Interview des Monats: Möbel-Zentral-Einkauf (MZE), Neufahrn

"Gut ist uns nicht gut genug"


Wohl keiner im Bettenfachhandel kann von sich behaupten, ihn beträfe der Boom der Internet-Matratzenhändler oder die Welle der Boxspring-Betten nicht. Haustex sprach darüber mit MZE-Vertriebsleiter Helmut Stauner. Seine Aufgabe ist es unter anderem, für die MZE-Partner Antworten auf diese Herausforderungen zu finden - zu sehen auch auf der Leitmesse Schlafen des Verbandes Ende Juni.

Haustex: Das vergangene Jahr war für den gesamten Bettenfachhandel nicht einfach. Dennoch war die Stimmung auf den Januar-Messen eigentlich recht entspannt. Wie hat sich für den MZE und seine Mitglieder das Jahr 2017 bislang entwickelt?

Helmut Stauner: Das Gefühl war wahrscheinlich etwas besser als die Realität. Die Schwankungen im Jahr werden immer ausgeprägter, aber unter dem Strich wird es für viele gerade noch gereicht haben. Dennoch war 2016 insgesamt kein gutes Jahr. Das neue Jahr hat dann im Januar zwar gut angefangen, aber Februar und März waren wieder sehr schwach. Derzeit scheint keine Hochzeit für Betten zu herrschen.

Haustex: Auf der anderen Seite hat sich die Branche in den Jahren zuvor recht gut entwickelt, sodass ein schwierigeres Jahr nicht gleich ein Unglück ist.

Stauner: Man muss das differenziert betrachten. Circa zwölf Prozent der Bettwäsche verkauft noch der Bettenfachhandel, beziehungsweise 88 Prozent werden woanders eingekauft. Bei Bettwaren sind es noch 15 bis 16 Prozent. Boxspring-Betten sind zwar Betten, aber ich möchte behaupten, dass rund 80 Prozent dennoch nicht im Bettenfachhandel gekauft werden. Und dadurch verlieren wir vielleicht gerade viele Kunden, die vor zehn Jahren ihr Schlafsystem noch im Bettenfachhandel gekauft haben und stattdessen jetzt zum Möbelfachhandel gehen, weil sie ein Boxspring als Möbel ansehen. Es finden aktuell Käuferwanderungen von einem Vertriebskonzept zum anderen statt. Das ist die eine aktuelle Strömung im Bettenfachhandel.

Die zweite Strömung sind natürlich die One-fits-all-Matratzen. Deren Anteil lag im letzten Jahr vielleicht bei zwei oder drei Prozent, dürfte in diesem Jahr aber schon sechs bis sieben Prozent betragen. Auch dort ergibt sich die spannende Frage, wie viele Kunden, die prinzipiell bereit gewesen wären, ein Schlafsystem im Fachhandel zu kaufen, sich schließlich doch für ein One-fits-all-Modell entschieden haben. Letztlich können wir es nicht beurteilen.

Haustex: Auf der anderen Seite gibt es Bettenfachhändler, die Boxspring-Betten sehr erfolgreich verkaufen. Also geht es doch prinzipiell?

Stauner: Absolut, davon gibt es einige. Dafür ist es allerdings erforderlich, dass die Verbraucher erkennen, dass ein Bettenfachhändler das Thema gut spielt und er dort ein kompetentes Sortiment erwarten kann. Aber es gibt zu wenige Fachhändler, die das Thema professionell angehen. Denn der Verkauf von Boxspring-Betten erfordert eine andere Form der Beratung. Wir sind es einfach gewohnt, alles rund ums Bett unter dem Thema Ergonomie anzubieten und nicht über die Ästhetik. Da findet derzeit eine Veränderung auf Verbraucherseite statt und viele Händler tun sich einfach schwer, diesen neuen Beratungsansatz bei sich aufzunehmen.

Haustex: Erschwerend kommt hinzu, dass insgesamt immer weniger Kunden den Bettenfachhandel aufsuchen.

