Matratzenverband

Volles Programm am Niederrhein


Wesel. Mitglieder und Gäste des Matratzenverbandes trafen sich in diesem Jahr zu einer informativen Jahrestagung in Wesel am Niederrhein. Unter anderem standen die Themen Normung und das neue Emissionslabel der DGM auf der Agenda. Besonders angeregt wurde über Pläne für eine Marketing-Kampagne diskutiert.

Mit rund 40 Unternehmensvertretern konnte der Matratzenverband zu seiner diesjährigen Jahrestagung so viele Gäste wie noch nie begrüßen. Die hohe Zahl an Teilnehmern spiegelt ein steigendes Interesse der Industrie an diesem Interessenverband, denn mit Bast, Diamona, Latexco und Innofa nahmen gleich vier Neumitglieder das erste Mal an der Tagung teil. Und die Tatsache, dass weitere Firmenvertreter als interessierte Gäste zur Tagung gekommen waren, lässt Verbandsgeschäftsführer Dr. Ulrich Leifeld auf weiteren Mitgliederzuwachs in den kommenden Monaten hoffen.

Im Zentrum der an Themen reichen Tagungsordnung standen erste Strategieansätze zur Entwicklung einer Verbraucher-Kampagne, die zum Kauf einer Matratze animieren soll. Es ist hinlänglich bekannt, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer für eine Matratze auf dem deutschen Markt weit über den Zeitpunkt hinaus reicht, der unter hygienischen Aspekten noch tragbar wäre. Für den Matratzenverband ist dieses Problem ein Dauerthema, er empfiehlt den Neukauf einer Matratze nach spätestens zehn, besser acht Jahren Nutzung.

Wie Ralf Werner, Vorsitzender des Marketing-Ausschusses berichtete, haben sich die Ausschuss-Mitglieder seit der letzten Jahrestagung intensiv Gedanken darüber gemacht, wie man den Verbraucher auf möglichst freundliche Weise auf dieses wenig ästhetische Problem aufmerksam machen könnte. Verschiedene Werbeagenturen wurden damit beauftragt, Strategien für eine wirksame Imagekampagne zu entwickeln. In Wesel wurden erste Ergebnisse zur Diskussion gestellt, die sich mit dem zu erwartenden Kostenrahmen und möglichen Motiven für eine Plakatwerbung befassen.

Die Sinnhaftigkeit einer Kampagne zum Kauf einer Matratze wurde von den meisten Mitgliedern nicht bezweifelt. Man kam im Plenum allerdings zu der Auffassung, dass es einer langfristig angelegten Strategie bedürfe, um bei den Konsumenten einen nachhaltigen Effekt zu erzielen. Um eine gesicherte Grundlage darüber zu haben, mit welchen finanziellen Aufwendungen für solch eine Kampagne zu rechnen ist, wurde in Wesel entschieden, einen Sonderetat zu erstellen, der es ermöglicht, gemeinsam mit den Agenturen einen belastbaren Businessplan zu erstellen.

China liebt Normen


Sehr am Herzen lagen Geschäftsführer Leifeld und dem Vorsitzenden des Technikausschusses Winfried Weber die sehr regen Aktivitäten der chinesischen Industrie in Sachen internationale Standardisierung von Produkteigenschaften durch Normung. Normen sollen die Eigenschaften eines Produktes verbessern, den internationalen Austausch von Waren und Dienstleistungen fördern und die technische und kommunikative Zusammenarbeit erleichtern.

In letzter Zeit versucht China laut Leifeld durch den hohen Einsatz von Experten, Einfluss auf die Normung und Standardisierung europäischer Produkte zu nehmen - mit dem Ziel, seine eigenen Technologien als Standards zu etablieren. Welche Ausmaße diese Bestrebungen inzwischen erreicht haben, veranschaulicht unter anderem das Deutsch-Chinesische-Normeninformationsportal, welches das Deutsche Institut für Normung und die Normungsorganisation der Volksrepublik China SAC gemeinsam ins Leben gerufen haben.

