PCI: Interview mit Marc C. Köppe und Holger Sommer
"Unsere Leitmarke für Fußbodentechnik ist Thomsit"
Ende 2016 hat PCI über seine Mutter BASF die Marke Thomsit von Henkel übernommen und sich damit einen stärkeren Marktzugang im Bereich Fußbodentechnik gesichert. Parkett Magazin wollte von Marc C. Köppe, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, und Holger Sommer, Direktor Business Management Floor Laying Europe Thomsitwissen, wie weit die Integration fortgeschritten ist und welche die nächsten Schritte sind.
Parkett Magazin: Die PCI-Gruppe führt jetzt drei Marken unter einem Dach. Wie funktionieren PCI, Thomsit und Ceresit im Markt nebeneinander?
Marc C. Köppe: Das ist relativ einfach. Wir haben uns mit der etablierten und starken Marke Thomsit gezielt Marktzugang im Geschäftsfeld Fußbodentechnik gekauft - einer Marke, die in diesem Segment mehr Strahlkraft und auch einen größeren Spielraum für Wachstum bietet, als PCI. Unser Anspruch ist es, in allen Produktsegmenten in unseren Kernmärkten eine marktführende Position zu erreichen - dies ist mit Thomsit einfacher umzusetzen. Wenn Kunden gleichwohl weiterhin die Fußbodentechnik-Produkte von PCI beziehen wollen, ist dies natürlich unverändert möglich. Aber unsere Leitmarke für Fußbodentechnik ist Thomsit.
PCI bleibt als Nr. 1 im deutschsprachigen Markt die Leitmarke für die Zielgruppe Fliese und Bau, ergänzt nunmehr um Ceresit, die uns einen noch breiteren Zugang zum Baustoff- und Fliesengroßhandel bietet und unser Produktportfolio zudem auch mit neuen Lösungen ergänzt.
Holger Sommer: Starke Marken stiften Identität und geben Sicherheit. Die Großhandelsumfrage Verlegewerkstoffe aus Ihrem Verlag zeigt regelmäßig, dass Thomsit immer noch die bekannteste Marke im deutschen Markt ist. Das passt genau in unsere Philosophie. Die Marke Thomsit ist dem Absatzkanal der Fußbodentechnik zugeordnet, d.h. wir beliefern den Bodenbelags-, Parkett- und Malergroßhandel, sowie Objekteure.
Könnte es sein, dass Händler die Marke PCI nach und nach auslaufen lassen werden?
Köppe: Das ist mir etwas zu zugespitzt formuliert, auch wenn ich natürlich nicht für die komplette Händlerschaft sprechen kann. Aber: Auch wenn wir den Großteil unser Kraft in die Leitmarke Thomsit investieren werden, haben wir kein Interesse daran, den PCI-Ast abzusägen. Wir werden unsere Kunden hier weiter bedienen. Fest steht gleichwohl: In die Marke Thomsit ist in den vergangenen Jahren wenig investiert worden, so dass Marktbegleiter schon von einem "schlafenden Riesen" gesprochen haben. Diese Meinung teilen wir im Kern. Mit allen Marken ist es unser Ziel, Nr. 1 oder Nr. 2 in unseren Kernmärkten zu werden. Hier passt die Akquise von Thomsit perfekt, die wir über gezielte Investitionen weiter stärken und ausbauen wollen. Alle Marken zahlen gleichwohl aber auf den Gesamterfolg von PCI ein, in allen Segmenten.
Ihr Vorteil könnte sein, dass bei der Thomsit-Übernahme fast alle der Mitarbeiter mit zu PCI gewechselt ist.
Köppe: Das stimmt. Wir konnten eine Übertrittsquote von mehr als 95 % bei den Thomsit-Mitarbeitern verzeichnen. Bei den Außendienstmitarbeitern sind die vollen 100% mit zu uns gewechselt. Dieses Vertrauen der Mitarbeiter in die PCI-Gruppe freut uns enorm - und wird uns im Markt und beim weiteren Wachstum helfen. Wir planen für Thomsit sogar, noch in weitere Neueinstellungen zu investieren, die wir teils auch schon vorgenommen haben.
