Tempur Sealy Deutschland

Hohe Kartellstrafe, Geschäftsführer geht


Steinhagen. Das Bundeskartellamt hat eine Geldbuße in Höhe von 15,5 Mio. Euro gegen Tempur Sealy Deutschland verhängt. Der Grund: Vertikale Preisbindung der Einzelhändler beim Vertrieb ihrer Produkte. Jürgen Seipel, seit 2003 Geschäftsführer des deutschen Tempur-Standortes, verlässt das Unternehmen.

Von August 2005 bis Juli 2011 hatten Verantwortliche von Tempur mit ihren Händlern Vereinbarungen darüber getroffen, dass verschiedene Matratzen sowohl im Online-Handel als auch im stationären Handel grundsätzlich nur zu den von Tempur vorgegebenen Preisempfehlungen angeboten werden", erklärte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.

"Hersteller dürfen Händlern Preisempfehlungen geben, diese müssen aber unverbindlich sein. Nicht erlaubt sind hingegen verbindliche Vereinbarungen der Hersteller mit den Händlern über die Endverkaufspreise oder gar die Ausübung von Druck auf die Händler, um ein bestimmtes Preisniveau durchzusetzen. Nur wenn die Händler den Preis frei setzen können, kann echter Wettbewerb entstehen", so Mundt.

Die meisten Händler hätten sich an die Vereinbarung gehalten, da ihnen bewusst gewesen sei, dass sie bei entsprechenden Abweichungen ihrer Verkaufspreise mit negativen Folgen von Seiten des Herstellers zu rechnen hätten, stellt das Kartellamt fest. Der Schwerpunkt der von Tempur ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der Preisempfehlung lag dem Berliner Amt zufolge im Online-Handel, da hier die Verkaufspreise der einzelnen Händler sehr transparent sind.

Lag der Verkaufspreis eines Händlers um mehr als fünf Prozent unter der Preisempfehlung, so wurde dieser in der Regel von Vertriebsmitarbeitern von Tempur kontaktiert, um ihn zu einer Anhebung seines Verkaufspreises auf das vorgegebene Niveau zu bewegen. Änderten die Händler daraufhin ihre Verkaufspreise nicht oder unterschritten sie mehrfach die vorgegebenen Mindestpreise, wurde ihre Belieferung zum Teil erheblich verzögert oder in einigen Fällen ganz eingestellt.

"Zum Maßnahmenpaket gehörte ferner ein Entzug der Erlaubnis zur Nutzung des Markennamens für Online-Werbung bei der Google-Suche. In aller Regel reichte bereits die Androhung von Sanktionsmaßnahmen seitens der Vertriebsmitarbeiter aus, damit die Händler die Produkte wieder zu den vereinbarten Mindestpreisen anboten", so das Kartellamt. Im stationären Handel versuchte Tempur die Händler dazu zu bewegen, ihre Produkte von generellen Werbeaktionen wie zum Beispiel "25 Prozent auf alles" ausdrücklich auszunehmen. Anhaltspunkte für wettbewerbswidrige horizontale Absprachen zwischen den Herstellern von Matratzen haben die Ermittlungen nicht ergeben.

Eingeleitet wurde das Verfahren auf der Grundlage von Beschwerden aus dem Markt. In der Folge hatte das Bundeskartellamt im August 2011 eine Durchsuchung bei verschiedenen Unternehmen der Branche durchgeführt. Im August 2014 und im Februar 2015 wurden ebenfalls wegen vertikaler Preisbindung Bußgelder gegen Recticel Schlafkomfort (8,2 Mio. Euro) beziehungsweise Metzeler Schaum (3,38 Mio. Euro) verhängt.

Der letzte veröffentlichte Jahresabschluss der Tempur Sealy GmbH, vormals Tempur, von 2013 weist einen Umsatz von 49,1 (2012: 54,2) Mio. Euro aus. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit belief sich im Berichtsjahr auf 2,3 Mio. Euro. Im Risikobericht ging das Unternehmen auch auf die Ermittlungen des Kartellamts ein. Nach Durchführung einer Risikoeinschätzung seien durch die Gesellschaft ausreichende Vorsorgen im Jahresabschluss gebildet worden, heißt es darin.

Bei einer Bilanzsumme von 18,9 Mio. Euro betrugen die Rückstellungen zum Ende des Jahres 2013 5,3 Mio. Euro. Darüber hinaus verfügte Tempur Sealy über Rücklagen von 5,6 Mio. Euro. "Nach Durchführung einer Risikoeinschätzung vor dem Hintergrund des kaufmännischen Vorsichtsprinzips und unter Berücksichtigung der Aufwendungen aus der rechtlichen Betreuung in diesem Ermittlungsverfahren wurden durch die Gesellschaft ausreichende Vorsorgen im Jahresabschluss gebildet," erklärte Tempur-Geschäftsführer Jürgen Seipel.

Bei der Bußgeldfestsetzung auf 15,5 Mio. Euro wurde berücksichtigt, dass Tempur Deutschland mit dem Bundeskartellamt kooperiert hat und eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung erzielt werden konnte. Das verhängte Bußgeld ist allerdings noch nicht rechtskräftig, denn gegen den Bescheid kann noch Einspruch eingelegt werden.

Europa-Vertrieb wird neu ausgerichtet

Der Matratzen- und Kissenhersteller, der sich 2013 mit der Erweiterung des Portfolios um die amerikanischen Marken Sealy und Stearns & Foster zu Tempur Sealy gewandelt hat, kündigte unterdessen an, seine Vertriebsstruktur in Europa teilweise neu auszurichten. Künftig solle es eine "schlagkräftige gemeinsame Führung für Deutschland, Österreich und die Schweiz geben", heißt es in einer Pressemitteilung. Das Management für die gesamte D-A-CH-Region soll nach und nach von Tempur Sealy Deutschland gesteuert werden.

Mit der vorliegenden Entscheidung des Bundeskartellamtes sind die Verfahren gegen Matratzen-Hersteller abgeschlossen. Nach Auswertung der Beweismittel wurden die Verfahren gegen zwei weitere Hersteller, zwei Einkaufsverbände sowie einen Online-Händler aus Ermessensgründen eingestellt. Dazu zählt unter anderem auch das Emsdettener Unternehmen Fey. Kurz vor dem Urteil zu Tempur teilte das Kartellamt mit, dass das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Fey eingestellt worden sei. Die Unternehmensleitung von Fey hatte stets erklärt, sich keiner Schuld bewusst zu sein und sieht sich durch die Einstellung des Verfahrens jetzt darin bestätigt.
aus Haustex 11/15 (Wirtschaft)