Leifeld betonte in Wesel vor diesem Hintergrund die Bedeutung, die Normierungsverfahren auf Industrieprodukte im Allgemeinen und auf Matratzenprodukte im Besonderen haben können. Der Verband ist mit seinem Technikausschuss zwar am Ball, aber je mehr Experten sich in diese Materie einarbeiten, umso besser. Um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, sollten sich die Unternehmen vermehrt in die Normierungsprozesse einschalten. Wenn eine Norm erst einmal sämtliche Instanzen durchlaufen hat und verabschiedet wurde, gilt sie ohne Wenn und Aber. Die Verbandsmitglieder sollten außerdem auf ihre Lieferanten von der Schaumindustrie einwirken, sich ebenfalls im Normenverfahren zu engagieren. Auf Verbandsebene strebt Leifeld eine Zusammenarbeit mit dem Fachverband Schaumkunststoffe und Polyurethane FSK und Europur an.

Recycling bleibt Dauerthema


Auch das Thema Matratzen-Recycling verfolgt der Verband weiter, obwohl es jüngst auf Seiten der europäischen Legislative nach der letzten Europa-Parlamentswahl einige Irritationen gegeben hat. Ursprünglich hatte die EU-Kommission ein so genanntes EU-Abfallpaket zusammengestellt, das die Novellierung von sechs Richtlinien zu Müllentsorgung, Recycling und Abfallvermeidung vorsah. Unter anderem sollte die Zielvorgabe für das Recycling von Siedlungsabfällen auf 70 statt 65 Prozent angehoben werden, dafür sollte den Ländern zehn Jahre mehr Zeit bis 2030 gegeben werden. Gebrauchte Matratzen zählen zu den so genannten Siedlungsabfällen.

Bis 2030 sollte in der EU außerdem ein Deponierungsverbot für alle verwertbaren Abfälle greifen, das für Deutschland bereits gilt. Auch die erweiterte Herstellerhaftung sollte neu geregelt werden. Nach der Europa-Wahl und der Kür der neuen EU-Kommission sieht es allerdings ganz anders aus, die Gesetzesnovelle wurde zurück gezogen. Begründung: Bis Ende dieses Jahres soll es einen ehrgeizigeren Vorschlag zur Förderung der Kreislaufwirtschaft geben. Leifeld empfiehlt seinen Verbandsmitgliedern, sich angesichts dieser Ankündigung "warm anzuziehen".

Dem Matratzenverband ist bewusst, welche Anforderungen auf seine Mitglieder in Sachen Matratzen-Recycling zukommen kann. Weitsichtig hat er sich des Themas angenommen und sein sechsmonatiges Pilotprojekt Matratzen-Recycling in Zusammenarbeit mit vier privaten Recycling-Unternehmen initiiert. Die Testphase ist mittlerweile abgeschlossen, aber der Verband bleibt weiter an dem Thema dran. Denn im Handel wird teilweise mit der Rücknahme gebrauchter Matratzen als Service-Argument geworben. Zwar scheint bei den Verbrauchern bislang nicht die Frage aufgekommen zu sein, wo die Altmatratzen bleiben. Dennoch ist sieht es der Matratzenverband als seine Aufgabe, darauf gemeinsam mit Handel, Industrie und anderen Institutionen eine gute Antwort zu finden. Innerhalb Europas steht Deutschland bei der Behandlung von Siedlungsabfällen so gut da wie kein anderes Land. 47 Prozent Recyling-Quote stellen einen Spitzenwert innerhalb der 28 EU-Staaten dar.

Zur weiteren Optimierung plädiert Leifeld dafür, bereits bei der Produktentwicklung und Konstruktion den irgendwann folgenden Recycling-Prozess zu bedenken, Stichwort: Ökodesign. Das gilt für Matratzen ebenso wie für komplette Boxspring-Betten. Versuchsweise hat man dank der Unterstützung durch Schlaraffia ein Boxspring-Bett zerlegen lassen. Das Ergebnis: Die Recycling-Fähigkeit dieser Bettengattung lässt sich noch deutlich steigern.

Wichtig ist laut Leifeld im Rahmen der erweiterten Herstellerhaftung, bei der Lösung der anstehenden Fragen den Handel mit ins Boot zu holen. Denn die Logistik der gebrauchten Matratzen verursacht nennenswerte Kosten. Es sei zu überlegen, je nach den örtlichen Gegebenheiten auch regional differenzierte Lösungsansätze zu finden. Darüber hinaus schärfte Leifeld seinen Mitgliedsunternehmen ein, proaktiv tätig zu werden, statt abzuwarten und sich möglicherweise Lösungen überstülpen zu lassen, die den Bedürfnissen der Branche nicht gerecht werden. Auf jeden Fall sollte man sich die Angebote der Recycling-Unternehmen sehr genau ansehen, um nicht ungewollt eine leichte Beute dieser Firmen zu werden.