Sommer: Ich kann dem nur beipflichten. Dass die neuen Mitarbeiter bei uns einen starken und nachhaltigen neuen Heimathafen sehen, macht uns stolz. Dadurch, dass wir weiterhin mit den bekannten Außendienstmitarbeitern im Markt agieren, ändern sich die Ansprechpartner für die Kunden nicht. Wir haben unser Versprechen der Kontinuität des Geschäfts eingelöst: Dieselben Ansprechpartner, dieselben Produkte und keine qualitative Veränderung der Produkte.
Was passiert jetzt in der nächsten Stufe der Integration?
Sommer: Wir werden in die Marke Thomsit gezielt investieren, d.h. wir werden unsere Vertriebsmannschaft im deutschsprachigen Raum weiter verdichten, um die Nähe zu den unseren Kunden zu erhöhen. In Kürze werden wir zudem neue Produkte und innovative Neuentwicklungen vorstellen.
Köppe: Mitte des Jahres werden wir verstärkt Neuprodukte auf den Markt bringen. Parallel sind Investitionen in unsere drei Werke in Hamm, Wittenberg und Augsburg geplant. Ein weiterer Fokus sind Investitionen in die Marke, dazu zählen Werbemaßnahmen, POS-Aktionen, eine neue Webseite - und noch einiges mehr, auf das sich unsere Kunden freuen können.
Das Henkel-Werk in Unna hat PCI auf Zeit gemietet. Dieses ist von Hamm aber nur wenige Kilometer entfernt. Wie ist Ihre Planung bzw. sind Sie im Zeitplan?
Köppe: Wir werden die Mehrmengen auf unsere drei Werksstandorte verteilen. Bis in zwei bis drei Jahren die Weiterführung der Produktion an den drei PCI-Standorten erfolgt, werden wir gezielt in Lieferstrukturen, Lager und Produktionskapazitäten investieren. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass die Produktqualität auf gleichem sowie unverändert hohem Niveau bleibt. Den Mitarbeitern des Werkes in Unna werden wir mit dem Übergang nach Möglichkeit anbieten, an die drei PCI-Standorte zu wechseln - vornehmlich nach Hamm.
Wenn Sie fragen, ob wir im Plan liegen, dann lautet die Antwort: Ja. Alle Lichter für den Masterplan der Inte-
gration stehen auf grün. Aber natürlich bedeutet die Integration eines recht komplexes Geschäft einen hohen Aufwand.
Bleiben die bekannten Marken in dem bisherigen Erscheinungsbild erhalten?
Sommer: Wir können heute schon sicher sagen, dass wir das nicht antasten werden.
Ihr erklärtes Ziel ist deutliches Wachstum, um mit allen Marken Nummer 1 oder 2 zu sein. Nun ist der Verlegewerkstoffmarkt ein durchaus umkämpfter. Was zeichnet die PCI-Gruppe aus - die starke Muttergesellschaft BASF?
Köppe: Die BASF hat eine enorme Zahl an Forschern, die sich in der Produktentwicklung engagieren, auf die wir - neben unseren PCI-eigenen Entwicklern - in Teilen zurückgreifen können. Wir profitieren davon, dass bei BASF eine große Technologiekompetenz vorhanden ist. Natürlich hat unsere Muttergesellschaft auch die Mittel, eine Akquisition dann durchzuführen, wenn sie strategisch sinnvoll ist.
Worauf können sich die Parkettleger und Bodenleger bei der Marke Thomsit freuen?
Sommer: Das verlegende Handwerk kann sich freuen auf zusätzlichen Service, konstante Produktqualität, zusätzliche Produktinnovationen und Nähe der Organisation zu unseren Kunden - ein Paket an maßgeschneiderten Serviceleistungen. Eine Premiummarke zeichnet aus, dass Kunden einen engen technischen und kommerziellen Support erhalten.
Seit Jahren ist die Rede von einem Konzentrationsprozess bei den Verlegewerkstoffen. Gehen Sie davon aus, dass es eine weitere Verdichtung des Marktes geben wird?
Köppe: Ich persönlich gehe in der Tendenz von einem weiteren Konzentrationsprozess aus. Im Moment haben wir historisch gute Zeiten im gesamten Marktumfeld mit stabilen bis leicht wachsenden Märkten. In diesem Umfeld geht es allen gut, alle können wachsen. Wenn sich der Impuls gegenläufig entwickelt, startet automatisch ein Konzentrationsprozess. Meiner Meinung nach werden wir auch Player erleben, die die Digitalisierung nutzen, um neue Geschäftsmodelle auf den Markt zu bringen.
