Interview: Banu Kepekci, Medipa / Merinos

Ständig in Bewegung bleiben – ein Maschinenweb-Gigant wird 45


Merinos aus Gaziantep ist ein wahrer Maschinenweb-Gigant; die Werke in der Türkei und Russland produzieren jährlich über 35 Mio. m2; auch das verwendete Garn stammt aus eigener Produktion. Zusätzlich verfügt Merinos über eine Möbel- und Textiliensparte. Den europäischen Teppichmarkt bedienen die Türken über die Vertriebsschiene Medipa mit Zentrallager in Troisdorf. Im Jahr 2016 steht gleich ein doppeltes Jubiläum an: Die Muttergesellschaft Merinos wird 45, die Tochter Medipa feiert 10-jähriges Bestehen. Carpet XL sprach mit Banu Kepekci, die Medipa gemeinsam mit ihrem Mann Caglar Kepekci leitet.


Carpet XL: Merinos feiert dieses Jahr 45-jähriges Jubiläum. Mit welchen Produkten haben Sie damals angefangen?

Banu Kepekci: Unsere Erfolgsgeschichte hat ihren Ursprung in der Gründung von Merinos im Jahre 1971 durch Mehmet Erdemoglu. Alles fing an mit dem Kauf von zwei Webstühlen und der Produktion von Kelims. Im Jahr 1983 wechselten wir von Baumwollteppichen zu Wollteppichen und von Wollteppichen zur Herstellung kommerzieller Teppiche. Seit den frühen 1990er-Jahren produzieren wir ebenfalls unser eigenes Garn, das wir auch exportieren. Bis zum heutigen Tage ist die Anzahl unserer aktiven Webstühle auf über 100 gewachsen.

Carpet XL: Seit Unternehmensgründung hat sich natürlich auch der Markt stark gewandelt.

Kepekci: Allerdings. Als Erstes hat sich das Image des Maschinenwebteppichs positiv geändert. Im Allgemeinen ist der Teppich heute kein Einrichtungsgegenstand mehr, der einmal gekauft wird und dann jahrzehntelang im Wohnbereich verbleibt. Vielmehr hat er sich über die Jahre zu einem preisbewussten Wohnaccessoire entwickelt, das mit den Trends geht. Geschuldet ist dies sicherlich dem durch die digitalen Medien und dem Internet viel transparenter gewordenen Markt und dem dadurch gesteigerten Preis- und Trendbewusstsein des Endverbrauchers.

Carpet XL: Vor zehn Jahren haben Sie das deutsche Unternehmen Medipa gegründet. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Kepekci: Nachdem wir uns über die Jahre im inländischen sowie östlichen Markt etabliert hatten, war es nur logisch, auch in Europa richtig durchzustarten. Deutschland gehört auf dem europäischen Markt zu den stärksten Ländern, was den Import von Maschinenwebteppichen betrifft; es liegt auch praktisch im Zentrum Europas. Aus diesem Grunde lag die Entscheidung nahe, hier unsere europäische "Logistikzentrale" zu positionieren. Auch sind die Transportwege und Transportzeiten von unserer Produktion in Gaziantep zu unserem Lager in Troisdorf optimal. Hierdurch können wir unseren deutschen und allgemein unseren europäischen Kunden einen schnellen und zuverlässigen Service bieten.

Carpet XL: Das hat auch sehr gut funktioniert.

Kepekci: Ja, wir haben uns bis heute zum weltweiten Marktführer für maschinengewebte Teppiche entwickelt, mit weiterem Potenzial nach oben.

Carpet XL: Was meinen Sie, welche Faktoren ausschlaggebend dafür waren, dass Sie dort stehen, wo Sie jetzt stehen?

Kepekci: Vor allem die gleichbleibend gute Qualität unserer Produkte, unsere Zuverlässigkeit und Professionalitätsowieunser unermüdliches Streben nach Innovation. Wie schon der chinesische Philosoph Konfuzius richtig erkannte: "Stillstand ist Rückschritt". Aus diesem Grunde analysieren wir stetig den Markt und erkennen Trends, die wir dann umsetzen. Darüber hinaus stehen wir in einem engen Dialog mit unseren Kunden, können ihnen somit einen maßgeschneiderten Service bieten und auf seine Bedürfnisse eingehen.