Stauner: Seit Jahren versucht die gesamte Bettenbranche, die ständig rückläufige Frequenz in den Läden durch höherwertigere Verkäufe zu kompensieren, allerdings immer bezogen auf das Bett. Auch hier muss im Fachhandel ein Umdenken stattfinden, die Händler-Kollegen in Holland machen es sehr schön vor. Wir müssen es schaffen, den Schlafraum ganzheitlich zu betrachten. Fokussiert auf das Bett, gelangt man preislich irgendwann an eine Grenze. Jemand der bereit ist, 3.000 Euro für ein Bett auszugeben, wird nicht auf einmal 6.000 Euro zahlen wollen. Aber unter Umständen gibt er 4.000 Euro aus und kauft noch zwei Nachtkästchen, eine Bettbank, eine Kommode, einen Teppich oder zwei Leuchten dazu. Vielleicht nicht alles auf einmal, aber Segmente daraus, und dann bin ich vielleicht doch bei 6.000 Euro angekommen.

Zusatzverkauf wird darum in Zukunft ein entscheidender Faktor werden. Unser Konzept, das wir seit rund drei Jahren fördern, der Schlafraumeinrichter, geht genau in diese Richtung. Auf der letzten DLS in Göttingen hatten wir vier Kojen unter diesem Motto präsentiert und die führenden Häuser haben die Chance daraus erkannt und bei sich umgesetzt. Deswegen werden wir dieses Konzept auf der nächsten Messe im Juni weiter ausbauen und eine fünfte Koje dazu stellen. Darin werden wir fünf zeitgemäße Wohnstile zeigen, hinterlegt mit Farbthemen, und als Inspiration für unsere Händler perfekt präsentieren, die sie dann eins-zu-eins für ihr Geschäft umsetzen können.

Passend dazu haben wir außerdem ein Schulungskonzept für zweimal zwei Tage entwickelt, bei dem wir mit einer Interior-Designerin zusammen arbeiten. Das Konzept wird erstmals in Göttingen vorgestellt werden. Dabei geht es darum, den Verkäufern einen Beratungsansatz an die Hand zu geben. Man muss verstehen, dass man einem Kunden, der nur ein schönes Bett haben möchte, nicht zwei Stunden etwas über ergonomische Vorteile erzählen muss. Das ist zwar ein schwieriger Weg und nicht jedem wird es gelingen, das ist uns auch klar. Aber unsere Aufgabe als Verband ist es auch, Tendenzen zu erkennen und sie umzusetzen.

Haustex: Wie ist das Konzept aufgebaut?

Stauner: Ziel ist es, aus reinen Produktverkäufern Einrichter zu machen, die mit Freude und Begeisterung helfen, dem Kunden seinen Schlafraum optimal zu gestalten. Hierzu gehört ein Basiswissen in verschiedenen Bereichen: Materialkunde, Produktkunde, Raumplanung. Die Vorgehensweise bei der Schlafraumplanung ist schließlich eine andere als die eines Bettenverkäufers. Wir gehen davon aus, dass dieser Kunde die ergonomische Kompetenz des Bettes voraussetzt. Das Bett ist zwar der Mittelpunkt des Schlafraums, aber die Stauraummöbel und die Accessoires gehören verbindlich dazu.

Haustex: Ist das Internet mitsamt seinen ganzen One-fits-all-Matratzen aus Ihrer Sicht also kein gravierendes Problem für den Bettenfachhandel?

Stauner: Mit Verschiebungen der Nachfrage in andere Vertriebsformen haben wir eigentlich immer zu tun. Ob es in den 80er und 90er Jahren die großen Möbelhäuser waren, die uns vermeintlich Umsätze genommen haben, ob es irgendwann die Versender mit ihren immer professioneller gestalteten Katalogen waren oder die Matratzen-Discounter, die uns ebenfalls vermeintlich die Umsätze abgegraben haben, so ist es jetzt ebenso vermeintlich das Internet.