Hotelgewerbe wertet Matratze auf


Abschließend berichtete der Verbandsgeschäftsführer noch von Erfolgen aktiver Verbandsarbeit. Im letzten Jahr besuchte die Verbandsführung zum einen die DPA-Presseagentur in Berlin. Seitdem gibt es einen guten und regelmäßigen Austausch mit der Agentur bezüglich Themenfindung und Informationslieferung. Der engere Kontakt schlägt sich seitdem seitens der DPA unter anderem in einer deutlich gestiegenen Anzahl an Veröffentlichungen zum Thema Matratzen und Schlafen nieder, worauf wiederum die deutsche Presselandschaft Zugriff hat. Dies hat gemessen an der Zahl der Veröffentlichungen einen entsprechenden Multiplikator-Effekt zur Folge. Der Verband wird den Kontakt zur DPA weiter pflegen.

Einen schönen Erfolg konnte der Verband auch im Hotelgewerbe landen. Bislang hatte die Matratze paradoxerweise bei der Kategorisierung der Hotels nur einen untergeordneten Stellenwert. Deutlich wurde das in der Punktebewertung, die für die Sternevergabe der Hotels entscheidend ist. Eine "zeitgemäße Matratze" wurde lediglich mit einem Punkt in die Bewertung genommen, eine regelmäßige Tiefenreinigung jedoch mit zehn Punkten. Diese abstruse Bewertung nahm Dr. Leifeld zum Anlass, den mit der Bewertung befassten Hotelverband darauf in einem Brief aufmerksam zu machen. Er hat darauf nie eine Antwort erhalten, aber auffällig ist doch, dass in dem seit diesem Jahr gültigen Kriterienkatalog eine Matratze, die nicht älter als drei Jahre alt ist, jetzt ebenfalls mit zehn Punkten bewertet wird. "Es ist davon auszugehen, dass Hotels dieser Neuerung künftig Rechnung tragen und die Investition in neue Matratzen höher bewertet werden", prognostizierte Leifeld in Wesel.

Ikea und sein Umtauschrecht


Sehr kritische Worte fand Leifeld auf der Jahrestagung in Bezug auf das neue Emissionslabel der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel (siehe dazu den gesonderten Bericht) und die so genannte Qualitätsgarantie von Ikea. Ursprünglich hatte der schwedische Möbelkonzern hierzulande mit einer Garantie für seine Matratzen über 25 Jahre geworben, verbunden mit einem Hinweis im Kleingedruckten, dass eine Matratze dennoch aus hygienischen Gründen nur zehn Jahre benutzt werden sollte. Es folgte eine Abmahnung durch die Wettbewerbszentrale, sodass Ikea dieses Garantieversprechen aufgeben musste.

Stattdessen wirbt Ikea nun mit einem jederzeitigen Tauschrecht: "Traumhaft schlafen. Oder tauschen. Jederzeit." Damit setze das Möbelhaus seine Strategie fort, Matratzen über ein Marketing-Versprechen zu verkaufen, statt über Qualität oder Beratung, so Leifeld. Dass dieses Versprechen einen Haken hat, räumt das Unternehmen selbst ein. So wurde in der Zeitung Die Welt erklärt, dass die Einrichtungshäuser im konkreten Fall individuell entscheiden würden. "Wir versuchen, für jeden Kunden eine individuelle Lösung zu finden, was aber nicht bedeutet, dass wir in jedem Fall den vollen Kaufpreis erstatten", erklärt das Unternehmen in der Zeitung. Es ist somit eine starke Diskrepanz zu erwarten zwischen dem Versprechen "Umtausch jederzeit" und der Realität in der Filiale. "Ärger ist damit vorprogrammiert", ahnt Leifeld. Der Verband bleibt in der Sache am Ball.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch eine gemütliche Rheinfahrt am Abend des ersten Veranstaltungstages, organisiert mit freundlicher Unterstützung der EuroComfort-Gruppe, die im nahe gelegen Bocholt mit ihrer Firmenzentrale sitzt. Der Auftritt einer Impro-Theater-Gruppe aus Essen sowie wahlweise der fulminante Sieg des FC Bayern gegen Porto sorgten unter den Passagieren für gute Laune.

In nächsten Jahr findet die Jahrestagung des Matratzen-Verbandes in Eisenach statt, vermutlich wieder im April.
aus Haustex 05/15 (Wirtschaft)