Ist die Vermutung richtig, dass PCI aktuell keinen weiteren Akquisitionsbedarf hat?
Köppe: Wenn sich Gelegenheiten bieten, werden wir diese auch weiterhin prüfen. Es ist jetzt nicht notwendigerweise das Ende der Fahnenstange erreicht. Aktuell ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass zeitnah etwas auf den Markt kommt, was ähnlich gut passt, wie es sich jetzt einfügt.
Können wir an einigen Zahlen festmachen, wie schlagkräftig PCI derzeit ist?
Köppe: Mit Zahlen sind wir traditionell zurückhaltend. Wir haben mittlerweile europaweit ca. 1.250 Mitarbeiter, 200 sind durch die Übernahme des westeuropäischen Bauchemiegeschäfts von Henkel hinzugekommen. Allein in Deutschland sind deutlich mehr als 100 Mitarbeiter in Vertrieb und Anwendungstechnik. Und wir erwirtschaften inklusive der Akquisition einen Nettoumsatz von über 300 Mio. EUR.
Prallen eigentlich zwei Welten aufeinander, wenn ein Pulverspezialist PCI und ein Kleberspezialist Thomsit eins werden?
Sommer: Das kann man so nicht sagen. Das Schöne ist doch, dass man sich nun offen austauschen kann. Wir haben mittlerweile auch eine Betriebsstätte in Düsseldorf, in der es ein Labor für die Entwicklung der Klebstoffe in der Fußbodentechnik gibt. Wir haben durch die Übernahme ein großes Maß an zusätzlicher Klebstoffkompetenz hinzugewonnen. Bei den Spachtelmassen beispielsweise gibt es solche für keramische Fliesen, aber auch für andere Bodenbeläge, die durchaus unterschiedliche Eigenschaften mitbringen. Es ist höchst spannend, wenn unsere Entwickler die Köpfe zusammenstecken, welche Produkte für welche Märkte in Frage kommen. Das ist ein großer Vorteil und ein schöner Lernprozess, der sich bei uns vollzieht.
Wie gelingt es, dass aus drei Marken eine gemeinsame Gruppe wird?
Köppe: Verschiedene Maßnahmen, so u.a. eine gemeinsame, markenübergreifende Unternehmensvision, die wir aktuell entwickeln. In diesem Zusammenhang werden wir auch unser Markenbild weiter schärfen. Mehr möchte ich dazu aber noch nicht verraten.
Es gab mal eine Zeit, als Thomsit Marktführer war...
Köppe: Nicht nur Thomsit, auch Ceresit war einstmals marktführend. Man muss stets am Puls der Zeit bleiben und dem Kunden auch in einem sich verändernden Marktumfeld überzeugende Lösungen anbieten. Dies beinhaltet die Fähigkeit zu proaktivem Wandel, zu einer lernenden Organisation; das muss Teil der DNA eines Unternehmens werden. Wer kann schon sicher sagen, dass die Kunden künftig nicht mit der Lieferdrohne ihren Sack Spachtelmasse auf die Baustelle bekommen wollen? Heute will das sicherlich niemand, aber es gilt, Kundenbedürfnisse eng zu beobachten und zumindest schnell zu reagieren, wenn man schon nicht aktiv agiert. Wichtig ist entsprechend auch die Fähigkeit, Prozesse und Entwicklungen zu antizipieren.
Glücklicherweise ist aber die Marke Thomsit stark genug, um dem "schlafenden Riesen" wieder mehr Durchschlagskraft verleihen zu können.
Sommer: Wir haben drei echte Traditionsmarken zu bieten: Eine PCI gibt es seit über 65 Jahren,Thomsit mehr als 70 Jahre und Ceresit ist sogar noch älter. Unsere Aufgabe wird es sein, die Tradition mitzunehmen in die Moderne. Natürlich bietet Tradition einen Anker und Sicherheit zugleich, aber wir müssen uns auch für moderne Ansätze öffnen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. So ist die Baubranche z.B. bei der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Branchen hintenan, obwohl sich viele mit dem Thema beschäftigen. Es wird eine unserer Aufgaben als Premiumanbieter sein, auch bei der Digitalisierung eine führende Rolle zu spielen.
aus
Parkett Magazin 04/17
(Wirtschaft)