Haustex: Die Matratze, die ich im Internet kaufe oder bei einem anderen Versender, kaufe ich in den kommenden Jahren jedenfalls nicht mehr im Bettenfachhandel.

Stauner: Nun ja, laut mir vorliegenden Zahlen betrug der Durchschnitts-VK aller im letzten Jahr im Internet verkauften Matratzen 202 Euro. Der Durchschnitts-VK der MZE-Partner lag im letzten Jahr bei etwa 650 Euro. Ich glaube, das Internet tangiert uns deshalb nur bedingt. Etwas anders sieht das bei den One-fits-all-Matratzen aus, die preislich um die 450 Euro plus minus x liegen, was schon eine mittlere Preislage darstellt. Da kann man die Frage durchaus stellen: Sind es Leute, die bisher preiswerter beim Discounter gekauft hätten oder solche, die eigentlich höherwertiger gekauft hätten und jetzt meinen, ein Schnäppchen zu machen? Wir wissen es nicht. Darum gilt es, interessante Lösungen für den stationären Handel zu finden.

Haustex: Und das wäre?

Stauner: Zum Beispiel, dass der Händler meines Vertrauens auch solche One-fits-all anbietet, natürlich zu den gleichen Spielregeln wie im Internet, und dem Kunden anbietet, über dieses Produkt vor Ort ganz konkret zu reden. Dann schwindet automatisch beim Verbraucher das Bedürfnis, bei einem Pseudo-Unternehmen zu kaufen, das es gestern noch gar nicht gab. Voraussetzung ist allerdings, dass es uns gelingt, digital sichtbar zu sein. Unsere Antwort darauf ist die neue Joseph-Matratze für unsere Fachhändler.

Haustex: Schießt man sich als stationärer Händler aber mit dieser Matratze angesichts seiner Beratungskompetenz nicht selbst ins Knie, wenn man die Joseph als One-fits-all im eigenen Geschäft führt?

Stauner: Höchstes Gut in den Anschlusshäusern ist das individuelle Schlafsystem. Das ist für uns die Königsklasse und macht den Fachhandel aus. Wir sind der Meinung, dass das die beste Lösung ist. Die nächste Stufe darunter ist unser Ipnomed HEIA-System, letztes Jahr in Göttingen erstmals vorgestellt, mit Matratzen für vier Körpertypen. Damit haben wir einen großen Erfolg, denn weit über 50 Händler haben dieses Konzept platziert. Aber Platzierung ist nur das eine, denn die Verkäufer und die Kunden müssen dieses System auch verstehen. Auch das klappt hervorragend. Darüber sind wir sehr glücklich und ich glaube auch die Firma Rummel als Produzent der Matratzen.

Eine Stufe unter HEIA haben wir jetzt die Joseph-Matratze als One-fits-all. Für jemanden ohne jegliche Probleme hinsichtlich Größe, Gewicht, Figur mag das eine Lösung sein. Kann funktionieren, ist aber für den Endverbraucher ein wenig wie Russisches Roulette. Aber wir legen nicht den Fokus auf diese Matratze. Es gibt für Joseph eine eigene Homepage und Werbepakete für die Händler. Und es gibt eine Verlinkung von der Homepage des Händlers auf die Joseph-Seite und umgekehrt. Außerdem werben wir auf der Homepage der Schlafkampagne von Markus Kamps. Wer sich dort als Endverbraucher informiert, hat sich offenbar schon intensiver mit dem Thema Schlafen beschäftigt. Darum erachten wir ihn als attraktiven Kunden und wollen ihn ansprechen.

Aber es gibt von uns keinen zentral verwalteten Online-Shop. Der Kunde muss per E-Mail beim Händler bestellen, wenn er schon nicht ins Geschäft und die Matratze selbst testen möchte. Und wir setzen auch nicht auf eine exklusiv für uns entwickelte Matratze. Sie gibt es unter anderem Namen bereits woanders.

