Balta Industries NV

Wachstumshoffnung Teppichfliese


Modulare textile Beläge und Individualdruck sind die zukünftigen Wachstumsfelder für Balta. Der europäische Marktführer will sich mit ihrer Hilfe gegen die Krise beim Teppichboden stemmen. Der Handel bleibt dabei der wichtigste Partner der Belgier in Deutschland.

Für Balta ist die Teppichfliese der Bodenbelag aus dem eigenem Sortiment mit dem größten Wachstumspotenzial in den kommenden drei bis vier Jahren. Den deutschen Markt taxiert Luc Jongbloet aktuell auf 7,5 Mio. m2 inklusive Nadelvlies-Fliesen. Der im August 2017 zum Business Unit Manager ITC, Balta Carpets (Teppichboden) und Balta Carpet Tiles (Teppichfliesen) aufgestiegene 48-Jährige setzt große Hoffnung in das modulare Produkt.

Mit Craft, Forest und Graphite präsentierte Balta deswegen das erste Mal überhaupt drei Teppichfliesen-Qualitäten aus hochwertigem Polyamid (PA) auf der Domotex 2017: zwei 50 x 50 cm-Fliesen und ein Plankenprodukt in den Abmessungen 25 x 100 cm. Während erstere gut angelaufen seien, fände die Teppichdiele noch wenig Abnehmer. Sie müsse in den Ausstellungen des Handels häufiger an prominenter Stelle gezeigt und beworben werden, findet Jongbloet.
Bisher war die Geschäftseinheit Balta Carpet Tiles in Deutschland ausschließlich mit den konsumigeren PP-Fliesen im Markt präsent. "Dabei wird es aber nicht bleiben", kündigt Jongbloet an. Das Sortiment werde bis Ende des Jahres auf bis zu zwölf modulare Qualitäten aus PA erweitert - Fliesen und Planken. Das Bemerkenswerte daran: Balta prognostiziert für den modularen Belag starkes Wachstum nicht nur im Objekt, sondern auch im Handel. "Auf allen Kanälen", wie Jongbloet betont.

Die neue Fokussierung auf die Teppichfliese bzw. -planke wird auch an anderer Stelle deutlich: Die Belgier, die mehrheitlich der US-amerikanischem Investmentgesellschaft Lone Star Funds gehören, haben Anfang des Jahres den Hersteller Bentley Mills in den USA übernommen. Das Unternehmen setzt 122 Mio. USD (111 Mio. EUR, Kurs zum Übernahmezeitpunkt) um, davon 90 % mit Teppichfliesen im hochwertigen Objektsegment.

Modulyss vertreibt 2018 in Eigenregie

Der Zukauf ergänzt das in der Gruppe bereits vorhandene Teppichfliesen-Sortiment sinnvoll. Balta-Tochter Modulyss ist der drittgrößte Hersteller der Textilelemente in Europa. Die beiden neuen Schwesterunternehmen werden sich gegenseitig in ihren Sortimenten ergänzen. Das bedeutet, dass Bentley-Teppichfliesen zukünftig auch in Europa verfügbar sein werden und Modulyss-Produkte in den USA. Gleichzeitig werde Modulyss ab 2018 in Deutschland auch in Eigenregie vertreiben - zusätzlich zur Vertriebspartnerschaft mit Carpet Concept.

Die neuen Teppichfliesen von Balta Carpet Tiles, die Jongbloet für spätestens Ende 2017 ankündigt, werden von der Balta-Tochter ITC produziert. In den Vertrieb sollen die Produkte als so genannte "weiße Ware" gehen, also nicht unter Industriemarke, sondern ausschließlich unter den Eigenmarken der jeweiligen Händler.

Die "modulare" Strategie des Konzerns, der im Juni 2017 an die Börse in Brüssel gegangen ist, spiegelt sich auch in der Umsatzverteilung nach Produkten wider. Bereits heute erlöst die Balta-Gruppe ungefähr ein Viertel der weltweit erwirtschafteten 668,4 Mio. EUR mit Teppichfliesen.

Deutschland ist mit einem Umsatzanteil von 14 % einer der wichtigsten Absatzmärkte des Konzerns. Jongbloet und seine sechs Personen starke Außendienstmannschaft verkaufen hier vor allem Auslegeware; die Teppichfliese spielt noch keine wesentliche Rolle. Während das Objektgeschäft mit Teppichboden und Nadelvlies glücklicherweise weniger unter dem anhaltenden Nachfragerückgang litt, sei die Situation im Handel schlecht. Egal auf welchen Vertriebskanal von Balta man dort schaue: Absätze und Umsätze mit Teppichboden sinken. "Der Juni ist bei unseren Kunden der schlechteste Monat gewesen seit vielen, vielen Jahren", stellt der BU Manager ernüchtert fest.

