen kann. Aber es werden gesündere Hybride und alternative Imitate auf den Markt kommen. Die Chancen für das Naturmaterial Parkett werden trotzdem eher noch größer.
aus Parkett Magazin 05/17 (Wirtschaft)