Haustex: Aber auf der Joseph-Homepage gibt es Händler, welche die Matratze auch online anbieten.

Stauner: Das bleibt ihnen unbenommen. Aber für uns ist Joseph kein Online-Produkt, anders als bei Ipnomed HEIA. Da werden wir selbst einen Online-Shop einrichten, der bis Göttingen freigeschaltet wird. Dafür wird es auch ein sehr viel größeres Marketing-Paket geben, mit viel Unterstützung und Video-Clips. Denn HEIA möchten wir stärker platzieren.

Haustex: Was möchten Sie also mit Joseph erreichen?

Stauner: Wir möchten dem Handel mit dieser Matratze überhaupt die Chance eröffnen, mit den Verbrauchern ins Gespräch zu kommen, die generell eine One-fits-all als ihr vermeintliches Produkt ins Auge gefasst haben und danach im Internet recherchieren. Danach liegt es am Fachhändler, ob er dem Verbraucher gleich die gewünschte Matratze verkauft, oder zumindest die Chance nutzt, ihm die Vorzüge anderer, individuellerer Matratzen zu erklären. Wir nutzen Joseph also vorrangig als Frequenzbringer für unsere Partner.

Haustex: Und wenn es ganz dumm läuft, kauft der Kunde dann tatsächlich die Joseph, provokativ gesagt.

Stauner: Das kann und wird natürlich passieren. Das ist aber kein Beinbruch, denn ohne Joseph hätte der Händler wahrscheinlich gar keinen Umsatz mit dem Kunden erzielt. Und ein Umsatz von 399 Euro bei den Standardgrößen, mit einer guten Marge, ist immer noch besser als null Umsatz.

Haustex: Auf der anderen Seite sind Sie aber der Auffassung, dass das One-fits-all-Konzept eine große Marketinglüge sei.

Stauner: Ist es doch auch. Offen gesagt, ist es mir unbegreiflich, wie es in der kurzen Zeit möglich ist, so eine Geschichte massiv in den Markt zu tragen. Jeder gesunde Menschenverstand müsste zu der Erkenntnis kommen, das es einer hohen Kompromissbereitschaft bedarf, wenn ich glauben will, dass eine Matratze für alle Menschen für mich die richtige ist. Gibt es One-fits-all-Schuhe oder One-fits-all-Mäntel? Nein, aus gutem Grund. Und mir fällt es schwer, einen Unterschied zu der Matratze zu finden. Ein One-fits-all-Skischuh kann nicht allen passen, und so ist es auch mit der Matratze.

Wir leben in einer Zeit, in der die Wahrnehmung leider oftmals mehr zählt als die Realität. Unternehmen ohne Historie, ohne gelebtes Kundenverständnis, ohne ernste Absichten, Sinn zu stiften oder Nutzen für die Verbraucher zu generieren, treten in Märkte ein und wirbeln alles durcheinander. Die Buchhändler und Schuhgeschäfte können ein Lied davon singen. Das Einzige, was diese Internet-Unternehmen haben, ist Geld. Bedauerlicherweise ist es oftmals noch nicht einmal das eigene, sonst würde man wahrscheinlich gewissenhafter damit umgehen.

Dieses Geld setzen die Unternehmen ein, um präsent zu sein und einen Markenaufbau zu generieren und natürlich um Kaufkraft abzuschöpfen. Dieses Kapital schafft es oftmals innerhalb kurzer Zeit, in das Bewusstsein der Menschen zu dringen. Im Bettensegment ist das umso dramatischer, als der Kunde ja nur alle zehn bis 15 Jahre Bedarf an unseren Produkten hat. Um dagegen halten zu können, muss man selbst auch über ausreichende Marketing-Budgets verfügen. Wir empfehlen deshalb allen Händlern, ihre Etats nach oben zu schrauben, um im Bewusstsein der Verbraucher zu bleiben.

Haustex: Ist denn die klassische Werbung für Fachhändler noch zeitgemäß?