Zusätzliches Problem sind die Preiserhöhungen bei Rohstoffen

Bei Balta hatte man fest damit gerechnet, dass die Talsohle in Deutschland durchschritten sei. Es ist anders gekommen. Eine Ursache seien die mehrmaligen, massiven Preiserhöhungen gewesen, die die Chemieindustrie seit Anfang des Jahres für Caprolactam, dem Vorprodukt für Polyamid, rigoros durchgesetzt habe. Der Teppichbodenindustrie sei nichts anderes übrig geblieben, als die Preise für Polyamid-Teppichböden um bis zu 7 % zu erhöhen - die stärksten Preiserhöhungen in Deutschland seit rund zehn Jahren, konstatiert Jongbloet.

Ein weiterer Grund für die Misere sei sicherlich die fortschreitende Konzentration im Handel. In diesem Zuge sind zahlreiche Verkaufspunkte in den vergangenen Jahren verschwunden und Werbebudgets reduziert worden. "Der Endverbraucher nimmt dadurch das Produkt Teppichboden noch weniger wahr", sagt der Vertriebsdirektor. Gleichzeitig lobt er die großen Fachmarktketten, Filialisten und auch Großhändler wie Kibek, Knutzen, TTL, Hammer, Jordan, Mega oder CMS für ihr Engagement und die Investitionen in das Teppichbodensortiment und dessen Vermarktung.

Auch mit der Copa ist Jongbloet zufriedener als noch vor einem Jahr, als er im Belgien/Niederlande-Spezial von BTH Heimtex die Einkaufskooperation kritisiert hatte. Tenor: Die Musterkosten seien zu hoch im Vergleich zu den Umsätzen, die die Copa-Mitglieder mit den Kollektionen machten.

Man habe seitdem intensive Diskussionen zu diesem Thema auch mit der Copa geführt. Absolut notwendig seien mehr Umsatzverantwortung und Kollektionskostenbeteiligung auf allen nachgelagerten Vertriebsstufen, Reduzierung der Anzahl an Kollektionen sowie größere Vermarktungserfolge. "Unsere Botschaft ist angekommen und wurde auch angenommen. Wenn die Copa unter der Führung von Herrn Führes den neu eingeschlagenen Weg weitergeht, bin ich für die zukünftige Zusammenarbeit sehr optimistisch."

Individualdruck immer beliebter

Neben der Teppichfliese sieht Jongbloet den Individualdruck als zweites großes Wachstumssegment für Teppichboden. Auf dem weltweit und auch in Deutschland wachsenden Hotelmarkt steigt die Nachfrage nach individuellen Dessinierungen und Farben. "Große Hotelketten kehren wieder zurück zu Teppichboden, wenn Renovierungen anstehen. Man hat schlechte Erfahrungen gemacht in Bezug auf Lärm und Komfort mit glatten Belägen, die als bessere Alternative proklamiert worden waren ", sagt Jongbloet.

Die Online-Bewertungsportale für Hotels bewirkten gleichzeitig, dass die Betreiber häufiger als früher die Zimmer renovieren und dabei auch den Bodenbelag erneuern. "Denn Bodenbeläge, auf denen sich der Gast nicht wohl fühlt, führen zu schlechteren Benotungen. Die wiederum drücken die Buchungszahlen nach unten."

Balta und seine Tochtergesellschaft ITC bieten Individualdruck über eine Chromojet-Anlage ab einer Bestellmenge von 240 m2. Zur Auswahl stehen drei Decken mit 900, 1.150 bzw. 1.400 g Polgewicht für die Beanspruchungsklassen 32 bzw. 33. Kunden, die für ihren individuellen Druck Kolorits wählen aus vom Unternehmen festgelegten 48 Basisfarben, erhalten einen attraktiveren Preis, erklärt Jongbloet eine Besonderheit des Konzeptes.

Der 48-Jährige geht davon aus, dass der Absatz von Teppichboden nicht nur mit Hilfe solcher individueller Produkte wieder gesteigert werden könne. "Produkte, die modular sind, liegen im Trend. Bestes Beispiel sind LVT". Während die Designbeläge ihren Siegeszug antraten, befürchtete man, dass CV darunter leiden würde, erinnert Jongbloet. Das sei aber nicht so gekommen. Viel mehr profitiere CV-Bahnenware vom Designbelag. Diesen Effekt erhofft er sich auch zwischen Teppichboden und Teppichfliese bzw. -planke.

jochen.lange@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 09/17 (Wirtschaft)