100 Jahre VDFI

Von der kaiserlichen Starthilfe bis zum modernen Tierschutz


Berlin/Mainz. Hochkarätige Gäste aus der Branche, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft feierten in Berlin das 100-jährige Bestehen des Verbandes der Deutschen Daunen und Federnindustrie (VDFI). Der Festakt in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung spannte den Bogen von Kaiser Wilhelm II. bis zu den heutigen Anforderungen an einen modernen Tier- und Verbraucherschutz.

Wir machen die Betten" lautet der Slogan des Verbandes, an den auch die Hausherrin des Festaktes anknüpfte: "Das Federbett ist nicht nur ein Kulturgut, sondern vermittelt auch Lebensqualität für viele Menschen. Der Verband ist auf der Höhe der Zeit, wenn er bei der Verwendung von Federn auch Tierschutzaspekte berücksichtigt und nachhaltig wirtschaftet", erklärte Staatssekretärin Heike Raab, Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales, zu Beginn der mehrstündigen Veranstaltung in der Landesvertretung. Raab freute sich, dass sich der Verband ihr Haus für den Festakt ausgesucht hatte.

Dies geschah nicht ohne Grund, denn mit Berlin knüpfte der VDFI an den Ursprung seiner Entstehungsgeschichte an, die Landesvertretung wiederum bildete die Klammer zum heutigen Sitz des Verbandes in Mainz.

Friedrich-Wilhelm Verse, Erster Vorsitzender des VDFI, nahm die Gäste auf eine Zeitreise in die Verbandsgeschichte mit. "Damals wie heute dreht sich bei uns alles um Gänse- und Entendaunen", so Verse. Die Wiege des heutigen VDFI stand 1915 in Berlin. Im kalten Kriegswinter setzte sich Kaiser Wilhelm II. dafür ein, die Versorgung der Bevölkerung mit Daunenbetten über eine gemeinsame Organisation der Bettfedern-Fabrikanten während der Kriegsjahre zu sichern.

Mit dem Entstehen der Nazi-Diktatur wurde ein staatliches Zuteilungswesen zur Erteilung von Einfuhrgenehmigungen für Federn und Daunen aufgebaut. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde aus dem Verband der Bettfedernfabrikanten die "Kriegswirtschaftsgemeinschaft der Bettfedernfabriken". Nach dem Zusammenbruch entstanden 1946 parallel zu der britischen, der französischen und der amerikanischen Besatzungs-Zone drei neue regionale Verbände.

Verse spannte den Bogen der Verbandsgeschichte weiter zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 und damit zur neuen Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Bettfedernindustrie, die aus der Verschmelzung der drei regionalen Verbänden entstand. In den 1950er Jahren verlagerten sich die verbandlichen Tätigkeitsfelder auf Qualitätsprüfungen und Werbemaßnahmen, unter anderem, um die Produkte mit den natürlichen Füll-materialien Daunen und Federn gegenüber neuen synthetischen Bettwaren zu positionieren. "Deutsche, zeigt mehr Qualität im Bett", lautete ein erfolgreicher Slogan der Fünfziger.

1990 gab sich die Arbeitsgemeinschaft einen neuen Namen und firmierte erstmals unter dem heute vertrauten VDFI - Verband der deutschen Daunen- und Federnindustrie. "Noch heute gilt unseren Vorvätern unser besonderer Dank", betonte Verse. "Sie haben sich um den Verband verdient gemacht." Dessen Aufgaben sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht gerade kleiner geworden. Die Europäische Kommission verlangte 1990 von ihren Mitgliedsländern eine Anpassung der Kennzeichnung des Füllmaterials Daunen und Federn an die europäische Textilkennzeichnungsrichtlinie. Alle erforderlichen Bezeichnungsvorschriften, Produktionsnormen, Prüfnormen und Definitionen mussten in Abstimmung mit allen europäischen Ländern neu gefasst werden. Daran wirkte der VDFI entscheidend mit.

Parallel zu den Normungs-Themen nahm der Tierschutz-Gedanke einen immer größer werdenden Raum im Tätigkeitsfeld des Verbandes ein. 1995 initiierte der VDFI das erste europäische Übereinkommen zur Regelung der Aufzucht von Gänsen und Enten in landwirtschaftlicher Tierhaltung. Der nächste Schritt für die Mitgliedsunternehmen war die freiwillige Übereinkunft, die Herkunft der Rohware rückverfolgbar zu machen und sich auditieren zu lassen. Weitergehende Schritte seien in Vorbereitung, so Verse, um den Nachweis ethischer Verhaltensweisen beim Sourcen von Daunen und Federn transparent zu machen: "Das Ziel ist eine global vollständig rückverfolgbare Lieferkette mit ethisch gesourcten Daunen und Federn."

Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, Alois Gerig (CDU), lobte in seinem Grußwort die Dialogorientierung des Verbandes mit Politik, Verbänden und Tierschutzorganisationen und unterstrich die Bereitschaft zur Fortsetzung der Gespräche: "Nur wenn Politik und Menschen miteinander reden, kann man gemeinsam Positives erreichen."

Auch Peter Bleser (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, widmete sich in seiner Ansprache der gesellschaftspolitischen Bedeutung von Verbraucher- und Tierschutz. "Tierschutz und Tierhaltung bewegen die Menschen, insbesondere in urbanen Räumen", so Bleser, der den Medien vorwarf, häufig "unerträglich" zu berichten: "Die Berichte sind hier teilweise grob falsch und ehrverletzend."

Bleser plädierte beim Thema Tierschutz dafür, Anreize statt Verbote zu schaffen. "Wir können uns in Europa nur behaupten, wenn wir federführend im Tierschutz sind." So könne die Industrie den Wertewandel in der Gesellschaft auch zur Abgrenzung zu Wettbewerbern nutzen und sich über das Alleinstellungsmerkmal Rückverfolgbarkeit profilieren.

Neben weiteren Grußworten stand auch die Kultur im Mittelpunkt der Veranstaltung. Die Hamburger Violinistin Mitsuru Shiogai und der Berliner Pianist Eberhard Hasenfratz führten mit Werken von von Beethoven, Ravel und Kreisler durch 200 Jahre Musikgeschichte.

VDFI-Geschäftsführerin Dr. Juliane Hedderich erinnerte außerdem an den Innovationswettbewerb ihres Verbandes für Studierende verschiedener Fachrichtungen, um den Einsatz von Daunen und Federn künstlerisch, funktional und in der Vermarktung neu beleuchten lassen. Die Preisträger wurden auf der Heimtextil 2016 ausgezeichnet. Außerdem entstand mit Hilfe der VDFI-Mitgliedsunternehmen ein illustriertes Kinderbuch aus dessen Erlös eine Spende an die Stiftung Herzenswünsche ging, die schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen lang ersehnte Wünsche erfüllt. Deren Vorsitzende Wera Röttgering bedankte sich für 15.000 Euro, die durch die ersten zwei Auflagen des Kinderbuches zustande kamen. Eine spontane Sammlung am Rande der Veranstaltung ergab weitere rund 2.300 Euro. Den Abend ließen die Gäste bei einem Festessen im Berliner Wasserwerk ausklingen.
aus Haustex 06/16 (Wirtschaft)