Stauner: Ich habe bewusst von Marketing-Budget gesprochen, denn Werbung ist ja nur ein Baustein daraus. Unsere vordergründige Aufgabe ist es, die bestehenden Kunden zu begeistern und zu aktiven Werbeträgern unserer Firma zu machen. Aber natürlich müssen wir auch auf den anderen Medien präsent sein. Ein Prospekt bietet mir als Händler noch immer die Möglichkeit, mich, meine Leistungen und meine Produkte vielfarbig und zweidimensional zu präsentieren. Aber selbstverständlich ist die digitale Sichtbarkeit heute die Nummer eins aller werblichen Maßnahmen. Neben einer perfekten Homepage müssen alle digitalen Maßnahmen ausgenutzt werden, die bezahlbar und darstellbar sind.

Haustex: Welche Rolle spielen Marken bei dieser Strategie?

Stauner: Grundsätzlich sind wir natürlich Befürworter starker Herstellermarken. Eine Branche kann sich glücklich schätzen, wenn sie über solche Anbieter verfügt. Denn sie kämpfen gegen andere Branchen zuerst einmal dafür, dass der Kunde sein Geld für Betten ausgibt und nicht für ein neues Auto, eine Küche oder den vierten Urlaub im Jahr. Ich glaube, ein Grund dafür, dass die Deutschen so wenig für ihre Schlafzimmer ausgeben, ist die Tatsache, dass wir zu wenig präsent sind. Deshalb sollten unsere Marken unterstützt werden und nicht nur als Alibi im Laden stehen.

Als Zweites sind wir überzeugt, dass der mittelständische Fachhandel gut beraten ist, sich selbst zur Marke zu machen. Denn neben dem Trend zur Globalisierung, haben wir auch einen Trend der Regionalisierung. Als Drittes kommen dann die Verbandsmarken. MZE bietet hier eine beachtliche Auswahl von Konzepten und Marken. Sie sind alle mit einem umfangreichen Marketingpaket ausgestattet - selbstredend digital sichtbar und mit attraktiven Bedingungen für die Händler, die damit arbeiten. Die Verbandssortimente sind somit eine sinnvolle Ergänzung zu den Markenprodukten.

Haustex: Joseph ist noch zu neu, als dass man schon ein erstes Resümee dieser Maßnahme ziehen könnte. Aber das Thema Schlafraumeinrichter gibt es bei Ihnen ja schon etwas länger. Wie läuft es also damit?

Stauner: Momentan haben wir knapp 40 Häuser, die sich diesem Thema widmen, mit steigender Tendenz. Ich werte regelmäßig die Geschäftsentwicklung der Anschlusshäuser aus, gegliedert nach ihrer Ausrichtung und ihren Sortimentsschwerpunkten. Grundsätzlich kann man sagen, dass immer der Unternehmer den Unterschied macht, ob man ein Plus oder ein Minus erzielt. Aber die einzige Vertriebsform, in der im letzten Jahr tatsächlich alle Häuser ein Plus erzielt haben, sind jene mit dem Konzept Schlafraumeinrichter gewesen. Dadurch fühle ich mich zwar auch bestätigt in meiner These, die ich seit drei Jahren vertrete. Aber entscheidend ist letztlich, dass dieses Konzept wirklich funktioniert.

Das lässt sich auch erklären, denn der Verbraucher denkt schon lange in Räumen. Die Küche hat heute eine ganz andere Funktion als noch vor zehn, zwanzig Jahren. Auch der Charakter des Wohnzimmers hat sich grundlegend verändert in der Nutzung und Möblierung. Aber immer war der Kunde es gewohnt, für die Ausstattung seines jeweiligen Raums nur einen Ansprechpartner zu haben.

