15. Internationales BEB-Sachverständigentreffen, Schweinfurt

Schwerpunkt Baustoffe in Niedrigenergiehäusern

Das BEB-Sachverständigentreffen erweist sich für den Bundesverband weiter als Erfolgsgeschichte. Fast 270 Teilnehmer, darunter Sachverständige aus dem In- und Ausland, und ein breites Themenspektrum sorgten für eine gelungene Veranstaltung. Als Moderator führte erstmals Simon Thanner, Obmann des BEB-Arbeitskreises Sachverständige und frisch gebackener Vorsitzender der Bundesfachgruppe Estrich und Belag in ZDB, durch das Programm.

Das internationale Sachverständigentreffen des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) hat ein echtes Luxus-Problem: Mit diesmal fast 270 Teilnehmern werden die Kapazitäten des Mercure-Hotels in Schweinfurt langsam knapp. Für immer mehr Sachverständige, Industrievertreter und Handwerker entwickelt sich die Veranstaltung zum Pflichttermin des Jahres - mit zunehmender Tendenz. Mindestens genauso wertvoll wie die Fachvorträge ist das Netzwerken davor, zwischendrin und danach. Das haben auch zahlreiche Aussteller mit kleinen Präsentationsständen erkannt, die sich im Foyer mit den Teilnehmern austauschen und die Veranstaltung fördern.

Erstmals moderierte Simon Thanner, neuer Obmann des Arbeitskreises Sachverständige im BEB, die 15. Ausgabe des Sachverständigentreffens. Bei seiner Premiere führte er durch die fünf Themenkomplexe Korrosion und Betonschutz, Auswirkungen auf Baustoffe in Niedrigenergiehäusern, Recht, neue Hinweisblätter und Fußbodenbeläge in Nassräumen.

Besonders die Ausführungen zum Raumklima und die Auswirkungen auf Bodenbeläge sorgten für reges Interesse der Sachverständigen.

FussbodenTechnik fasst einige Vorträge in Kurzform zusammen:

Dipl.-Ing. Susanne Gieler-Breßmer

Neue Möglichkeiten für den Estrichleger beim kathodischen Korrosionsschutz


These: Mittlerweile werden 30 % aller instandgesetzten Parkhäuser mit kathodischem Korrosionsschutz im Stahlbetonbau (KKSB) saniert - Tendenz steigend. Das Verfahren bietet Chancen für Estrichleger.

Inhalt: Der Vorteil des kathodischen Korrosionsschutzes im Stahlbetonbau besteht darin, dass nur der tatsächlich beschädigte Beton entfernt werden muss. Bei diesem Verfahren muss nicht so stark in die Statik von geschädigten Bauwerken eingegriffen werden wie bisher. Durch den kathodischen Korrosionsschutz kommt die Korrosion nahezu zum Erliegen, indem man das elektrische Potenzial verschiebt.

Voraussetzung für einen funktionierenden kathodischen Korrosionsschutz ist, dass Strom fließen kann. Dafür werden auf den horizontalen Oberflächen Titannetze oder -bänder als Anode aufgebracht, die an den Beton angekoppelt werden müssen. Dieses Ankoppeln passiert über estrichähnliche Materialien, die genauso verarbeitet werden. Damit zwischen Anode und Bewehrung Strom fließen kann, kommen nur zementäre Materialien mit einer hohen elektrischen Leitfähigkeit in Frage.

Die große Kunst des Estrichlegers besteht darin, den Estrich trotz Leitungen auf dem Beton hohlstellenfrei einzubringen, weil der Strom nicht durch die Luft fließt. Es besteht die Gefahr von Verdichtungsmängeln, die den Korrosionsschutz behindern würden. Bislang gibt es wenig Estrichleger, die diese Estricharbeiten ausführen können. Da der KKSB mit Sicherheit weiter zunehmen wird, bieten sich in diesem Bereich neue Chancen für eine Spezialisierung von Estrichlegern.