Carpet XL: Und wie soll es in Zukunft weitergehen? Wo sehen Sie das größte Potenzial?

Kepekci: Das liegt für Medipa derzeit in Europa. Nachdem wir den deutschen Markt für uns erschlossen haben, exportieren wir seit einigen Jahren auch erfolgreich nach Belgien, Holland, Frankreich, Polen, Italien, Spanien, Schweden sowie Tschechien, um einige Länder zu nennen. Interessant ist für uns auch Großbritannien, da das Land ebenfalls ein hohes Importvolumen besitzt. Auch hier haben wir bereits Weichen gestellt, um uns kurz- bis mittelfristig zu etablieren.

Carpet XL: So eine starke Marktposition birgt ja auch Risiken in sich. Und Herausforderungen, denen man sich stellen muss.

Kepekci: Natürlich, die größte Herausforderung für jedes Unternehmen ist es, am Ball zu bleiben, innovativ zu sein und die Marktanteile, die man sich erarbeitet hat, zu halten und zu vergrößern. Konkret heißt das für uns, dass wir weiter investieren, Kapazitäten ausbauen und marktorientierte, innovative Produkte entwickeln werden.

Carpet XL: Schon allein deswegen, weil der europäische Markt für türkische Maschinenweber immer interessanter wird. Da ist es wichtig, sich von den Mitbewerbern abzuheben ...

Kepekci: Die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Man kann wohl getrost sagen, dass sich dank der professionellen und zuverlässigen Arbeitsweise von Medipa / Merinos das Image des türkischen Teppichs stark verbessert hat. Davon profitieren natürlich auch andere türkische Hersteller, und sie wollen auf den Zug aufspringen. Auch haben wir uns mittlerweile den Ruf als Trendsetter erarbeitet, was andere natürlich dazu verleitet, uns zu kopieren. Allerdings sehen wir dem relativ gelassen entgegen, weil es nicht nur darauf ankommt, ähnliche Produkte zu verkaufen, sondern darauf, innovativ zu sein, den Kunden zu verstehen und ihm einen konstant guten und zuverlässigen Service zu bieten. Darüber hinaus bevorraten wir in unserem 12.000 m2 großen Hochregallager bei Köln ein umfangreiches Sortiment. Das ermöglicht es unseren Kunden, auch auf Palettenbasis zu bestellen, mit einer Lieferzeit von im Schnitt nur zehn Werktagen - europaweit!

Carpet XL: Außerdem sind Sie verstärkt in die Bereiche Flachgewebe und Druckteppiche eingestiegen. Wie läuft es dort zurzeit?

Kepekci: Mit der Entwicklung der Flachgewebe sind wir sehr zufrieden, obwohl wir eigentlich erst dieses Jahr ernsthaft begonnen haben, diesen Artikel in den europäischen Markt einzuführen. Auch hat bereits ein großer, namhafter deutscher Discounter unseren Artikel in seinem Sortiment gelistet. Hinsichtlich bedruckter Teppiche sind wir ebenfalls gut aufgestellt, dank eines unserer weiteren Werke: Dinarsu in der Nähe von Istanbul. Dort produzieren wir unter anderem auch Print-Teppiche.

Carpet XL: Und wo sehen Sie aktuelle Trends?

Kepekci: Die sehen wir weiterhin klar bei modernen Maschinenwebteppichen. Dabei geht die Entwicklung vor allem zu den mittelhohen bis hohen Frieséteppichen und weg vom 50 mm-Hochflor-Shaggy. Aber auch Teppiche aus gemischten Fasern wie Polypropylen und Polyester werden aufgrund der interessanten Struktur immer beliebter. Außerdem versprechen wir uns dieses Jahr viel von maschinengewebten "Wohlfühlteppichen" aus Mikrofaser.

Carpet XL: Ein großes Thema beim Maschinenwebteppich ist ja der Preis. Wie schätzen Sie da die zukünftige Entwicklung ein?

Kepekci: Insgesamt würden wir ihn preislich nach wie vor eher im mittelpreisigen bis preisgünstigen Segment einordnen. Allerdings merken wir seit den letzten zwei Jahren, dass die Nachfrage nach hochwertigeren Qualitäten zunimmt. •
aus Carpet Magazin 01/16 (Wirtschaft)