Ich spreche in diesem Zusammenhang natürlich nur von den für uns relevanten Zielgruppen nach Sinus. Bei denen ist der Schlafraum von durchschnittlich 18 auf 21 Quadratmeter gewachsen. Wir wissen auch genau, was der Durchschnittskunde im Schlafzimmer stehen hat: Unter anderem hat etwa ein Drittel Solitärmöbel, wie einen Sekretär oder einen Einzelsessel. Viele unserer Häuser decken diese Möbel auf ihrer Fläche aber gar nicht ab. Wo kauft der Kunde also seine Schlafzimmerausstattung? Dort, wo er alles findet, und das ist meistens leider nicht im Bettenfachhandel, selbst wenn es um Betten oder Boxspring-Betten geht. Bei der Küche ist das nicht der Fall. Man bekommt im Küchenstudio neben der eigentlichen Küchenmöblierung auch die Elektrogeräte, das Speisezimmer, die Stühle.

Haustex: Das mag gelten, wenn man sich ein komplettes Schlafzimmer neu einrichten möchte. Aber doch nicht beim Ersatzbedarf.

Stauner: 50 Prozent aller Schlafsysteme, also Matratzen und Rahmen und ohne Boxspring, werden gekauft, wenn man sich neue Schlafzimmermöbel kauft. 25 Prozent kaufen Schlafsysteme aus Anlass eines Bettgestell-Kaufs. Weitere 25 Prozent kaufen nur Rahmen und Matratzen, der Rest im Schlafzimmer bleibt stehen. Wer also nicht das Drumherum um das Bett anbietet, verzichtet auf einen Großteil der Verbraucher. Das fängt doch schon beim Thema Bettgestell an, das mancher Bettenfachhändler fast sträflich vernachlässigt. Vom Schlafzimmerschrank ganz zu schweigen, ob als Einbaulösung oder als freistehende Ausführung. Dabei böte sich die Gelegenheit, in dem Zusammenhang auch von den passenden Beistellmöbeln zu reden, anstatt nur zu versuchen, den Bettenwert nach oben zu treiben.

Auf der anderen Seite entstehen derzeit in Deutschland kontinuierlich Einrichtungsstudios, die auf 200 bis 500 Quadratmetern ganzheitlich Küche, Wohnen und Schlafen abbilden und verkaufen. Eigentlich war diese Vertriebsform mausetot. Und warum entstehen diese Studios? Weil die relevante Zielgruppe erkannt hat, dass Auswahl beziehungsweise schiere Größe für sie nicht die Lösung ist. Was nutzt ein Möbelhaus mit 200 Schlafzimmerkojen, wenn ich dort keinen Verkäufer habe, der mich versteht und mir zuhört. Viel wichtiger sind Beratung sowie fachliche und emotionale Kompetenz, die mir dann mit Hilfe medialer Mittel die relevanten Sortimente zeigen kann. Diese Klaviatur spielen die Einrichtungsstudios rauf und runter, für sie sind auch Themen wie Boden oder Wand selbstverständlich. Dort bekommt der Kunde alles aus einer Hand. Jedes Bett, jeder Schrank, der dort verkauft wird, entgeht dem Bettenfachhandel. Wir sehen das auch beim MZE, da auch wir Neugründungen als Einrichtungsentscheidungen brauchen.

Haustex: Insofern ist die Zeit doch eigentlich ideal für den Bettenfachhandel, wenn die relevante Zielgruppe unter den Endverbrauchern erkennt, dass die Großfläche nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann?

Stauner: Man sagt, dass der Fachhandel in der Regel rund zehn Prozent der Verbraucher erreicht, die obersten zehn Prozent der Einkommenspyramide. Die nächsten zehn Prozent könnten es sich vom Einkommen her ebenfalls leisten, im Fachhandel einzukaufen, tendieren aber aus persönlichen Gründen auch zu anderen Einkaufsquellen, etwa der Handwerksmeister im Alter 50+. Gerade bei dieser Zielgruppe hat die Großfläche am meisten verloren, weil sie es nicht versteht, diese Kunden adäquat anzusprechen. Von dieser Entwicklung profitieren wir als Verband schon seit mehreren Jahren. Den Küchenstudios beispielsweise geht es hervorragend. Der Bettenfachhandel hat allerdings momentan das Problem der Abwanderung von Umsätzen ins Internet. Und das Thema Boxspring-Betten wird, wie erwähnt, weiterhin als Möbelthema angesehen, weniger als Domäne des Bettenfachhandels. Viele unserer Händler haben nur drei bis vier Boxspring-Betten bei sich stehen. Das ist fast zu wenig.