Dr. Ing. Sabine Schultze

Grundlagen der Korrosion an metallischen Heizungsrohren


These: Die Korrosion an Heizungsrohren setzt das Vorliegen von Wasser bzw. Feuchtigkeit voraus.

Es kann zum Beispiel als Kondenswasser während der Bauphase, Überschusswasser aus der Ausgleichsdämmung, Reinigungswasser, Überschusswasser aus nass eingebauten Ausgleichsmassen und aus jungen Betondecken an die Heizungsrohre gelangen.

Inhalt: Korrosion ist die Reaktion eines Werkstoffes mit seiner Umgebung, die eine messbare Veränderung des Werkstoffs bewirkt und zu einem Korrosionsschaden führen kann. Gelangt Feuchtigkeit über längere Zeit zwischen Rohr und Isolierung, ist der Korrosionsschutz von galvanisch verzinkten Stahlrohren nicht gewährleistet. Die Hersteller dieser Rohre weisen explizit darauf hin, dass die Verzinkung lediglich als Transport- und Lagerschutz zu sehen sei.

Die Referentin wurde 2008 das erste Mal mit Korrosionsschäden an Fußbodenheizungsrohren konfrontiert. Ein Raumausstatter übersah, dass die Dämmhülsen bereits bündig mit der Oberkante des Estrichs von den Heizungsrohren abgeschnitten worden waren, sodass Spachtelmasse zwischen Heizungsrohr und Dämmhülse gelangen konnte. Ursache für die Korrosion war auch hier das Vorliegen von Feuchtigkeit und die hohe Alkalität der Spachtelmasse (pH-Wert 10 bis 12).

Tipp: Der Bodenleger sollte sehr achtsam sein, wenn er vorzeitig abgeschnittene Dämmhülsen an Heizungsrohren vorfindet. Tritt der beschriebene Schadensfall ein, dann trifft den Bodenleger eine Mitverantwortung. Dr. Schultze ist aufgefallen, dass häufig viel zu große Dämmhülsen verwendet werden, sodass zwischen Heizungsrohr und Dämmhülse ein großer Spalt entsteht. Dann sei es wichtig, dass die Hülsen mit Klebstoff oder Klebebändern vernünftig abgedichtet werden.

Es kann sogar zu Korrosion an Aluminium-Komponenten kommen, z.B. Fensterrahmen oder Fassadenelementen. Es reicht schon aus, dass Säuren oder hohe Alkalitäten vorliegen. Beispiele sind Silikone, die Essigsäure freisetzen, aber auch Estrich, Beton und Schüttungen, die stark alkalisch sind.


Prof. Dr. Michael Günther

Anforderungen aus der EnEV an Heizungssysteme - welches Raumklima erwartet uns?


These: Bei den heute luftdichten Gebäuden stellt man fest, dass Feuchte und Schimmelpilzprobleme auftreten. Um das zu verhindern, wird man über eine kontrollierte Wohnraumbelüftung mit Wärmerückgewinnung nachdenken müssen. Dahinter steckt der Wunsch der Bewohner nach mehr Raumluftqualität durch Luftaustausch.

Inhalt: Prof. Dr. Michael Günther kritisierte ein zu starkes Dämmen von modernen Gebäuden, weil es eine Verschlechterung der Raumlufthygiene aufgrund mangelnden Luftaustauschs nach sich ziehe. In diesem Zusammenhang wies er auch auf den Kompromiss bei den Baumaterialien (schwere, mittlere und leichte Bauweise) hin. Der Referent erläuterte, dass das energieeffiziente Bauen von einer sich entwickelnden Gebäudetypologie begleitet wird: Zunächst gab es Solarhäuser, später Niedrigenergiehäuser, Passiv-/3-Liter-Haus, Nullheizungsenergiehäuser bis zu Plusenergiehäusern. In diesen Gebäuden wurden bislang dünnschichtige Fußbodensysteme favorisiert. Mittlerweile gibt es einen neuen Trend hin zu tragenden Heizwänden aus Betonfertigteilen, weil sie eine relativ geringe Heizleistung benötigen. Die Prognose von Prof. Dr. Michael Günther lautet: "Die thermische Belastung der Bauteile wird bedingt durch Energieeinsparverordnung und Wärmeschutz immer niedriger werden."