Haustex: Aber mittlerweile gibt es doch sehr interessante Konzepte, wie man mit verhältnismäßig wenig Bett auf limitierter Fläche dennoch sehr gut die gesamte Bandbreite der Boxspring- Kollektionen darstellen kann.

Stauner: Das ist aber noch nicht beim Kunden angekommen. Es geht ja nicht um den Kunden, der im Geschäft ist, sondern um jenen, der zuhause überlegt, wohin er geht, um sich zu informieren und zu kaufen. Mancher Händler hat das Thema auch nicht prominent genug nach außen dokumentiert, denn jene, die offensiv damit umgehen, erzielen tatsächlich sehr gute Umsätze mit den Betten.

Grundsätzlich ist beim Thema Schlafen aber noch viel Luft nach oben. Wenn man bedenkt, dass die Durchschnittsausgaben für eine Küche bei 8.500 Euro liegen, für ein Bad bei 8.000 Euro und für das gesamte Schlafzimmer bei 2.200 Euro - für Schrank, Bett, Nachtkästchen, Kommode, Bettwäsche, Weichwaren - dann wissen wir doch, wo wir in der Wahrnehmung der Endverbraucher stehen. Da ist noch Luft nach oben.

Haustex: Was kann man dagegen tun? Das Thema Schlafen ist doch eigentlich in aller Munde, nach allem, was man aktuell in der Presse dazu liest.

Stauner: Der Eindruck täuscht. Eine große PR-Agentur, mit der ich gesprochen habe, meint genau das Gegenteil. Ihrer Meinung nach spielt das Thema Schlafen in den Medien keine große Rolle. Wahrscheinlich spielt die selektive Wahrnehmung eine Rolle, die wir als Fachleute haben. Was die Stiwa publiziert, ist eher kontraproduktiv, das Thema One-fits-all ist alleine preisgetrieben, und dann gibt es hier und da noch ein paar Journalisten, die wirklich informativ an die Sache herangehen.

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung wäre meiner Meinung nach mehr Gemeinsamkeit, mehr Offenheit und mehr Vertrauen innerhalb der Branche. Wir müssen vermeiden, zu verkümmern und zum raren Delikatessenladen der Einrichtungsbranche zu werden. Stellen Sie sich nur vor, es würde uns gelingen, dass den Deutschen ihr Schlafzimmer genauso wichtig ist wie ihr Bad oder ihre Küche. Dann hätten wir etwa dreieinhalb Mal mehr Umsatzvolumen und bräuchten uns über viele Probleme der Branche nur bedingt Gedanken machen. Das Einzige, das wir dazu benötigen, wäre das Bewusstsein hierfür bei den Menschen zu schaffen. Das wird aber einem einzelnen Unternehmen unserer Branche ebenso wenig gelingen wie einer Verbundgruppe. Aber leider muss ich sagen, davon sind wir noch sehr weit entfernt. Insofern bin ich skeptisch, dass uns diesbezüglich etwas Bedeutendes gelingen könnte.

Haustex: Kommen wir auf die Leitmesse Schlafen im Juni zu sprechen. Gibt es im Vergleich zu den Vorveranstaltungen Veränderungen?

Stauner: Wichtig ist für uns als zentrales Thema wie gesagt der Schlafraumeinrichter. Eine organisatorische Veränderung gibt es allerdings auch: Zur Mittagszeit werden wir an beiden Tagen Vorträge halten unter dem Thema "Vortrag und Leberkäs". Wir kommen damit dem Wunsch vieler Besucher entgegen, die während der Messe gerne auch interessante Vorträge hören möchten. Um unseren Ausstellern nicht die Besucher abspenstig zu machen und da die Besucher auch mal etwas essen müssen, haben wir uns überlegt, beides zusammenzulegen.

Es werden also zwei Damen da stehen und Leberkäs-Semmeln verteilen, und parallel dazu gibt es von 12 bis 13 Uhr spannende Vorträge, also in einer Zeit, zu der die Stände sowieso nicht so stark frequentiert werden. Unter anderem haben wir Pierre Haarfeld zum Thema Internet gewinnen können, Autor des Buchs "Knut bleibt sitzen". Außerdem werden Thea Herold von der Schlafakademie und ich je einen Vortrag halten.

Haustex: Gibt es bei den Ausstellern Neuzugänge?

Stauner: Von den Top zehn der Schlafsystemanbieter aus Sicht des Bettenfachhandels stellen bei uns neun Firmen aus. Zum Vergleich: Auf der Möbelmesse in Köln waren es nur drei. Das ist Fakt. Als Neuaussteller sind in diesem Jahr Lattoflex und Birkenstock dabei, das freut uns sehr. Insgesamt haben wir aber die Zahl der Aussteller und die belegte Fläche wieder auf die Werte von 2015 reduziert. Zum einen möchten einige Aussteller sich in der Fläche vergrößern und zum anderen möchten wir uns in der Qualität verbessern.

Ziel muss es sein, dass unsere Hauptlieferanten sich entsprechend präsentieren können. So werden die Stände in diesem Jahr bei einigen Ausstellern noch aufwändiger gestaltet werden. Mit 100 Ausstellern im Bereich Schlafen bieten wir nach wie vor eine große Bandbreite. Das Sortiment umfasst Matratzen, Boxspring-Betten, Bettwaren, zusätzlich textile Lieferanten und Zubehör- Lieferanten aus dem Bereich Leuchten, Teppiche und so weiter.

Am zweiten Messetag werden wir außerdem zum ersten Mal einen eigenen Einzelhandelspreis vergeben, den Betten Award. Zusammen mit der Schlafakademie Berlin wollen wir Händler herausheben, die in der Kategorie "Beratungsqualität" und "Servicequalität" überdurchschnittliche Leistungen zeigen. Diese beiden Punkte sind aus meiner Sicht die Abgrenzungsmerkmale Nummer eins des Fachhandels. Mit dem Unternehmerpreis möchten wir dem Verbraucher eine Orientierungshilfe für den Kauf von hochwertigen Gütern im Bereich Schlafen geben. Zeitgleich soll es Ansporn für Unternehmen der Bettenbranche sein, höchste Qualitätsansprüche hinsichtlich Beratung und Service anzustreben.

Teilnehmen können alle MZE-Anschlusshäuser, die schwerpunktmäßig Schlafsysteme verkaufen. Weitere Voraussetzung ist eine nachgewiesene Zertifizierung hinsichtlich der Qualität der Beratung, etwa vom Rückenzentrum Schlafen, von der AGR oder als Kompetenzpartner Ergonomie. Der Haustex-Star hat es ja vorbildlich vorgemacht, welchen Stellenwert Auszeichnungen für die Sieger bedeuten.

MZE - in Kürze
Möbel-Zentral-Einkauf GmbH
Lohweg 31
85375 Neufahrn bei Freising
Postfach 1240
85370 Neufahrn bei Freising
Tel.: 08165/95 26-0
Fax: 08165/62030
E-Mail: info@mze.de
Internet: www.mze.de

Geschäftsführung: Karin Gehse, Rüdiger Gehse

Verantwortlich für Mondschein-Schiene:
Helmut Stauner

Mitarbeiterzahl: 23

Verbandsmitglieder insgesamt: rund 570

Zahl der Mondschein-Mitglieder: rund 260

Vertriebskonzepte: Möbel-Vollsortiment,
Schlafraum, Küche, Inneneinrichter, Heimtextil
aus Haustex 05/17 (Wirtschaft)