Am Beispiel Parkett machte Prof. Dr. Günther deutlich, dass man sich beim Vorliegen einer Fußbodenheizung mit Oberflächentemperaturen beschäftigen muss. Bei einem Heizungsrohrabstand von 5 cm mit 55 °C Vorlauftemperatur erreicht man Temperaturspitzen von 31 °C, die bedenklich sind, wenn die Rohrleitung nicht gedämmt wird. Wird sie gedämmt, beträgt die maximale Temperatur 25 °C. Wenn man die Anbinderohrleitung in der Dämmebene verlegt, kann man die Temperatur sogar auf 24 °C reduzieren. Genauso kritisch wie hohe Oberflächentemperaturen, die immer eine niedrige Luftfeuchte bedingen, ist der bodennahe Anstieg der Luftfeuchte zu sehen, wenn die Fußbodenheizung gleichzeitig zur Kühlung genutzt wird.

Das prominenteste Plusenergiehaus steht derzeit wohl in Berlin: Das Bundesministerium für Verkehr Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) hat im Rahmen der Bau- und Elektromobilitätsforschung ein Einfamilienhaus errichten lassen, das mehr Energie produziert als es verbraucht. Dieser Strom speist direkt vor Ort Elektrofahrzeuge. Am 4. März 2012 ist dort eine vierköpfige Familie eingezogen, um das Haus für 15 Monate einem Alltagstest zu unterziehen. Mittlerweile wohnt dort bereits die zweite Familie.


Prof. Dr. Andreas Rapp

Auswirkungen von sehr niedriger Raumluftfeuchte auf das Verhalten von Holzbelägen


These: "Man muss beim Bauherrn und Planer ein Bewusstsein für die Problematik mit extrem trockenen Luftfeuchtigkeiten schaffen."

Inhalt: Wenn die relative Luftfeuchte in einem Raum sinkt, sinkt auch die Materialfeuchte. Wenn die Materialfeuchte sinkt, schwindet das Material - je nachdem, ob Parkett dabei in der Bewegung behindert wird oder nicht, entstehen verschiedene Verformungen oder gar Brüche. Wenn die Luftfeuchte extrem abgesenkt wird, vermehren sich die Spannungen stark. Kommt noch eine Schwäche im Material hinzu, führt dies zu vermehrten Fugen, Schüsselungen, horizontalen Brüchen und vertikalen Rissen.

Der Referent ist davon überzeugt: "Es gibt kein Allheilmittel, das als Gegenmaßnahme gegen eine extrem zu niedrige relative Luftfeuchte geeignet wäre." Es bleibe nur die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass die Luftfeuchte nicht extrem zu niedrig werde. Prof. Dr. Rapp warb dafür, Maßnahmen zu treffen, um die Lebensqualität in diesen Räumen zu verbessern: "Man muss beim Bauherrn und Planer ein Bewusstsein für die Problematik mit extrem trockenen Luftfeuchtigkeiten schaffen." Mit Hilfe einer vom Referenten entwickelten App (www.faktum.eu) kann man überprüfen, welche Holzfeuchte sich am Fußboden bei einer bestimmten Temperatur einstellt.


Dipl.-Chem. Ulrike Bittorf

Das Verhalten von textilen und elastischen Bodenbelägen bei klimatischen Veränderungen


These: Der Bodenleger sollte Temperatur- und Feuchtigkeitsmessungen zu seiner eigenen Sicherheit dokumentieren, um hierzu im Schadensfall Aussagen machen zu können.

Inhalt: Ulrike Bittorf stellte zunächst fest, dass es leider kein genormtes Raumklima gebe. Anhaltspunkte bieten aber Regelungen der Berufsgenossenschaften für Bildschirm- und Büroarbeitsplätze im gewerblichen Bereich. Darin heißt es: Die Lufttemperatur soll zwischen 20 und 22 °C liegen, 26 °C sollen nicht überschritten werden. Die relative Luftfeuchte soll kleiner 50 % sein. "Diese Werte können bei der Beurteilung von Flächen in Bürogebäuden durchaus Anwendung finden", ist Bittorf überzeugt.

Temperatur und Feuchtigkeit können Bodenbeläge hinsichtlich vieler materialspezifischer Eigenschaften beeinflussen. Bei der Beurteilung von Schadensfällen sind diese Faktoren zu berücksichtigen. Angaben zu Dimensionsänderungen lassen keine Rückschlüsse auf zulässige Fugenbildungen zu. Die dadurch relevanten Prüfungen sind durch den Bodenleger zu dokumentieren.

Die Auswirkung auf klimatische Veränderungen ist abhängig von der Art des Bodenbelages. Bei elastischen und textilen Bodenbelägen werden unterschiedlichste Materialien miteinander kombiniert, sodass keine allgemeingültigen Aussagen zum Verhalten bei Klimaänderungen möglich sind. Bittorf nannte einige Beispiele: Thermoplastische Bodenbeläge reagieren auf Wärme, Bodenbeläge, in denen Holzwerkstoffe enthalten sind, sind hygroskopisch und reagieren auf Feuchtigkeit. "Wenn man mehrschichtige Systeme mit unterschiedlichen Zusammensetzungen der Schichten hat, können durchaus Schüsselungen auftreten - das sei eine warentypische Eigenschaft.

Bei textilen Belägen kommen Polyamidfasern zum Einsatz, die bei 23 °C und 50 % relative Luftfeuchte eine Feuchtigkeitsaufnahme von 2,5 bis 3,5 % erreichen. Die Sättigung einer Wasseraufnahme liegt bei ungefähr 9 %. Die Folge ist, dass der Belag wächst. Wenn der Belag austrocknet, schrumpft er wieder.


Dipl.-Chem. Ingo Niedner

Vorstellung des BEB-Arbeitsblattes KH-6


These: Bei nassbelasteten Kunstharzbodenbelägen ist die Abdichtungsschicht Bestandteil der Fußbodenkonstruktion.

Inhalt: Der Sachverständige Ingo Niedner stellte das in der Abstimmung befindliche BEB-Arbeitsblatt KH-6 vor, das die Ausführung von nassbelasteten Belägen in Lebensmittelbereichen beschreibt.

Nassbelastete Kunstharzbodenbeläge, die vorzugsweise in Lebensmittelbereichen (gewerbliche Küchen, Herstellung von Lebensmitteln, Getränken, Milchprodukten, Metzgereien usw.) eingesetzt werden, bestehen in der Regel aus mehreren fugenlos verlegten Reaktionsharzschichten.

Neben der Funktion als Bodenbelag mit einer guten mechanischen, chemischen und thermischen Belastbarkeit, der Funktion ausreichender Ebenflächigkeit, Trittsicherheit und Rutschhemmung, einer gut zu reinigenden hygienischen Oberfläche sowie auch einer angemessenen Haltbarkeit muss ein nassbelasteter Bodenbelag durch mindestens eine Abdichtungsschicht dauerhaft vor eindringender Feuchte und Chemikalien schützen. Die Abdichtungsschicht ist somit Bestandteil der Fußbodenkonstruktion.

Die Landesbauordnungen fordern die Abdichtung von Bauwerken und Bauteilen, damit sie durch Wasser, Feuchtigkeit und andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse nicht geschädigt werden. Darüber hinaus pocht die Europäische Bauprodukten-Richtlinie im Anhang I, 3. (Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz) darauf, dass Gefährdungen durch Feuchtigkeitsansammlung in Bauteilen und auf Oberflächen von Bauteilen in Innenräumen ausgeschlossen werden.

In nassbelasteten Bereichen mit hoher mechanischer Beanspruchung ist es sinnvoll, Verbundkonstruktionen zu planen, bei denen die gesamte Feuchte über die Oberfläche abgeführt wird.
aus FussbodenTechnik 01/15 (Wirtschaft)